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Nur das City-Centrum blieb von Schwertes Zukunftsfantasie in Beton übrig
Altstadtsanierung
Am Mittwoch ist ein Bebauungsplan Geschichte, der nur in kleinen Teilen umgesetzt wurde. Hätte man sich an ihn gehalten, wäre Schwerte heute eine Hochhaussiedlung wie Hannibal in Dortmund.
Aus heutiger Sicht klingt manches skurril. Doch die 70er-Jahre waren anders: Hochhäuser mit Betonfassaden, große Straßen, auf denen das Auto absoluten Vorrang hat, waren auch in Innenstädten gern gesehen. Die Fußgänger sollten sich auf die für sie extra geschaffene Fußgängerzone beschränken.
Solche Pläne gab es auch für Schwerte. Die Lösung für die Verkehrsproblematik in der Innenstadt war die „Geradeausstraße“. Die sollte laut Bebauungsplan „Schwerte Marktplatz“, quer durch die Innenstadt führen. Südlich von Westenstraße und Kötterbach hätte die Stadtautobahn den kompletten Umgehungsverkehr durch die Stadt geleitet. Fast zeitgleich begann man mit der „Sanierung der Altstadt“. Doch was man 1974 unter einer Sanierung des historischen Ortskerns verstand, unterschied sich deutlich von unserem heutigen Verständnis.
Saniert werden sollte mit dem Abrissbagger. Die alten Häuser sollten neuen bis zu achtgeschossigen Häusern weichen, alles groß hoch und im Stil der Zeit. „Schwerte hätte ausgesehen, wie der Hannibal in Dortmund“, erläutert Daniel Menges von der Stadtplanung. Zum Glück habe man die Pläne nicht komplett verwirklicht.
Land bewilligte 10 Millionen Mark für Altstadt-Abriss
Doch zumindest im Bereich des City-Centers wurden die Sanierungspläne umgesetzt. Man planierte das alte Viertel am Markt und ließ dort ein Einkaufszentrum entstehen, dass nach damaligen Maßstäben modern wirkte. Mit einem Supermarkt im Untergeschoss und kleinen Geschäften im oberen Bereich.

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Fördermittel dafür gab es vom Land, das damals ähnliche Vorstellungen von Stadtplanung hatte. 10 Millionen Mark bewilligte die Bezirksregierung in Arnsberg hauptsächlich für den Bau der Tiefgarage und den Abriss der bestehenden Gebäude.
In der Aufbruchstimmung der 70er-Jahre ging man mit dem Geld eher sorglos um. So wurde das Buffet bei der Eröffnung des City-Centrums im Jahr 1981 aus den Fördermitteln bezahlt. Und auch die Treppe am Wuckenhof finanzierte das Land. Die Quittung dafür kam allerdings erst 36 Jahre später. Denn da forderte die Bezirksregierung Arnsberg von der Stadt Schwerte eine Schlussrechnung für die „Altstadt-Sanierung“.
Die Verwaltung durchstöberte die Archive und konnte am Ende mit viel Mühe eine ganze Reihe von Belegen vorlegen. Auf 580.000 Euro blieb man dennoch sitzen. Ein großer Teil davon waren die Einnahmen für die Ablösung von Parkplätzen. Die Stadt hatte nämlich von den Anwohnern, die keine Parkplätze nachweisen konnten, damals Geld kassiert. Diese Beträge aber nicht als Einnahme aus der Sanierung verbucht.
Atombunker in Tiefgarage ist immer noch aktuell
Am Ende hatte der Ärger um das Geld doch auch sein Gutes: Denn der immer noch gültige Bebauungsplan für den Markt konnte jetzt aufgehoben werden. Das bedeutet nicht, dass man zum Beispiel die seltsame Beton-Pergola auf dem kleinen Markt abreißen und das gesamte Areal dort nutzen kann.
Denn dieses Betonbauwerk war einst als Trümmerschutz für den Atombunker in der Tiefgarage gedacht. Der Bunker ist zwar schwer eingerostet, formell aber immer noch eine Einrichtung des Zivilschutzes. Den müsste das Bundesamt für Zivilschutz erst entwidmen, erklärt Stadtsprecher Ingo Rous.
Schlussstrich unter das Kapitel
Der Rat wird am Mittwoch wohl einen Schlussstrich unter dieses Kapitel der Stadtgeschichte ziehen. Das Problem City-Centrum wird die Stadt aber wohl weiter verfolgen. Seit 1998 Coop als Ankermieter auszog, hat man Schwierigkeiten, attraktive neue Mieter für die großen Flächen zu finden.
Der Großteil des Gebäudes gehört seit Oktober 2016 einer Immobilienfirma aus Düsseldorf. Ein anderer großer Anteil gehört zwar dem städtischen Kultur- und Weiterbildungsbetrieb, der aber - wie die Privat-Eigentümer von Wohnungen und kleineren Ladenlokalen, die auch noch mit im Boot sind - kaum Einfluss auf die Eigentümerversammlung hat.
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
