
Die Basecap mit der Sonnenblume ist für Hans Hierweck (Grüne) eine Art Markenzeichen mit Wiedererkennungswert. Er trug sie auch auf den Wahlplakaten. © Udo Hennes
Hans Hierweck (Grüne): Heimlicher Wahlsieger konnte kaum feiern
Landtagswahl 2022
Über 17 Prozent der Stimmen für einen Kandidaten der Grünen: Das gab es bei der Landtagswahl im Wahlkreis Unna I noch nie. Hans Hierweck (37) konnte seinen Erfolg nur leider nicht feiern.
Die letzte Wahlkampfwoche hatte sich Hans Hierweck (37) ganz anders vorgestellt. Anstatt im Endspurt des Straßenwahlkampfs noch einmal möglichst viele potenzielle Wählerinnen und Wähler anzusprechen, musste Hierweck zuhause bleiben: Am Dienstag vor einer Woche hatte er einen positiven Corona-Test.
Er musste in Quarantäne und hatte heftigen Husten – Bettruhe statt Wahlkampfstand war angesagt.
Dem guten Ergebnis tat dies freilich keinen Abbruch: 17,1 Prozent im Wahlkreis Unna I (Unna, Schwerte, Fröndenberg, Holzwickede) sind rekordverdächtig für einen Kandidaten, der weder ein SPD- noch ein CDU-Parteibuch hat. Obwohl es heißt, dass viele Menschen eher taktisch wählen und ihre Erststimme lieber einem Kandidaten mit realistischen Siegchancen geben, holte Hierweck fast genauso viele Stimmen, wie seine Partei, die Grünen, Zweitstimmen erhielt (17,9).
„So ein Ergebnis nicht in Münster oder Köln, sondern im Kreis Unna zu holen, macht sehr glücklich und sehr stolz“, sagte Hierweck am Dienstag in einem Telefonat mit unserer Redaktion. Per Video-Call meldete er sich am Wahlabend in jedem Ortsverband, war so wenigstens digital bei den Wahlpartys dabei. Er sei „aus dem Strahlen kaum herausgekommen“, gab Hierweck offen zu.
Dabei ist klar: Ein Landtagsmandat hat er trotz des hervorragenden Ergebnisses nicht errungen. Auf der Reserveliste seiner Partei stand sein Name nämlich nicht. Und an den nun anstehenden Sondierungsgesprächen zur Bildung einer neuen Landesregierung ist Hierweck auch nicht beteiligt. Ob es nun wirklich auf ein schwarz-grünes Bündnis hinausläuft? „Nur, wenn die CDU sich darauf einlässt, von ihrer Verhinderungstaktik beim Ausbau der Erneuerbaren Energien abzurücken und die Realitäten akzeptiert. Im Wahlkampf habe ich die Übereinstimmungen noch nicht so gespürt“, antwortet Hierweck.

Hans Hierweck richtete am Wahlabend per Videoschalte ein paar freudige Worte an seine Parteikollegen. Er musste coronabedingt zu Hause bleiben. © Johannes Staab
Wenn es etwa um den Bau von Windrädern und die Abstandsregeln zur Wohnbebauung geht, liegen Union und Grüne weit voneinander entfernt. Auch eine Pflicht zur Installation einer Photovoltaik-Anlage auf jedem Neubau muss es nach Hierwecks Ansicht geben. Als weitere inhaltliche Schwerpunkte nennt er die Reduzierung des Flächenverbrauchs („Straßen besser erhalten statt immer neue zu bauen“) und für den Radverkehr „endlich die Aufmerksamkeit, die er verdient“. Im Bezug auf den Kreis Unna gehört für ihn dazu zwingend die Umsetzung des Radschnellwegs (RS1) von Dortmund über Unna, Kamen und Bergkamen nach Hamm. „Das fände ich persönlich wichtig, aber ich sitze nicht mit am Verhandlungstisch“, fügt er einschränkend hinzu.
Die Bürgerinnen und Bürger haben keine „Ampel“ gewählt
Doch Hierweck geht schon davon aus, dass die Grünen nach ihrem Rekordergebnis von 18,2 Prozent auf Landesebene an der nächsten Regierung beteiligt sein werden. Mit dem Programm der SPD sehe er zwar die größten inhaltlichen Schnittmengen, „aber die SPD hat massiv verloren und die FDP hat ebenfalls massiv verloren“.
Eine „Ampel“ auch im Landtag sei daher nicht die Wunschkoalition der Bürgerinnen und Bürger, folgert Hierweck. Gleiches gelte für eine Neuauflage des schwarzgelben Bündnisses, welches freilich auch rein rechnerisch mangels Mehrheit im Parlament keine Option mehr darstellt.
Wahlkampf hat Spaß gemacht: „Ich habe ein bisschen Blut geleckt“
Für Hierweck persönlich geht es übrigens nach überstandener Corona-Infektion ganz normal in seinem Job bei der IHK NRW in Düsseldorf weiter.
Hat sich die politische Karriere für ihn dann damit erledigt? Das weiß er noch nicht. Er sei erstmal ganz froh, wieder mehr Zeit mit seiner Frau verbringen zu können. Der Wahlkampf sei schon eine Herausforderung gewesen, sagt der 37-Jährige. „Aber es hat auch sehr viel Spaß gemacht und ja, ich habe auch ein bisschen Blut geleckt“, ergänzt er.
Aber bis zur nächsten Wahl sei es ja noch ein bisschen hin – und eine Entscheidung über eine etwaige erneute Kandidatur natürlich auch Sache der Partei.