Seit dem Frühjahr ist die St. Viktor Kirche eingerüstet. Denn nach dem Innenraum wird nun das Dach saniert. Kein einfaches und vor allen kein günstiges Unterfangen. Denn zum einen ist das Dach relativ groß, zum anderen handelt es sich um ein Denkmal, bei dem möglichst alle Originalteile erhalten bleiben sollen. Am Mittwoch (2.11.) fand eine Teilabnahme der Baustelle statt. Dabei wurden auch die Ergebnisse der historischen Bauforschung vorgestellt.
24 daumendicke Löcher
Die große Kirche am Marktplatz hat nach wie vor einige Überraschungen zu bieten. 24 etwa daumendicke Löcher hat der Bausachverständige Peter Barthold vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) in die Dachbalken der Kirche gebohrt. Das Ergebnis beschreibt Dr. Bettina Heine-Hippler, Denkmalpflegerin beim LWL, wie folgt: „Es ist ein Baubefund, wie wir ihn so noch nie gesehen haben.“

Durch die Bohrungen konnte ein Experte feststellen, wann die Bäume für die Dachbalken gefällt wurden. „Auf das Jahr genau“, so Barthold. Und so weiß man heute: Das Kirchendach, wie wir es heute kennen, wurde in verschiedenen Jahrhunderten gebaut. Der Turm 1470, das große Dach über dem Haupthaus 1670 und das Dach über dem Chorraum 1770. Warum man in allen Jahrhunderten in den 70er-Jahren gebaut hat, dafür gibt es keine Anhaltspunkte.
Warum aber der Turmhelm so viel älter ist, als die übrigen Dächer, ist erklärbar. Denn vor 1670 war die Kirche von einem schweren Brand betroffen. Wie schwer, ist nicht genau belegt. Aber aufgrund der Bauforschung weiß man nun: Das Feuer brach irgendwo im Kirchenschiff aus und fraß sich dann nach Osten durch. Der Turm blieb unbehelligt. Ein angekokelter Dachbalken im Übergang zeugt davon.
Überhaupt konnte man durch die Untersuchung des Daches viel über die Handwerker von damals lernen. So fand man ein Traufeisen, das vermutlich um 1670 eine Neuerung im Handwerk war. Und auch die zahlreichen Signaturen an Balken und Schieferplatten lassen sehen, wer hier gearbeitet hat. Quasi historische Graffiti seien das.

Dass die Kirche selbst deutlich älter ist als alle Teile ihres Daches, wusste man bereits zuvor. Denn die Kirche hat einen kleinen romanischen Bauteil, der vermutlich bereits im 12. Jahrhundert gebaut wurde. Doch St. Viktor sei nicht die erste Kirche an dieser Stelle, glaubt Dr. Bettina Heine-Hippler: „Der Kirchenbau dort geht auf die Ursprünge der Christenheit in diese Region zurück.“
800.000 Euro von Bund und Land
1,2 Millionen Euro wird die Sanierung des Kirchendaches am Ende wohl gekostet haben. Kein Bau von der Stange, denn für nahezu alle Arbeiten brauchte man Spezialfirmen. Bund und Land unterstützen die Dachsanierung mit insgesamt 800.000 Euro. Doch für den Rest muss die Gemeinde aufkommen, die sich immer noch über jede Spende freut.
Altar wird 500 Jahre alt
Vor 500 Jahren, als der Chor gebaut und der Altar angeschafft wurde, hatte die Stadt gerade mal 1200 Einwohner, die sich das geleistet haben, so der Vorsitzende des Fördervereins St. Viktor, Ulrich Halbach. Eine Stadt mit nahezu 50.000 Einwohnern müsste doch dann die Sanierung stemmen können. Das 500-jährige Bestehen des großen Altars feiert die Gemeinde übrigens im kommenden Jahr.
Zug um Zug werden nun auch die Gerüste rund um die Kirche abgebaut. Im besten Fall soll bereits Weihnachten nichts mehr von der Sanierung zu sehen sein. Wahrscheinlicher sei es aber, dass ein Teil des Gerüsts zur Hofseite verbleibe.

Dann wird es eng im Hof rund um St. Viktor: Denn die Bürgerstiftung, die ja das Museum und die alte Marktschänke umbauen will, muss ihre Baustelle ebenfalls noch in diesem Jahr einrichten, damit man im nächsten Jahr mit dem ersten Bauabschnitt des Umbaus beginnen kann.
Und auch St. Viktor ist noch nicht ganz fertig. Nach Innenraum und Dach muss nun noch die Fassade saniert werden. „Aber das haben wir bislang noch gar nicht ins Auge gefasst“, sagt der Vorsitzende des Presbyteriums, Hartmut Görler.
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