Vor Beginn der Schulausschusssitzung diskutierten Mitglieder der SPD-Fraktion vor dem Rathaus mit Lehrern der Gesamtschule. © Reinhard Schmitz

Theodor-Fleitmann-Gesamtschule

Enkel der Schüler müssten noch für Schulden zahlen: Schulneubau gestoppt

Mit Mehrheit beschloss der Schulausschuss am Mittwoch, die teuren Neubaupläne für die Theodor-Fleitmann-Gesamtschule zu stoppen. Die Diskussion im Ratssaal war teilweise hitzig wie selten.

Schwerte

, 11.11.2021 / Lesedauer: 4 min

Schlaflose Nächte hat so mancher Häuslebauer, wenn er daran denkt, wie er seinen Kredit über 25 Jahre tilgen soll. Mindestens doppelt so lange würden die Abschreibungen für einen Neubau der Theodor-Fleitmann-Gesamtschule (TFG) in Wandhofen den Haushalt der Stadt Schwerte belasten.

„Zwei Generationen lang“, so verdeutlichte es Grünen-Fraktionschef Bruno Heinz-Fischer dem Schulausschuss, als er den Antrag begründete, die Planungen für „die größte Baumaßnahme ever“ zu stoppen. Einschließlich eines Anbaus für einen fünften Klassenzug an der Gesamtschule Gänsewinkel würden die Vorhaben 95 Millionen Euro verschlingen – die steigenden Betriebskosten nicht einmal mitgerechnet.

CDU befürchtet Fünf-Millionen-Loch im städtischen Haushalt

„Wir haben eine Gesamtverpflichtung für die Stadt“, ergänzte der CDU-Fraktionsvorsitzende Marco Kordt: „Die Schüler zahlen den Bau noch ab, wenn sie in Rente gehen.“ Insgesamt habe die Stadt Investitionsmaßnahmen in Höhe von 170 Millionen Euro auf ihrer Agenda.

Ab dem Haushalt 2025/26 befürchtete er deshalb ein „Loch von vier bis fünf Millionen Euro“ pro Jahr: „Das hat uns als CDU zu dem Prüfauftrag bewogen.“ Die finanzielle Situation der Stadt laufe aus dem Ruder und lasse nachfolgenden Generationen keine gestalterischen Möglichkeiten mehr.

Mit Mehrheit beschloss der Schulausschuss im großen Sitzungssaal des Rathauses, die Neubaupläne für die Theodor-Fleitmann-Gesamtschule in Wandhofen zu stoppen. © Reinhard Schmitz

„Man muss auch an andere Schulen denken, die auch ein Recht auf Investitionen haben“, betonte Renate Goeke, Fraktionsvorsitzende der FDP, die gemeinsam mit CDU und Grünen den Beschlussantrag gestellt hatte. Das beschneide man durch eine Konzentration auf nur eine Schule. Man müsse allen Schulen eine vernünftige Bildung ermöglichen.

Verwaltung soll ein ergänzendes Gutachten anfordern

Das „Innehalten“, zu dem Renate Goeke aufrief, kann jetzt dazu genutzt werden, den Neubau der TFG an ihrem jetzigen Standort am Holzener Weg mit Blick auf Baukosten und Bauzeit zu prüfen.

Außerdem soll die Möglichkeit untersucht werden, die TFG dort nur vierzügig, dafür aber die Gesamtschule am Gänsewinkel mit ihrer größeren Grundstücksreserve sechszügig auszubauen. Bisher sollten beide Schulen für jeweils fünf Parallelklassen pro Jahrgang ausgelegt werden. Für diese Prüfungen soll – so wurde mit beschlossen – die Verwaltung ein ergänzendes Gutachten des Planungsbüros KVL anfordern.

Die Neubaupläne für die Theodor-Fleitmann-Gesamtschule auf einem Feld in Wandhofen sind gestoppt. © Bernd Paulitschke (A)

Die Änderung der Zügigkeit stießen bei der SPD-Fraktionsvorsitzenden Angelika Schröder genauso wie alle anderen Punkte des Beschlussantrags auf totale Ablehnung. „Die Fünfzügigkeit beider Schulen ist beschlossen, um sie gleichwertig darzustellen“, erklärte sie.

