Maria Laborge (92) ist tot Sie eröffnete die erste Pommesbude der Stadt

Maria Laborge ist tot: Sie eröffnete die erste Pommesbude der Stadt
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Pommes – was sollte das denn sein? In Fett gebackene Kartoffelstäbchen waren auf deutschen Tellern noch unbekannt, als Maria Laborge Anfang der 1960er-Jahre den ersten Imbiss von Schwerte eröffnete. Im Alter von 92 Jahren ist sie am 10. November 2022 gestorben.

Start in einer Garage in Buer

Ihr innerer Wunsch, der Zeit ein Stück weit voraus zu sein, zeichnete Maria Laborge aus, die 1930 als Kind einer Bergarbeiter-Familie in Gelsenkirchen geboren worden war. Bei einem Tanzball lernte sie ihren späteren Ehemann Günter kennen, der aus ähnlichem Holz geschnitzt war. Als irgendwo der Name „Pommes Frites“ auftauchte, erkannten die Beiden sofort die Chance: Das musste ein Renner sein für die Menschen der Wirtschaftswunderjahre.

Die Damen vom Grill: Maria Laborge (vorn l.) nahm ihre Imbiss-Verkäuferinnen mit auf einen Betriebsausflug.
Die Damen vom Grill: Maria Laborge (vorne l.) nahm ihre Imbiss-Verkäuferinnen mit auf einen Betriebsausflug. © Elvira Sürig

Eine Garage in Gelsenkirchen-Buer wurde zur ersten Pommesbude umgebaut. Doch damit war der Einstieg in das völlig neue Geschäftsmodell längst noch nicht getan. Rezepte für Soßen wollten ausprobiert, Lieferanten für Gabeln und die spitzen Papiertüten gefunden werden, aus denen die Kunden anfangs ihre Fritten pickten.

Der Mut von Maria und Günter Laborge wurde belohnt. Ihr Unternehmen wuchs zu einer kleinen Kette, wie Tochter Elvira Sürig berichtet. Ein zweiter Imbiss folgte in Werne, der dritte in Schwerte und schließlich noch ein weiterer in Dortmund-Hörde: „Alle wurden gleichzeitig betrieben. Mein Vater belieferte sie mit Waren.“

Einmal Pommes für 50 Pfennig

In Schwerte wurde das kleine Ladenlokal an der Kleppingstraße, das heute ein Teil der Geschäftsfläche von Augenoptik Rienhöfer ist, im Handumdrehen zur Pilgerstätte der Pommes-Fans. Im Jahre 1963 – so erinnert sich Elvira Sürig – muss es eröffnet worden sein. Die Menschen standen Schlange für die ersten Portionen, die damals für 50 Pfennig zu haben waren.

Mayo oder Ketchup gab es für 15 Pfennig extra obendrauf. Die Soßen wurden zu Hause gekocht und in Zehn-Liter-Eimer abgefüllt. Auch die Vorbereitungen für das Schaschlik erledigte Maria Laborge in der heimischen Küche. Das Angebot komplettierten noch Brat- und Currywurst – das reichte für die Speisetafel über die Fritteuse.

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Als die Portion Pommes noch für 80 Pfennig über den Tresen ging: Maria Laborge - hier mit Ehemann Günter und Sohn Andreas - eröffnete Anfang der 1960er-Jahre den ersten Imbiss in Schwerte. © Elvira Sürig

„Immer, wenn Not am Mann war, musste ich helfen“, erzählt Elvira Sürig. „Die Teenager haben dort das erste Mal Pommes gegessen. Für mich war das nichts Neues, weil ich das schon kannte.“ Noch heute werde sie von Leuten angesprochen, die den Imbiss an der Kleppingstraße wie Kult verehrten. Als dieser Laden zu klein wurde, zog man eine Querstraße weiter in die Kampgasse – das Gebäude, zuletzt als Dönerbude genutzt, verschwand erst in den vergangenen Wochen beim großflächigen Abriss der Altbauten am Cavaplatz.

Enkel Pascal wurde Spitzenkoch

Ein oder zwei Jahre nach der Eröffnung des Grills an der Kleppingstraße zog die Familie Laborge von Herten in die Ruhrstadt. Die fleißige Arbeit brachte Wohlstand, man konnte sich Urlaube an Traumzielen gönnen. Der Erfolg rief jedoch auch die Konkurrenz auf den Plan. Weitere Imbissstuben eröffneten in der Stadt.

„Der Erste, der das nachgemacht hat, war Sauerwald“, berichtet Elvira Sürig. Es folgten Plath an der Hagener Straße, schließlich Fritten Karl am Bahnhof. Der sei der Letzte gewesen, der eröffnete. Nicht zu vergessen der Hubertusgrill an der Haselacktstraße – alles klangvolle Namen, die in der Erinnerung der Schwerter unwillkürlich Appetit auf knusprige Pommes rot-weiß aufkommen lassen.

Augenoptik Rienhöfer an der Kleppingstraße in Schwerte
Der erste Imbiss von Schwerte ist heute Teil des Ladenlokals von Augenoptik Rienhöfer an der Kleppingstraße. © Manuela Schwerte (A)

Maria Laborge schloss ihren Imbiss nach dem Tod ihres Ehemanns. Ihr Koch-Talent hatte sie aber weitergegeben. Tochter Elvira Sürig besorgte sich schon als 14-Jährige Rezepthefte aus England, um am Herd wegzukommen von der klassischen deutschen Küche.

Ihr Berufsweg führte sie in die Gastronomie, wo sie zunächst fünf Jahre lang die Gaststätte Grüntal in Schwerte-Ost betrieb, um anschließend 1993 ihr immer noch unvergessenes Esstheater an der Hörder Straße zu gründen. Und ihr Sohn Pascal – der Enkel der Pommes-Pionierin – macht in Dortmund Karriere als Spitzenkoch in der Lounge beim „Das Hoesch“.

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