„Runde um den Block“ 2023 abgesagt Jörg Rost erklärt, woran sie scheiterte

„Runde um den Block“ abgesagt: Jörg Rost erklärt, woran sie scheiterte
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Die „Runde um den Block“ musste der Schwerter Lichtkünstler Jörg Rost (60) schweren Herzens für dieses Jahr absagen. Das hat auch mit neuen Förderrichtlinien zu tun.

Es sind keine leichten Zeiten für den 60-Jährigen. Im Gespräch mit der Redaktion verrät er, was ihn antreibt, wie die Finanzierung für eine „Runde um den Block“ läuft und wie es weitergehen soll.

Die „Runde um den Block“ findet 2023 nicht statt – warum?

Die Runde war kein Auftrag, den uns wer gegeben hat. Die ist aus Spinnereien in ein Konzept übergegangen, aus einem Gefühl der Verzweiflung in der Corona-Zeit geboren. Und die kostet eben Geld, das wir immer selbst auftreiben müssen. Und zwar viel Geld, um das auch gut zu machen. Die Leute zahlen auch nicht wenig Geld dafür, deshalb muss man auch was bieten. Letztlich ist es an den Finanzen gescheitert.

Wie viel Geld braucht es für eine Runde?

Wenn die „Runde um den Block“ gut werden und ich damit auch Geld verdienen soll – ich muss ja auch davon leben – dann muss man so 100.000 bis 120.000 Euro kalkulieren.

Jörg Rost, Lichtkünstler, Interview
Jörg Rost rechnet nach: Bis zu 120.000 Euro kostet eine „Runde um den Block“. © Heiko Mühlbauer

Wie viel kommt durch die Eintrittsgelder rein?

Eine Karte kostet 30 bis 35 Euro. Wir spielen eine „Runde um den Block“ drei Tage – unser Ziel ist es, 1.500 Karten zu verkaufen. Das sind dann rund 50.000 Euro, die wir brauchen, um den Eigenanteil aufzubringen. Die Leute sind auch bereit, das Geld auszugeben, das ist unsere Erfahrung. Weil es auch um die Wertschätzung unserer Arbeit geht.

Jörg Rost, Lichtkünstler, Schwerte
Jörg Rost muss an der „Runde um den Block“ auch Geld verdienen, sonst geht das Konzept nicht auf. © Heiko Mühlbauer

Woher kommt das übrige Geld? Gibt es Sponsoren?

Ja, es gibt immer 10.000 Euro von der Stiftung Kultur der Sparkasse, die auch für mehrere Jahre mündlich zugesagt sind. Dann gibt es Sponsoren aus der Wirtschaft, die aber in den wirtschaftlich schlechten Zeiten aktuell auch nicht immer so können. Das heißt, wir sind auf Bundes- und Landesmittel angewiesen. Und da ist es gerade so, dass politische Strömungen wie Gendern, queere Themen und so die Förderrichtlinien bestimmen. Queere Themen haben wir in der ersten „Runde um den Block“ schon eingebaut. Die wollen politische Strömungen fördern, das ist aber gar nicht meine Aufgabe.

Und was ist Ihre Aufgabe?

Die Wertschätzung von Kultur zu fördern und Kulturwerte aufrechtzuerhalten. Was erleben wir hier, was passiert da neben mir? Darüber mache ich mir sehr viele Gedanken. Und das baue ich in die Runden mit ein. Ich schaue mir was an und reflektiere das.

Wer eine Förderung haben möchte, muss aber auf die genannten Themen eingehen? Etwas anderes ist nicht gefragt?

Ja. Online-Formate wurden auch gefördert. Als jemand, der 33 Jahre auf der Straße arbeitet und die Kultur zu den Menschen bringt, als jemand, der Spezialist ist, eine Straße zu bespielen, muss ich doch jetzt nicht Online-Formate einbauen, um an Geld zu kommen. Das kann doch nicht deren Ernst sein. Da muss man mal draufgucken: Was ist entstanden? Und da fördern. Das gilt auch für Projekte wie das Auto-Theater damals vom Theater am Fluss. Genauso ist die „Runde um den Block“ ja entstanden, als alle Räder stillstanden, um den Beteiligten und Zuschauern Hoffnung und Mut zu geben.

Jörg Rost, Lichtkünstler
Nicht alle Themen seien aktuell gefragt, wenn es um Förderungen auf Bundes- und Landesebene gehe. © Heiko Mühlbauer

War Corona in diesem Fall eine Chance?

