Mit der rechten Hand packt er den unscheinbaren Griff, der aus der hellen Holztür neben dem Aktenregal herausragt. Statt wie erwartet zur Seite, klappt sie nach unten heraus, um sich in ein Schrankbett zu verwandeln. 14 Nächte in diesem Jahr wird Hamsa Jaalouk in diesem Jahr auf diesem Lager in seinem Büro verbringen, wenn er von der Apothekerkammer zum 24-stündigen Notdienst eingeteilt ist. Viel Schlaf wird er in diesen Nächten nicht bekommen. Aber der neue Inhaber der Mühlen Apotheke in Schwerte-Ergste nimmt die Aufgabe bereitwillig auf sich. „Wir helfen gerne den Leuten“, betont er.

Steuerberater gab den Tipp
Dieses Engagement für den Patienten kannten und schätzten die Ergster schon von seinem Vorgänger, dem im Sommer vergangenen Jahres völlig unerwartet gestorbenen Antonius Agethen. Glückliche Fügung wollte es, dass beide Apotheker nicht nur das gleiche Berufsethos einte, sondern sie auch demselben Steuerberater vertrauten. Und der meldete sich im August plötzlich mit einem Tipp bei Hamsa Jaalouk: „Ich habe eine Apotheke gefunden.“ Gemeint war natürlich die gerade besitzerlose Mühlen Apotheke. Gemeinsam fuhr man mehrmals nach Ergste, um alle Geschäftsbücher zu prüfen. Die Entscheidung war gefallen: „Dann habe ich mich mit dem Erben von Herrn Agethen getroffen, um alles zu erledigen.“
Seit 1. Januar ist Hamsa Jaalouk nun mit der Mühlen Apotheke wieder Besitzer einer eigenen Apotheke. Der 44-Jährige, der sein Studium einst in Damaskus absolvierte, betrieb sogar nach seiner Approbation im Jahre 2003 schon einmal zwei Apotheken - in Aleppo, die ihm der Bürgerkrieg in Syrien raubte: „Sie sind alle kaputt.“ Nach der Flucht 2014 fand er eine neue Heimat in Bochum, wo er sich sofort daran machte, die neue Sprache zu lernen. „Jetzt ist mein Deutsch besser als mein Englisch“, sagt er mit einem Lächeln. Auf den Lehrgang für gehobenes Sprachniveau (B2) folgte eine Fachsprachenprüfung für die Pharmazie.
Anerkennung in Deutschland
Das war neben der Kenntnisse-Prüfung, die 2018/19 beim Gesundheitsamt in Düsseldorf abgelegt wurde, eine weitere wichtige Voraussetzung, um schließlich eine Approbation in Deutschland zu bekommen. 2019/2020 arbeitete Hamsa Jaaoluk schon als angestellter Apotheker in der Alpha-Apotheke in der Bochumer City. Danach war er ab 2020/21 in ganz Deutschland unterwegs, um Apotheker während ihres Urlaubs oder eines anderen Ausfalls in deren Betrieb zu vertreten.

„In den letzten vier bis fünf Jahren habe ich sehr gute Erfahrungen gesammelt“, berichtet Hamsa Jaalouk. Nicht zuletzt auch in zwei Apotheken in Solingen, die er seit Jahren gemeinsam mit zwei Partnern in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) betrieben habe. Im Gegensatz zu der einstündigen Fahrt über verstopfte Autobahnen in die Klingenstadt ist die 20-minütige Fahrt nach Ergste jetzt ein Katzensprung von Bochum aus, wo der Apotheker inzwischen so verwurzelt ist, dass er vor zwei Jahren ein Haus gekauft hat. Seine drei Kinder gehen dort aufs Gymnasium und in die Grundschule. „Unser Leben ist hier“, sagt die ganze Familie.
Deutschland etwas zurückgeben
Sein Lebensschicksal ist für den 44-Jährigen noch eine zusätzliche Motivation bei seinem beruflichen Engagement . „Ich habe das Gefühl, wir müssen für dieses Land etwas geben“, erklärt er. Schon allein, weil Deutschland für ihn drei Jahre lang die Miete gezahlt habe, treibt ihn diese Verpflichtung an, sein Bestes zu geben.
Neue digitale Systeme
Die Ergster sind froh, ihre Apotheke vor Ort unter dieser Führung vor Ort zu behalten. „Wir sind immer da“, erklärt Hamsa Jaalouk. Besonders wichtig sind persönlicher Einsatz und tiefe Kenntnisse in Zeiten, in denen vielfach über Lieferengpässe geklagt wird: „Wenn jemand ein Medikament braucht, können wir eine Lösung finden.“ Die Versorgung weiter zu verbessern, helfen neue digitale Systeme. Für des E-Rezept wird so auf der Internetseite eine spezielle App eingerichtet.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien erstmals am 20. Januar 2025.