
© Heiko Mühlbauer
Neu im Rathaus: Kann ein Jurist Schule und Kultur, Herr Frommeyer?
Interview
Er ist 39 Jahre alt, aus Dortmund und ab Herbst für Schule und Kultur in Schwerte zuständig. Im Interview erzählt Tim Frommeyer, wer er ist, und wie er die Kultur in Schwerte erhalten will.
Tim Frommeyer ist ab September der neue Erste Beigeordnete der Stadt Schwerte. Das ist der zweite Mann im Rathaus und Stellvertreter des Bürgermeisters. Am Mittwoch wurde er einstimmig vom Rat gewählt. Am Donnerstag kam er zu den Ruhr Nachrichten zum Gespräch.
Herr Frommeyer, stellen sie sich selbst einmal selbst vor.
Guten Tag, vielen Dank, dass ich heute bei Ihnen sein darf. Ich fliege noch ein bisschen nach der gestrigen Sitzung, das war aufregend, spannend und freudig zugleich. Ich bin 39 Jahre alt, verheiratet, Vater zweier Kinder, von Beruf bin ich Volljurist. Das hat mich durch einige berufliche Stationen geführt und jetzt hier nach Schwerte.
Sie kommen aus Dortmund-Eving, das ist ja strukturell eher das Gegenteil von Schwerte?
Nein, ich komme aus Brechten. Das ist mehr ein Bauerndörfchen am nördlichen Rand von Dortmund, gehört aber zum Stadtbezirk Eving. Der passt mit seiner Bergbauvergangenheit nicht so sehr zu Schwerte, Brechten dann aber schon. Das ist politisch mein Zuhause. Und ich würde das in vielen Themenfeldern vergleichbar sehen.
Sie übernehmen in Schwerte die Bereiche Soziales, Schule, Jugend und Kultur. In Dortmund waren sie für Recht, Ordnung und Feuerwehr zuständig, wie passt das zusammen?
Das wird häufig gegenübergestellt, die Law-and-Order-Seite und die Hilfe-Seite, das ist aber nicht so. In den vergangenen Jahren habe ich in Dortmund hauptsächlich den Masterplan Kommunale Sicherheit für Dortmund mitentwickelt. Das ist ein Projekt, bei dem man ganzheitliche Ansätze sucht. Man konzentriert sich nicht nur auf einzelne Fachbereiche, sondern man packt Probleme, die in der Stadt herrschen, ganzheitlich an.
Wir haben uns zwar auf das Thema Sicherheit in Dortmund konzentriert, das Thema dann aber aus den verschiedensten Blickwinkeln betrachtet. Da waren neben dem Bereich Ordnungsrecht auch der soziale Bereich, der Bereich Schule, die Stadtplanung, die städtischen Tochtergesellschaften und die Bürgerinnen und Bürger mit eingebunden, um aus all diesen Blickwinkeln dem Gefühl „Dortmund ist unsicherer geworden“, das im übrigen objektiv nicht so ist, zu nähern. Das ist ein Ansatz, den ich auch weiterfahren möchte. Natürlich schaue ich jetzt primär durch die soziale Brille oder betrachte es vom Thema Schule oder KuWeBe aus, aber immer ganzheitlich.