Wir konnten jedenfalls endlich mal qualitativ arbeiten. In der Zeit davor hast du als Veranstaltungstechniker wegen der Masse der Veranstaltungen dein Programm oft nur abgearbeitet, bist von einer Baustelle zur nächsten gefahren. Da ist qualitativ sehr viel auf der Strecke geblieben. In dieser Zeit konnte man sich mit einem Projekt intensiv befassen.

Jetzt sind aber alle anderen Kulturschaffenden auch wieder auf den Markt gedrängt.

Genau, und viele machen so weiter, wie bisher. Das finde ich traurig, gerade Kunst und Kultur könnten viel kritischer mit den Dingen umgehen. Ein Beispiel: Ich habe 30 Jahre die Kleinkunstwochen begleitet, ich kann mir keine Schenkelklopfer in der Rohrmeisterei mehr ansehen. Das habe ich vor 30 Jahren schon gesehen, und wenn da jetzt eine Frau auf der Bühne steht und die Witze einfach umdreht, wird das nicht besser.

Was kann man da besser machen?

Es berührt die Menschen nicht mehr. Wenn ich Menschen berühre, habe ich die Möglichkeit, ein schönes Gefühl zu multiplizieren. Die Leute gehen mit einem schönen Gefühl nach Hause und multiplizieren das in ihrem Freundeskreis, in ihrem Bekanntenkreis, in der Familie. So funktioniert auch eine Stadtgesellschaft.

Sind Sie in diesem Jahr bei den Fördermitteln leer ausgegangen?

Genau, es gab einfach keine Fördermittel zu diesem Zeitpunkt, wo wir die Fördermittel hätten beantragen müssen. Jetzt gibt es ein paar Töpfe. Es fehlt mir an Personal, um das zu beantragen. Es gibt die Idee, dass wir einen Verein gründen. Mir fehlt die Kraft, das einzustielen. Ich brauche da Unterstützung.

Jörg Rost, Lichtkünstler aus Schwerte
„Ich brauche Unterstützung“, sagt Jörg Rost. © Heiko Mühlbauer

Für die geplante Runde 2023 sind durch Crowdfunding insgesamt 6.000 Euro zusammengekommen. Was passiert damit?

Da haben wir heute gerade ein Gespräch geführt mit der Plattform, die das Crowdfunding organisiert, und vereinbart, dass wir die Leute jetzt einzeln anschreiben. Wir erklären, dass wir das Geld für die nächste Runde verwenden. Es ist nicht mit dem Licht und der Veranstaltung getan. Die Bürokosten laufen weiter, die kann ich nicht nur mit meinen anderen Aktivitäten finanzieren. Ich muss auch einen Teil der Bürokosten in die „Runde um den Block“ einrechnen.

Was passiert, wenn jemand das Geld aus dem Crowdfunding wieder haben möchte?

Da zahlen wir dem einzelnen das Geld zurück. Nicht die Summe insgesamt, aber wenn einer dabei ist, der sagt, er will das Geld nicht stehen lassen, dann zahlen wir den aus.

Sie sind der festen Überzeugung, dass im nächsten Jahr die „Runde um den Block“ wieder finanziell stemmbar sein wird?

Wenn ich diesen Optimismus nicht hätte, müsste ich morgens gar nicht aufstehen. Ich mache das jetzt so lange. Es gibt jetzt ein Loch und das fühlt sich auch an, wie ein Loch. Aber ich trage jetzt keinen Pessimismus in mir und sage: Ich höre jetzt auf. Und es gibt auch ein paar Ideen und Leute, die mich unterstützen. Und ich habe da Glück, ich habe so Engel um mich rum, die mich bestärken und mir helfen.

Sie sind jetzt 60 Jahre alt. Aber an Ruhestand ist noch nicht zu denken?

Ich muss was zu tun haben, immer. Ich denke ständig darüber nach, Dinge zu gestalten. Das ist eine Berufskrankheit. Ich möchte das auch gerne. Ich glaube, dass ich ein Gestalter bin. Ich habe über die Jahre aber auch festgestellt, dass ich gerne Gartenarbeit mache, das entspannt mich. Aber einen Garten habe ich gerade nicht.

Was machen Sie jetzt als Nächstes?

Das Highlight ist das „Welttheater der Straße“ Ende August als technischer Leiter. Und davor verkaufe ich Wein auf dem Weinmarkt am Wuckenhof. Das ist ein wenig eine Verzweiflungstat, wobei ich das auch gerne mache. Ich habe ja mal Bäcker gelernt, vielleicht mache ich noch Bruschetta dazu im Pizzaofen. Ich bin auf jeden Fall mit einem Stand auf dem Weinfest dabei.

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