
© Martin Schreckenschläger
Junge Litauerin (26) überzeugt in der Rohrmeisterei mit herausragendem Klavierspiel
Konzerte
Wegen Corona musste das Konzert mehrfach verschoben werden: Nun konnte die Pianistin Onute Grazinyte endlich ihre Fähigkeiten am Bösendorfer präsentieren – eine konzertante Offenbarung.
Nach Abschluss ihres Studiums bereiste die Pianistin Onute Grazinyte (26) als Solistin und Kammermusikerin inzwischen schon viele Länder Europas. Sie tat sich schon während ihrer Zeit an einer Spezialschule für musikalische Talente als Komponistin und Opernregisseurin hervor.
Als musikalisch herausragend darf man ihr Klavierspiel bezeichnen. Dazu moderierte sie bei ihrem Konzert in der Rohrmeisterei selbst, gab manch interessante Hinweise auf Zusammenhänge der Entstehung einiger Werke.
Musikalisch herausragendes Klavierspiel
Schon mit den ersten Tönen der Sonate As-Dur von Joseph Haydn wurde erkennbar, wie intensiv die junge Künstlerin die Musik lebt: Ganz darin aufgehoben, blieb sie stets der Welt entrückt auf inneres Erleben fokussiert.
Die Augen geschlossen oder mit in die Ferne schweifendem, verklärtem Blick, gelang ihr eine grandiose Darbietung dieses Werkes, aus einem nahezu kindlichen Spieltrieb entspringend.
Langsam schwebend, jeden Ton auskostend, gestaltete sie das Adagio, doch sobald sie zu neuen Themen einsetzte, sprach Energie und Willensstärke aus ihrer Gestik, ihren Zügen. In quirligem Presto endete das Werk.
Aufgrund ihrer musikwissenschaftlichen Erkenntnisse führte sie eine Reihe kurzer Präludien von drei Komponisten in einem Zyklus zusammen. Es waren der Russe Alexander Skrjabin, dessen Zeitgenosse, der Litauer Mikalojus Čiurlionis, und schließlich der Franzose Olivier Messiaen, der von seinen Kollegen erst nach dem Tod Kenntnis erlangte.
Allen gemeinsam war die Synästhesie, die Verknüpfung von Farben und Klängen. Eine Fülle von Stimmungen stellte die Litauerin mit diesen Miniaturen zusammen. Versonnen, geheimnisumwoben, gravitätisch, bald Klanggebirge auftürmend, dann wieder rund und weich, verträumt schließlich.
Eine wahre Rarität
Den zweiten Teil des Konzerts widmete sie Modest Mussorgsky, dessen Zyklus „Bilder einer Ausstellung“. Auch er hatte sich von der Malerei eines Freundes inspirieren lassen. Die Zuhörer durften sich glücklich schätzen, denn eine Interpretation des Werkes mit derartigem Ausdruck und derartiger Finesse ist eine wahre Rarität.

Auch gesanglich überzeugte die litauische Pianistin Onute Grazinyte. © Martin Schreckenschläger
Die Frau besitzt eine unglaubliche Musikalität, die jeder Bildbeschreibung, ja: jeder der Promenaden einen individuellen Stempel aufzuprägen verstand, jedem Element eine weit über den Notentext hinausreichende Farbigkeit, Dramaturgie und Dynamik verlieh.
Vor ihrer Zugabe warnte sie: „Die Akustik dieses Saales ist nicht perfekt für das hier.“ Gemeint war das „Vater unser“ von Arvo Pärt. Und neben dem Tastenspiel sang sie auch noch den Text mit glockenhellem Sopran, innig, bisweilen gehaucht. Insgesamt eine konzertante Offenbarung!
Die Sternstunden am Bösendorfer
- Die Sternstunden am Bösendorfer werden veranstaltet von der Konzertgesellschaft Schwerte in Zusammenarbeit mit der Bürgerstiftung Rohrmeisterei.
- Damit diese Reihe auch in Zukunft gesichert bleibt, bittet Elvira Stirnberg-Graumann für die Stiftung um weitere Unterstützung durch Mitarbeit, Beiträge und Zustiftungen. Mehr Infos online unter rohrmeisterei-schwerte.de
- Die „Highlights der Proms“ in der Rohrmeisterei mit Chor der KGS, der Neuen Philharmonie Westfalen und Solisten entführen wieder in die Welt von Oper, Musical und Filmmusik.
- Termin: Sonntag, 22. Mai, Beginn 18 Uhr. Weitere Informationen und Karten zu 20 Euro, im VVK ermäßigt, unter kgs-schwerte.de
Hat seinen Schwerpunkt auf klassischer Musik, ist aber auch Konzerten anderer musikalischer Genres nicht abgeneigt und bringt den Lesern ebenso gerne Musik- und Tanztheater, Lesungen, Dramen oder Komödien näher. Berichtet über kulturelle Ereignisse und Ausstellungen.
