Anfang des Jahres ist der wegen der Pandemie reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent hinfällig geworden. Seit knapp einem Monat gilt der frühere Satz von 19 Prozent.
Wie haben die Schwerte Gastronomien die letzten vier Wochen erlebt? Klar ist: Die Sorge vor Einbußen ist da, das Thema bewegt. Einige blicken besorgt in die Zukunft, andere sehen die Erhöhung gelassen.
Erhöhte Preise, dafür ordentliche Portionen
„Es ist ein zweischneidiges Schwert“, erklärt Gjergj Sokoli vom L‘incontro in der Eintrachtstraße. „Viele erhöhen, weil sie dann weniger Arbeit haben. Auf der anderen Seite bleibt dann aber die Kundschaft weg.“ Er selbst sah sich gezwungen, die Preise „ein bisschen“ zu erhöhen, so die Aussage. „Wir haben so erhöht, dass wir denken, dass es keine Auswirkungen auf unsere Gäste hat.“ Ohne die Preiserhöhung sei es für ihn eine schwere Aufgabe, durchzuhalten, sagt Sokoli. Konkrete Preise nennt er nicht.
Konkreter wird es im Restaurant Olympia im Haus Menzebach. Dort könne man mit zwei Euro mehr pro Person rechnen, kündigt Inhaber Vasili Pnevmatikos an. „Ich glaube, sagen zu können, dass wir dafür ordentliche Portionen haben. Ich bin diesen Monat woanders essen gewesen und da waren die Preise extrem hoch“, erzählt er. Solche Maßnahmen habe Pnevmatikos noch nicht getroffen. Dass weniger Gäste gekommen sind, könne er nicht sagen: „Viele unserer Gäste haben sogar nachgefragt, warum wir die Preise noch nicht erhöht haben.“

„Ich habe Existenzängste“
Ganz so leicht nimmt es Lo’canta-Chefin Ayse Yilmaz nicht, im Gegenteil: „Ich habe Existenzängste. Aktuell lebe ich so, dass ich gerade alle Kosten abdecken kann.“ Die Lieferware sei teurer geworden, Getränke ebenfalls und das Personal fordere ebenfalls mehr Gehalt. „Das ist eine Kettenreaktion.“ Sie selbst habe die Preise noch nicht erhöht, sieht sich aber gezwungen, die Erhöhung bald durchzuführen. Im Februar habe sie entsprechenden Termine.
Yilmaz ist sich sicher: Bei einer Erhöhung werden einige ihrer Gäste nicht mehr kommen. „Ich kenne meine Kundschaft. Das war schon nach der Pandemie so. Die Leute orientieren sich um.“
Aber nicht nur die Erhöhung des Steuersatzes macht ihr zu Schaffen. Durch den Marktplatzumbau fehle ihr die Laufkundschaft. „Hier ist alles zu und es gibt nicht genug Parkplätze“, erzählt sie. Ihrer Meinung nach gibt es in Schwerte mehrere Probleme, die der Gastronomie nicht gerade zuspielen.

„Wir haben zwar erhöht, aber nicht so, dass es eklatant sei“, sagt Zeljko Sarcevic, Inhaber von Das Lokal. Einige Gerichte seien um einen Euro, einige um zwei Euro gestiegen. Für seine Gäste sei das akzeptabel. „Vor Corona gab es auch 19 Prozent Mehrwertsteuer. Während der Krise hat der Staat gut geholfen. Das muss man auch mal klar sagen“, so Sarcevic. „Ich jammer nicht, bin immer positiv, alles gut“, fasst er lachend zusammen.

Treue Kundschaft
Das italienische Restaurant Miramare teilte der Redaktion mit, es habe die Preise noch nicht erhöht, groß geplant sei nichts: „Wir schauen mal. Wir waren bisher immer die letzten, die ihre Preise erhöht haben. Das soll auch so bleiben. Bis März machen wir erstmal gar nichts“, kündigt das Restaurant an. „Wir waren die ersten Italiener im Ruhrgebiet und haben eine Kundschaft, die uns bis jetzt immer treu geblieben ist“, blickt das Miramare positiv ins Jahr.
Das Strandhaus am Hengsteysee wirbt sogar auf Facebook explizit damit, die Preise vorerst nicht zu erhöhen. Inhaber Mike Henning erklärt gegenüber der Redaktion: „Wie lange die Preise so bleiben, entscheide ich aus dem Bauch heraus. Es ist jedenfalls noch nichts Konkretes geplant.“

„Debatte wird zu sehr gehypt“
Parallel zur Erhöhung des Steuersatzes hat Tobias Bäcker, Geschäftsführer der Rohrmeisterei Gastronomie das gesamte Speisekonzept zu Beginn des Jahres überarbeitet. Die erhöhte Mehrwertsteuer sei da mit einberechnet worden. „Es lässt sich nun aber schwer nachvollziehen, wo wir genau erhöht haben“, gesteht er.
Die Speisen liegen aber im bisherigen Preissegment, viele Rückmeldungen der Gäste habe es nicht gegeben, so Bäcker.
Wie also das neue Speisekonzept bei den Gästen ankommt und ob dadurch mehr oder weniger Menschen das Restaurant besuchen, könne er noch nicht sagen. „Nach vier Wochen kann noch kein empirisches Fazit getroffen werden, das wäre unseriös“, erklärt er.
Insgesamt sei die Situation in der Rohrmeisterei aber entspannt: „Im gesamtgesellschaftlichen Kontext halte ich die öffentliche Diskussion rund um die Mehrwertsteuer für übertrieben. Es wird zu sehr gehypt. Vor der Coronakrise hatten wir auch einen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent.“

DEHOGA-Umfrage
Laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband e.V. (DEHOGA) sahen sich bereits 75,7 Prozent der Unternehmer in Deutschland gezwungen, ihre Preise zu erhöhen. „Weitere 11,0 Prozent der Gastronomen planen Preisanhebungen noch im ersten Quartal 2024“, prophezeit die Umfrage. Ob, wann und wie das passiert, hänge von individuellen Faktoren, wie Standort, Personalkosten, Betriebskonzept oder den Gästen ab, erklärt DEHOGA-Präsident Guido Zöllick. Nur 33,0 Prozent gehen davon aus, sich in diesem Jahr am Markt behaupten zu können.
Zum 31. Dezember 2023 ist der reduzierte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent auf Speisen ausgelaufen. Während der Corona-Krise hatte sich die Bundesregierung auf diesen Steuersatz geeinigt, um die Gastronomiebetriebe zu unterstützen. Seit dem 1. Januar 2024 gilt wieder der ursprüngliche Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent.
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