Die Flamme brennt noch so schön blau wie immer, auch der warnende Geruch ist geblieben. Aber das Gas, das die Stadtwerke Schwerte durch ihr Rohrnetz in die Heizthermen und Öfen schicken, ist nicht mehr das gewohnte.
Nahezu unbemerkt ist am 26. September (Dienstag) nach 50 Jahren die Ära des holländischen Erdgases in Schwerte zu Ende gegangen. Für den Wechsel auf energiereicheres sogenanntes H-Gas aus anderen Quellen mussten mehr als 10.000 Geräte in den Häusern umgestellt werden. Eine Mammut-Aufgabe, die die Stadtwerke als Netzbetreiber übernehmen musste.
Einigen wurde das Gas abgedreht
„Alle Geräte, die man auf die neue Gasform umrüsten konnte, wurden für den Kunden kostenfrei umgebaut und eingestellt“, berichtet Heiko Mühlbauer, Leiter der Unternehmenskommunikation der Stadtwerke, auf Nachfrage. „Von den fast 12.000 Gasgeräten in Schwerte, die von den Technikern vor Ort erhoben wurden, konnten 10.545 angepasst werden.“
Die Maßnahme sei für die Kundinnen und Kunden kostenfrei geschehen. Nur Geräte, die nicht mehr auf diesen Stand der Technik gebracht werden konnten, hätten die Besitzer selbst austauschen müssen. Das habe im überwiegenden Teil der Fälle auch gut funktioniert.

„Allerdings gab es in dem aufwendigen Verfahren auch einige wenige Fälle, in denen Gasanschlüsse gesperrt werden mussten“, räumt der Sprecher ein. Grund seien dann meistens Geräte gewesen, die nicht anpassbar waren. Oder die Kunden hätten die Erhebungs- oder Anpassungstermine wiederholt nicht wahrgenommen.
Dann hätten die Stadtwerke keine andere Wahl als die Sperrung gehabt, weil sie gesetzlich verpflichtet seien, die Sicherheit der Gasanschlüsse zu gewährleisten. „Natürlich kann auch jeder dieser Gasanschlüsse kurzfristig wieder hergestellt werden, wenn die technischen Vorgaben erfüllt sind. Das ist allerdings nicht kostenfrei“, erklärt Heiko Mühlbauer.
Stadtwerke sind zufrieden
Im Vergleich mit den über 50 anderen Kommunen in Westdeutschland, die die Umstellung bislang ebenfalls erledigt haben, zeigen sich die Stadtwerke Schwerte zufrieden mit dem Verlauf der Erdgas-Umstellung.
In der Ruhrstadt seien deutlich mehr Betroffene als anderswo erreicht und damit eine sehr niedrige Quote an Sperrungen nötig worden. Seit über drei Jahren war das Projekt vorbereitet worden, um sämtliche Verbrauchsgeräte zu überprüfen und – wenn möglich – umzurüsten.
Wer noch keinen Besuch der Techniker bekommen hat, braucht sich keine Sorgen zu machen. Denn obwohl bereits das neue Gas in ganz Schwerte fließt, ist die Anpassung der Geräte noch nicht überall abgeschlossen.
Wie Heiko Mühlbauer erklärt, gibt es nämlich auch Geräte, die ohne Umstellung risikofrei mit H-Gas arbeiten können, aber auf Dauer ebenfalls umgestellt werden sollten. Deren Besitzer würden in den kommenden Wochen von den beauftragten Dienstleistern aufgesucht.
Holland dreht den Gashahn zu
Die Umstellung vom früheren sogenannten L-Gas auf das neue H-Gas ist ein deutschlandweites Projekt, weil es immer weniger L-Gas auf dem Markt gibt. Der bisherige Hauptproduzent Holland hat die Förderung im größten europäischen Feld in Groningen im Oktober eingestellt, nachdem sich Proteste wegen offensichtlich ausgelöster Erdbeben gemehrt hatten.
Insgesamt müssen 114 Netzbetreiber – überwiegend im Westen der Bundesrepublik – die Versorgung ändern. „Rund 55 Prozent davon wurden bereits umgestellt, Schwerte war also etwa in der Mitte des Prozesses an der Reihe“, berichtet Heiko Mühlbauer weiter. 63 Netzbetreibern stehe die Umstellung noch bevor.
Noch größer war der Aufwand gewesen, als die Stadtwerke 1973 aus Kosten- und Umweltschutzgründen die Versorgung vom damaligen Kokerei- auf Erdgas umgestellt hatten.
Wegen der anderen chemischen Zusammensetzung mussten damals nicht nur alle Gasgeräte, sondern auch die Anschlussstellen des Rohrleitungsnetzes überprüft werden. Gleichzeitig verschwanden die letzten Gaslaternen aus der City. Der frühere Speicherbehälter, die große Stahlkugel an der Meischede, wurde zum Industriedenkmal.
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