Schwerter Grundschulleiterin zum neuen Testverfahren: „So langsam reicht es“

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Schwerter Grundschulleiterin zum neuen Testverfahren: „So langsam reicht es“

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Nach einem positivem Lollitest-Ergebnis sollen Grundschüler zum Einzeltest wieder in die Klassenräume zurück. Das sorgt für Frust. Julia von Halen spricht von einer „immensen Aufgabe rund um die Uhr“.

Schwerte

, 26.01.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Schulmail, die am Dienstagabend (25.1.) die Leiterinnen und Leiter von Grundschulen in NRW erreicht hat, hat es in sich: Weil Gesundheitsämter mit ihren Testkapazitäten an ihre Grenzen kommen, sei eine „kurzfristige Anpassung“ des Lolli-Testsystems notwendig.

Die Konsequenz: Ist ein Lollitest, der ja immer einen gesamten Klassenpool widerspiegelt, positiv, werden alle Kinder dieser Klasse am Folgetag einzeln getestet. Und zwar im Klassenraum. „Die Antigenschnelltestungen nach einem positiven Pooltestergebnis werden zu Unterrichtsbeginn in der Schule durchgeführt“, heißt es aus dem Schulministerium.

Das wiederum bedeutet, dass Eltern wissentlich ihre Kinder in einen Klassenraum schicken sollen, in dem mindestens ein mit Covid-19 infiziertes Kind sitzt. Und auch Lehrerinnen und Lehrer müssen in diesem Fall von mindestens einem infizierten Kind ausgehen.

Schulleiterin: „Wir werden versuchen, es zu stemmen“

„Der Unmut ist ziemlich groß“, gibt Julia von Halen, Leiterin der Schwerter Heideschule, unumwunden zu. „Wir müssen potentiell positive Kinder im Klassenraum testen.“ Ohne jegliche Schutzausrüstung sei das „ein Unding“. Als Landesbeamte würden die Grundschulen natürlich ihrer Pflicht nachkommen, betont sie. „Wir werden versuchen, es zu stemmen. Aber so langsam reicht es!“

Julia von Halen leitet die Heideschule in Schwerte.

Julia von Halen leitet die Heideschule in Schwerte. © Heideschule

Das Schulministerium nimmt auch Eltern in die Pflicht. „Wir bitten die Eltern, bei einem positiven Poolergebnis – wenn möglich – einen Bürgertest bei ihrem Kind vor dem Schulbesuch durchführen zu lassen, um somit Sicherheit für das eigene Kind, aber auch für die Schulgemeinde herzustellen.“ Zugleich bitte man die Eltern, am Tag der Testung „eine mögliche Abholung des Kindes in den frühen Morgenstunden sicherzustellen“.

Morgens um 7 ins Testzentrum? Das wird kompliziert

Doch wann erfahren Eltern überhaupt, dass ein Pooltest positiv war? Vonseiten des Schulministeriums habe man ausreichend Zeit. „Die Labore stellen eine Ergebnisübermittlung der Poolproben bis 20.30 Uhr an die Schulen sicher.“ Doch die Realität sieht anders aus – zumindest an den Schwerter Schulen. „Die Resultate bekomme ich per Mail, manchmal nachts um zwei Uhr“, sagt Julia von Halen. Das sei schon „grenzwertig“.

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Hinzu kommt, dass die meisten Schwerter Testzentren erst ab 9 Uhr Termine anbieten – und auch hier sind vormittags bereits viele ausgebucht. Man kann also davon ausgehen, dass Eltern, die zum Beispiel wegen ihrer Arbeit unter Zeitdruck stehen, ihr Kind zum Testen in die Klasse schicken werden.

Schulen sollen möglichst geöffnet bleiben

Aktuell liegt die Pool-Positivrate bei rund 20 Prozent. Wegen der steigenden Infektionszahlen hatten die Regierungschefs der Länder eine Priorisierung von PCR-Testungen und eine Konzentration von PCR-Tests vor allem auf vulnerable Gruppen beschlossen.

Auch deshalb hatte das Schulministerium entschieden, die Einzeltestungen bei den PCR-Tests zunächst einzustellen. „Ich finde es richtig, dass Schulen möglichst geöffnet bleiben. Und ich kann verstehen, dass Gesundheitsämter an ihre Grenzen kommen“, sagt Julia von Halen. Doch Lehrerinnen und Lehrern gehe es ebenso. „Man ist rund um die Uhr mit dieser immensen Aufgabe beschäftigt.“

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Ihre Kollegen halten sich auf Anfrage der Redaktion auffällig bedeckt. An der Albert-Schweitzer-Schule heißt es aus dem Sekretariat, Schulleiter Dirk Schnitzler würde nichts mehr zu der Situation sagen. Martin Krämer von der Lenningskamp-Grundschule möchte sich auch nicht äußern. Das könne „nur schiefgehen“.

Stefan Behlau ist Vorsitzender des Verbandes für Bildung und Erziehung in NRW. Er spricht von großem Frust in der Lehrerschaft.

Stefan Behlau ist Vorsitzender des Verbandes für Bildung und Erziehung in NRW. Er spricht von großem Frust in der Lehrerschaft. © Caro Simon / VBE

Rückendeckung bekommen Schulen vom Verband Bildung und Erziehung (VBE): Die kurzfristige Umstellung der Strategie habe „vielerorts Ärger und Frust hervorgerufen“, sagt Vorsitzender Stefan Behlau. Es bleibe zu hoffen, dass die neue Strategie ein möglichst kontinuierliches Schul-Leben gewährleistet. Die Kolleginnen und Kollegen an den Schulen wünschten sich vor allem eines: „Wieder Zeit für die Kinder, Zeit für Unterricht, Zeit für schulisches Leben zu haben.“