Hilferuf von Wirten zur Stadt: Lasst uns die Biergärten länger öffnen

© Reinhard Schmitz

Hilferuf von Wirten zur Stadt: Lasst uns die Biergärten länger öffnen

rnCoronakrise in Schwerte

Um 22 Uhr ist in den Biergärten in der Schwerter Innenstadt Schluss. Das tut vor allem nach der Corona-Schließung weh. Ein Wirt beantragt jetzt die Verlängerung der Sperrstunde.

Schwerte

, 05.06.2020, 04:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das jähe Ende kommt, wenn es gerade am Gemütlichsten ist. Man stelle sich vor: Es ist einer dieser schönen Sommertage. Am lauen Abend, wenn die große Hitze vorbei ist, will man es sich noch bei ein paar Tapas und Kaltgetränken auf dem Marktplatz gut gehen lassen. Doch schon kurz darauf, als die Uhr von St. Viktor zehnmal schlägt, muss der Kellner die Gäste vor die Wahl stellen: entweder rein in die Gaststube oder nach Hause gehen.

Ordnungsamt pochte darauf, die Schließzeit einzuhalten

„Ich soll schon um 22 Uhr in der Außengastronomie Schluss machen“, klagt Hasan Er, Inhaber des Restaurants Lo´Canta. Noch vor wenigen Tagen habe das Ordnungsamt bei einem Besuch darauf hingewiesen, dass diese zeitliche Grenze einzuhalten sei, weil es am Markt Beschwerden gebe. Das Thema Lautstärke rund um den Marktplatz ist nicht neu. Nachbarn hatten sich auch in Vor-Corona-Zeiten immer wieder über Veranstaltungen und Gäste in der Außengastronomie beschwert.

Aber gerade im Sommer sei der Biergartenbetrieb eine Möglichkeit, die massiven Umsatzeinbrüche der vergangenen Coronakrise-Monate ansatzweise aufzufangen, sagt der Gastronom. Und hat am Dienstag bei der Leiterin des Ordnungsamtes einen Antrag gestellt, die Konzession für die Außengastronomie des Lo´Canta von 22 auf 0 Uhr zu verlängern. „Viele Leute kommen erst um 21 Uhr raus - da kann man sie doch nicht schon eine Stunde später nach Hause schicken.“

Bürgermeister Dimitrios Axourgos hatte Hilfe versprochen

Seine Hoffnung setzt Hasan Er auf Bürgermeister Dimitrios Axourgos, der den Wirten mit einem Brief vom 19. Mai nicht nur die Gebühren für die Nutzung der Außenfläche erlassen, sondern auch weitere Hilfe zugesichert habe. In seinem Antrag zitiert er daraus: „Ich (...) kann Ihnen versichern, dass ich mich als Bürgermeister in der Verantwortung sehe, alles was mir möglich ist dazu beizutragen, um Schaden abzuwenden und Sie bestmöglich zu unterstützen.“ Auf dieses Versprechen Bezug nehmend, bittet Hasan Er darum, seinen Antrag „wohlwollend zu prüfen und so ein Signal der Unterstützung für alle Schwerter Gastronomiebetriebe zu setzen“.

Nicht jeden Abend ist Biergartenwetter wie am Donnerstag vor der "Waage" am Postplatz.

Nicht jeden Abend ist Biergartenwetter wie am Donnerstag vor der "Waage" am Postplatz. © Reinhard Schmitz

Tatsächlich hat die Stadt die Öffnungszeiten der Biergärten in der eigenen Hand, wie der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Westfalen, Lars Martin (Hagen), erklärt. „Grundsätzlich gilt seit der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 in NRW eine generelle Schließung um 24 Uhr für Außengastronomien“, sagt er: „Aber die Städte können im Einzelfall Veränderungen vornehmen - eine Sperrzeitenverlängerung oder -verkürzung.“ Die meisten Kommunen beließen es bei der Schließung um Mitternacht: „Auf 22 Uhr runtergesetzt ist das eher ungewöhnlich.“ In Hagen beispielsweise dürften manche Betriebe in der Innenstadt sogar bis 1 Uhr morgens ihren Außenbereich offen halten.

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„Im Moment sollte man der Gastronomie überall unter die Arme greifen, wo es geht“, sagt Lars Martin. Er weiß: „Jedes Bier zählt.“ Denn nach der zweimonatigen Schließung kämen die Gäste erst langsam zurück - vor allem scheuten sie noch die Innenräume. Deshalb bevorzugen sie die Außengastronomie, wie auch Lo´Canta-Wirt Hasan Er beobachtet hat.

Bürgersteig begrenzt Möglichkeiten des Biergartens vor der „Waage“

Im Gegensatz zu Lokalen am Markt, die sich auf dem großen freien Platz einfach ein Stückchen weiter ausbreiten können, hat Sylvia Schülke vor ihrer Gaststätte Zur Waage am Postplatz noch mit einem zusätzlichen Handicap zu kämpfen. Der Raum für ihren Biergarten ist durch Bürgersteig und Radweg so eng begrenzt, dass sie die Zahl der Tische von sechs auf vier verringern musste, um die geforderten Corona-Sicherheitsabstände einhalten zu können. Auch Sylvia Schülke hielte eine Verlängerung der Nutzungszeiten für wünschenswert: „Vielleicht bis 23 oder 24 Uhr kann man ja machen.“

Gaststätte Zum Rathaus kennt keine Probleme mit den Nachbarn

Direkt neben dem Rathaus betreibt Nikola Kovacevic seine Gaststätte Zum Rathaus mit einem schönen Biergarten. „Ich habe noch nie von den Nachbarn Ärger gekriegt“, sagt er: „Bei uns ist es ruhig.“ Und wenn sich doch mal einer gestört fühle, dann würde der in seinem Lokal anrufen und nicht bei der Polizei. Man kennt sich, man lebt miteinander. Die Nachbarn wählten Nikola Kovacevic sogar schon zum Schichtmeister ihres Viertel: „Wir haben keine Probleme.“

Lo´Canta-Wirt wünscht sich Entgegenkommen vom Rathaus

Im Lo´Canta wünscht sich Hasan Er ähnlich Positives. „Der Brief von Herrn Axourgos hatte mir Hoffnung gemacht, dass wir mit Entgegenkommen und Mitdenken rechnen können“, sagt er. Und Dehoga-Experte Lars Martin gibt zu bedenken, dass die Sperrzeitverlängerung für die Städte doch kein großes Ding sei: „Wieviele Abende im Jahr habe ich, wo man gern lange draußen sitzt?“

Stadt sichert zu: „Antrag wird ordentlich geprüft“

Aus dem Rathaus sichert Stadt-Pressesprecher Ingo Rous auf Anfrage zu: „Der Antrag wird ordentlich geprüft und ordentlich bearbeitet. Der Antragsteller erhält dann als erster eine Rückmeldung und nicht die Presse, das gehört sich so.“ Grundsätzlich freue sich die Stadtverwaltung, dass der „Schwerter Plan“ in der Coronakrise dazu führe, dass heimische Betriebe unterstützt würden. Dazu zähle, dass 2020 keine Gebühren für die Außengastronomie erhoben würden: „Bei der Ausweitung von Öffnungszeiten im Bereich der Außengastronomie sind jedoch Gesetze (Lärm etc.) zu beachten, die wir als Stadt selbstverständlich beachten müssen.“ Hasan Er ist überzeugt, dass Lautstärke vor seinem Lokal kein Problem bereite, da es von einem „eher älteren und ruhigerem Publikum“ besucht werde.

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