Ihr Parteigenosse Hans Haberschuss warnte – mit Blick auf seine 53-jährige Erfahrung im Baugeschäft – vor einem sechszügigen Ausbau am Gänsewinkel, der wegen der dortigen Bodenbeschaffenheit „viele Millionen kosten“ werde. Auch ein Umbau im Bestand am jetzigen Standort der TFG sei „schier unmöglich“ und dauere drei bis vier Jahre: Wo solle man die Schüler hinbringen und wo die Container für den Unterricht aufstellen?

SPD hält Neubau für besser kalkulierbar als einen Umbau

Außerdem wurde vonseiten der SPD immer wieder ins Felde geführt, dass ein Neubau finanziell kalkulierbarer sei als ein Umbau. Das warf auch die Ausschuss-Vorsitzende Claudia Belemann-Hülsmeyer, die sich vom Podium aus immer wieder mit Wortbeiträgen an der Diskussion beteiligte, mit Beispielen ein.

Grünen-Ratsherr Michael Rotthowe konnte dem aber Gegenbeispiele wie die Elbphilharmonie in Hamburg oder den „running gag“ Berliner Hauptstadtflughafen entgegenhalten. Das KVL-Gutachten für die TFG habe ausgesagt, dass ein Neubau teurer sei als eine Sanierung.

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Außerdem hob Rotthowe die Vorteile des Standorts am Holzener Weg hervor, der integriert in die Nachbarschaft sei und fußläufig nur vier Minuten vom Bahnhof entfernt: „Einen besseren Standort für eine Schule finden wir nicht.“

Über den Bauplatz verläuft eine Ferngasleitung

Für den von der Stadt favorisierten Bauplatz an der Hagener Straße in Wandhofen sah CDU-Ratsherr Stefan Simon auch weitere Unwägbarkeiten. Man wisse nicht, wie sich der Landesbetrieb Straßen NRW zu der Anbindung des Schulneubaus äußern werde.

Außerdem verlaufe quer über das Feld eine Ferngasleitung von Open Grid Europe. Wenn man trotz laufender Klagen baue, könne schnell eine Bauruine entstehen, befürchtete der Politiker – und verwies auf das leidvolle Beispiel vom Ausbau des Bungalows der Familie Ahlers an der Meischede. „Das Risiko, Baurecht zu bekommen, haben wir nicht alleine in der Hand“, mahnte auch Bruno Heinz-Fischer.

Die Schulleitungen beider Gesamtschulen warben eindringlich dafür, die bisherigen Pläne beizubehalten. „Mit dem Antrag wurde eine rote Linie überschritten“, sagte TFG-Chefin Eva Brinkhoff. Kurz vor vor Beginn der Schulanmeldungen sei dieser zur Unzeit präsentiert worden, fuhr sie fort und warf öffentlich die Frage auf, ob dahinter eine Strategie oder eine Unkenntnis schulischer Abläufe stehe.

Er müsse sich „ganz stark verwehren, dass wir als Totengräber der TFG hingestellt werden“, hatte Stefan Simon schon vorherige Angriffe auf die antragstellenden Fraktionen zurückgewiesen, die teilweise schon persönlichen Charakter trugen.

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Vergeblich warnte SPD-Fraktionschefin Angelika Schröder mehrfach vor einem Zeit- und Geldverlust, wenn man die Planungen für die neue Gesamtschule, „mit der wir uns sehr repräsentativ darstellen können“, jetzt verzögere.

Mit einer Mehrheit von elf Ja-Stimmen wurde der Antrag von CDU, Grünen und FDP nach gut anderthalbstündiger Debatte angenommen. Sie sitze nicht im Rat, „um repräsentative Projekte, die eine Verwaltung aufs Tableau hebt, zu unterstützen“, hatte Renate Goeke in der Aussprache noch einmal betont.

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