Das gezackte Drehrad in der blauen Papphülle war deutlich hinter der Windschutzscheibe zu sehen. Aber es zeigte die Zahlen des Benzinverbrauchsrechners, den eine Versicherung auf die Rückseite ihres Werbegeschenks gedruckt hatte.
Aus Versehen hatte Hartmut Wagner (78) die Parkscheibe verkehrt herum auf das Armaturenbrett seines Ford Focus gelegt, als er seine Schwägerin für einen Großeinkauf zum Jawoll-Markt an der Beckestraße fuhr. Ein teures Missgeschick, dessen Folgen den 78-Jährigen heute immer noch auf die Palme bringen können.
Knöllchen war wohl weggeweht
Dass während der kurzen Zeit, als er den Einkaufswagen zu den Anthurien, Krokussen und Narzissen schob, ein Kontrolleur des Bewirtschaftungs-Unternehmens Fair Parken auf dem Gelände unterwegs gewesen war, davon ahnte der Schwerter erst einmal nichts.
Denn das Knöllchen, das ihm wegen des Verstoßes gegen die Parkbedingungen hinter den Scheibenwischer geklemmt worden war, habe er bei der Rückkehr zum Fahrzeug nicht gefunden, berichtet er. Es müsse wohl durch den Wind oder sonst wie abhandengekommen sein.
Aus allen Wolken fiel Hartmut Wagner deshalb, als er sechs Wochen später eine Zahlungsaufforderung von Fair Parken in seinem Briefkasten fand. Neben der Vertragsstrafe von 29,90 Euro, auf die zahlreiche Schilder vor Jawoll bei Überschreitung der zweistündigen Parkdauer oder fehlender Parkscheibe hinweisen, wurden ihm bereits weitere 10 Euro Bearbeitungsgebühr berechnet. Fotos von seinem Auto mit der falsch herum liegenden Parkscheibe waren beigelegt.

Hartmut Wagner war sich keiner Schuld bewusst. Er setzte sich an seinen Rechner und formulierte eine Stellungnahme an Fair Parken. Wegen einer Erkrankung – so teilte er mit – habe er seinen Wagen nach dem Einkauf längere Zeit nicht benutzt und jetzt die Parkscheibe exakt noch auf die damalige Ankunftszeit bei Jawoll eingestellt gefunden.
Weil die Kontrolle laut Zahlungsaufforderung eine halbe Stunde später stattgefunden habe, könne er die 120-minütige Parkzeit nicht überschritten haben. Und schuld an seiner verspäteten Reaktion sei der verschwundene Strafzettel.
Bei Fair parken alltäglich
Doch alle Argumente des pensionierten Lehrers zogen nicht. Die falsch herum ausgelegte Parkscheibe sei ein ganz klassischer Fall, mit dem man täglich zu tun habe, heißt es aus dem Serviceteam von Fair Parken auf Anfrage. Man wisse dann nicht, ab wann das Fahrzeug auf dem Parkplatz stehe – und müsse alle Kunden gleich behandeln.
„Das ist so gut wie nicht ausgelegt“, ergänzt Sabine Klaas, Pressesprecherin von Fair Parken. Ziel des Unternehmens sei es, dass Kundenparkplätze wieder für Kunden zur Verfügung stehen, um ihnen einen schnellen und bequemen Einkauf zu ermöglichen. Im Auftrag privater Immobilieneigentümer werde deshalb mit geschultem und qualifiziertem Personal die Einhaltung der jeweils geltenden Regeln überwacht.
„Parkplatznutzer, die sich nicht an die ausgeschilderten Parkregeln halten, erhalten eine Vertragsstrafe.“ Aber wenn die Mitarbeiter sehen, dass ein Autofahrer das Auslegen der Parkscheibe vergisst, würden sie ihn selbstverständlich darauf hinweisen.
Kulanzregelung hilft nicht
Außerdem hebt die Sprecherin entgegenkommende Stornierungsregelungen hervor, wenn man „versehentlich oder wegen eines ausgedehnten Großeinkaufs“ gegen die Parkordnung verstoßen habe. Könne der Autofahrer nachweisen, dass er zum fraglichen Zeitpunkt einkaufen war, gebe es klare Kulanzregelungen.
Davon konnte Hartmut Wagner nicht mehr profitieren. Denn als er von dem Brief mit der Zahlungsaufforderung überrascht wurde, hatte er den Kassenbon von Jawoll längst nicht mehr in seinem Portmonee. Der frühere Politiker, der wohl als einziger in Schwerte als SPD-Mann, Grüner und Linker im Stadtrat gesessen hat, verzichtete schließlich auf weitere Debatten. Er ballte die Faust in der Tasche und zahlte. Zum Einkaufen steigt er nun wenn möglich aufs Fahrrad.
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