
© Manuela Schwerte (Archiv)
Impfpflicht für Pflegekräfte? „Das lässt jede Wertschätzung vermissen“
Coronavirus
Eine Impfpflicht für bestimmte Berufe wird hitzig diskutiert. Vor allem Pflegekräfte sind im Fokus. Die Seniorenzentren aus Schwerte haben dazu eine klare Meinung – wenn auch konträr.
Beim Corona-Gipfel am Donnnerstag (18.11.) haben Bund und Länder Beschlüsse gefasst und damit neue Regeln auf den Weg gebracht. Neben der Frage nach Lockdown, 2G-Regeln und Wiedereinführung der Homeoffice-Pflicht, ging es auch um die Impfpflicht für bestimmte Berufe: Im Fokus sind Beschäftigte in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Die Pflicht soll bei Kontakt zu vulnerablen Personen gelten, wie NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Donnerstag im Anschluss an die Beratungen von Bund und Ländern sagte.
Impfpflicht lässt Wertschätzung für die Pflege vermissen
„Eine Impfpflicht für Pflegekräfte sehen wir kritisch. Gerade die Menschen in der Pflege sind für ihren Dienst bis an ihre Grenzen und darüber hinaus gegangen. Dafür haben sie zu wenig Anerkennung bekommen und mussten immer wieder die Erfahrung machen, vergessen zu werden. Mit einer Debatte um eine Impfverpflichtung jetzt auch noch den Eindruck zu erwecken, sie müssten zum Impfen angehalten werden, schlägt in dieselbe Kerbe und lässt jede Wertschätzung für die Fachkräfte in der Pflege vermissen“, sagt Awo-Sprecherin Katrin Mormann auf Anfrage unserer Redaktion in Bezug auf das Friedrich-Krahn-Seniorenzentrum in Schwerte.
In vielen europäischen Ländern ist eine partielle Impfpflicht für Berufe mit Kontakt zu besonders gefährdeten Gruppen längst Realität. In Frankreich beispielsweise müssen Angestellte im Krankenhaus und Pflegebereich, aber auch Feuerwehrleute und Polizei eine Impfung nachweisen. Wer das nicht kann, dem droht eine Suspendierung ohne Lohnfortzahlung.
Impfpflicht würde Personalmangel zusätzlich verschärfen
Für alle 58 Seniorenzentren des Awo-Bezirksverbands Westliches Westfalen sei bereits eine hohe Impfbereitschaft zu verzeichnen, so Mormann. „Trotzdem wird es nicht möglich sein, eine hundertprozentige Impfquote zu erreichen.“ Eine Impfpflicht würde den Personalmangel in der Pflege zusätzlich verstärken, gibt Sebastian Kneip, Einrichtungsleiter im Pflegeheim Haus Schwerte, zu bedenken.
Allerdings überwiegen seiner Meinung nach die Vorteile einer Impfpflicht gegenüber den Nachteilen: „Das macht für mich persönlich Sinn. So kommen wir schneller aus allen Beschränkungen raus. Dann sind nicht nur die Bewohner geschützt, sondern alle.“
„Eine Impfpflicht für bestimmte Berufe löst das Problem nicht“
Zielführend findet Awo-Sprecherin Mormann nicht, nur die Pflege in die Pflicht zu nehmen: „Man muss den gesamten Gesundheitsbereich in den Fokus der Diskussion rücken und über eine Impfpflicht auch für weitere Berufsgruppen im Gesundheitswesen nachdenken“.
Für Sebastian Kneip reicht auch das nicht aus. In seinem Team aus etwa 80 Mitarbeitenden seien so gut wie alle geimpft, der Impfstatus eigentlich kein Thema. Dass es eine Impfpflicht nur für bestimmte Berufe oder Bereiche geben soll, sieht er aber kritisch. Er spricht sich sogar für eine generelle Impfpflicht für alle aus, ganz unabhängig vom Beruf. Denn „eine Impfpflicht für bestimmte Berufe löst das Problem nicht“.
2G und/oder Ausweitung der Testpflicht?
Sollte die Impfpflicht für alle nicht eingeführt werden, findet Kneip die Einführung der 2G-Regelung (also nur noch Zugang für Geimpfte und Genesene) durchaus sinnvoll, „damit es vorangeht“. Dass seine Bewohner dadurch weniger Besuche bekommen, glaubt der Einrichtungsleiter nicht. Ob strengere oder lockere Regeln, „die Leute haben die Besuche immer gemacht“.
Im Freizeitbereich will die NRW-Landesregierung 2G angesichts der Corona-Lage flächendeckend im gesamten Freizeitbereich einführen: in der Gastronomie, auf Weihnachtsmärkten und in Fußballstadien.
Die Awo fordere mit Blick auf die steigenden Inzidenzen eine Ausweitung der Testpflicht in Pflegeheimen, so Mormann. Nur negativ getestete Menschen, unabhängig vom Impfstatus, sollten ihre Einrichtung betreten dürfen.
„Hömma, hasse dat schon gehört?“ So (oder so ähnlich) beginnen die besten Geschichten aus dem Pott, wo ich zu Hause bin. Es gibt nichts Besseres, als diese aufzuspüren und dann in Text, Bild und Video festzuhalten.