Tim Frommeyer, neuer Erster Beigeordneter der Stadt Schwerte. © Heiko Mühlbauer
Zwei Felder in ihrem neuen Bereich bringen gleich eine ganze Reihe von Problemen mit: Der überschuldete Kultur- und Weiterbildungsbetrieb der Stadt und der Aufbau der neuen Gesamtschule. Wie passen ein Jurist und diese beiden Themenfelder zusammen?
Kann ein Jurist Kultur? (lacht) Ja, das kann er. Da habe ich auch Lust drauf. Jetzt haben wir bei dem KuWeBe auch noch die Besonderheit, dass es sich um eine Anstalt öffentlichen Rechts handelt. Das birgt Herausforderungen. Ich kenne die Diskussionen und die Probleme, die ja finanzieller Natur sind, das werde ich mir ganz in Ruhe anschauen müssen. Ich werde mit Herrn Hein zeitnah ein Gespräch suchen. Also man muss ganz klar sagen: Man redet immer über Standortfaktoren. Schule und Kultur sind zwei wichtige Standortfaktoren für Schwerte. Da bin ich auch sehr wenig gewillt, zwischen freiwilligen und pflichtigen Aufgaben zu unterscheiden. Kultur hat in Schwerte einen überragenden Stellenwert, über die Region hinaus. Im Urlaub an der Nordsee wurde ich schon auf das Welttheater angesprochen. Das sind Punkte, die darf man nicht kleinreden. Da müssen wir sehen, wie wir das zukunftsträchtig gestalten. Nicht zuletzt jetzt vor dem Hintergrund der Coronakrise. Und auch im Bereich Schule glaube ich, dass ich mit meiner Denkweise da gut vorankommen werden.
Was macht eigentlich ein Erster Beigeordneter?
Es gibt eine Ausschreibung, die fand ich sehr spannend. Auch mit der Aufbruchstimmung, die in den vergangenen Jahren hier wahr genommen habe. Es ist ein sehr politisches Amt. Ich habe das auch festgestellt nach gestern. Da sind viele Nachrichten bei mir eingegangen, auch die Frage, was ein Beigeordneter überhaupt mache? Für mich ist es die Führungskraft von Führungskräften in einer Stadtverwaltung. Ich bin den Amtsleitern vorgeschaltet. Das ist in einer größeren Kommune noch mal was anderes, aber hier in Schwerte ist man da immer noch nah an der Sachbearbeitung.

Tim Frommeyer, Erster Beigeordnerer der Stadt Schwerte. © Heiko Mühlbauer
Nun kommt da aber auch eine politische Komponente hinzu. Wahlbeamte werden meist nach dem politischen Proporz ausgesucht.
Das stimmt. Ich wurde durch die CDU vorgeschlagen, was nicht überraschend ist. Ich bin seit 1999 in der CDU aktiv und war auch im Kreisverband ziemlich aktiv. Ich war auch Ratsmitglied. Ich bin vom Herzen her auch weiterhin Politiker, aber beruflich bin ich Verwaltungsmann. Das kommt mir auch zugute. Ich kenne die Mentalität der Politiker.
Haben Sie noch ein politisches Mandat?
Das, was ich noch mache, sind alles Ehrenämter. Ich habe kein Mandat in der Bezirksvertretung oder im Rat in Dortmund. Das hätte sich ja auch mit meiner Tätigkeit für die Stadtverwaltung nicht vertragen. Aber ich bin aktuell noch im Vorstand der CDU Dortmund ehrenamtlich engagiert. Da muss ich aber sehen, wie sich das zeitlich verträgt. Mein Schwerpunkt liegt jetzt in Schwerte. Und alles, was ich in Dortmund gemacht habe, ist Hobby.

Tim Frommeyer ist 39 Jahre alt, verheiratet, Vater zweier Kinder und Volljurist. © Heiko Mühlbauer
Wie werden Sie ihren Job beginnen?
Mir haben sehr viele Leute angeboten, schon vor dem 1. September einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Das habe ich dankend angenommen. So weit es zeitlich möglich ist. Ich bin in Dortmund ja nicht ab sofort freigestellt.
Ihre politischen Ambitionen würden Sie nicht auf Schwerte ausdehnen?
Das ist so ein Punkt, zu dem ich mir bislang gar keine Gedanken gemacht habe. Der Herr Sierau, der Oberbürgermeister von Dortmund und damit aktuell mein oberster Chef, hat in Bezug auf seine Führungskräfte, vor allem die Dezernenten, immer die drei großen D zitiert. Das sind: Disziplin, Durchblick und Demut. Und ich gehe auch sehr demütig, nicht unterwürfig, in dieses Amt. Ich habe Respekt vor diesem Amt. Mein Ziel ist es, acht Jahre hier gute Arbeit zu machen und nach acht Jahren dann wieder gewählt zu werden. Alles andere ist für mich kein Thema.
Ist mit Überzeugung Lokaljournalist. Denn wirklich wichtige Geschichten beginnen mit den Menschen vor Ort und enden auch dort. Seit 2007 leitet er die Redaktion in Schwerte.
