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Maskenpflicht in Klassenräumen endet: „Meine Kinder haben überhaupt kein Problem mehr mit der Maske“
Maskenpflicht
Am Dienstag (2.11.), so hat es das Schulministerium beschlossen, endet die Maskenpflicht in Klassenräumen. Viele sagen: „Der Zeitpunkt ist falsch.“ So wie Katrin Schwarz-Baumert aus Schwerte.
Ihre Kinder sind noch nicht geimpft. Sie sind noch zu jung. Der kleine Sohn von Katrin Schwarz-Baumert ist sechs Jahre alt, ihre Tochter ist elf. Wenn am Dienstag (2.11.) hochoffiziell die Maskenpflicht am Platz im Klassenraum endet, wie es das Schulministerium beschlossen hat, wird sie ihre Kinder trotzdem anhalten, ihre Masken weiterhin auch am Platz zu tragen.
„Selbst der Kleine hat inzwischen überhaupt kein Problem mehr mit der Maske“, erzählt die Schwerterin. „Er setzt sie in der Schule so selbstverständlich auf, wie er morgens seine Brille aufsetzt.“
Die Zahlen steigen, in den Schulen reißt man die Fenster auf
Dass die Masken am Dienstag (2.11.) zumindest am Platz abgenommen werden dürfen, sieht Katrin Schwarz-Baumert skeptisch. „Beide Kinder sitzen dann über einen längeren Zeitraum im Umfeld von vielen Ungeimpften – einfach, weil man sich in diesem Alter bisher nicht impfen lassen kann“, sagt sie.

Die Maskenpflicht endet Anfang November in NRW. Was manche für eine gute Idee halten, verunsichert viele Eltern. Besonders die von jüngeren Kindern, die noch nicht geimpft werden können. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Natürlich kann die zweifache Mutter verstehen, dass das Tragen von Masken eine Belastung gerade für jüngere Kinder sein kann. „Aber ich finde es schon schwierig, die Maskenpflicht ausgerechnet jetzt abzuschaffen. Die Zahlen steigen, in den Schulen kann man lediglich die Fenster aufreißen.“ Außerdem seien die Folgen einer Long-Covid-Erkrankung auch bei Kindern bisher nicht absehbar.
Mit der Meinung ist sie nicht allein: Bereits vor Wochen, als Schulministerin Yvonne Gebauer über eine Abschaffung der Maskenpflicht an Schulen nachdachte, hatten die Leiterinnen und Leiter der weiterführenden Schulen in Schwerte diese Pläne mit Bauchschmerzen verfolgt.
Der Tenor der Schulleitungen, die mit uns darüber gesprochen hatten: In Klassen oder Kursen mit älteren Kindern und einer entsprechend hohen Impfquote könne man darüber nachdenken – für die Jüngeren sei das Risiko momentan noch zu hoch.
Die Tochter von Katrin Schwarz-Baumert besucht die sechste Klasse des Friedrich-Bährens-Gymnasiums. Schulleiter Heiko Klanke habe am Donnerstag (28.10.) eine E-Mail an die Eltern geschickt. „Wir haben von ihm die Information bekommen, dass es unseren Kindern freisteht, weiter am Platz eine Maske zu tragen“, sagt die Schwerterin.
Das Tragen einer Maske am Platz sei „aufgrund der stark steigenden Inzidenzen sicherlich vernünftig zum Eigen- und Fremdschutz“, so habe es der Schulleiter formuliert. Katrin Schwarz-Baumert: „Es ist keine direkte Empfehlung, denn es soll ja niemand unter Druck gesetzt werden.“ Doch die Sorge hinter der Nachricht ist unverkennbar.
„Einige Monate machen den Kohl auch nicht fett“
Auch Annette Feller ist Mutter von zwei Kindern; ihre Söhne (beide 12 Jahre alt) sind inzwischen geimpft. Sie hat eine Praxis für Paarberatung, Familienberatung und Lebensberatung in Schwerte und sagt: „Ich finde die Diskussion um die Abschaffung der Maskenpflicht grundsätzlich gut – aber nicht zu diesem Zeitpunkt.“
Gerade steuere man auf den Herbst und Winter zu, die Fallzahlen steigen. „Wenn die Kinder jetzt noch einige Wochen oder Monate durchziehen – das macht den Kohl auch nicht fett.“
Annette Feller befürchtet, dass es bei steigenden Infektionszahlen an Schulen wieder zu Schulschließungen kommen könnte. Bereits in der ersten „Homeschooling“-Phase hatte sie Familien betreut, die über vermehrten Stress klagten. Dieser Stress habe sich inzwischen noch vervielfacht.

Annette Feller (47) ist Paar- und Familienberaterin. Sie sagt: „Die Eltern merken erst jetzt, wie erschöpft sie sind.“ © Feller
„Viele Eltern sind da vor eineinhalb Jahren ganz energiegeladen und optimistisch rangegangen. Jetzt merken sie, wie erschöpft sie sind. Sie kommen einfach an ihre Grenzen“, sagt die 47-Jährige. „Eine weitere Pandemie-bedingte Schulschließung können wir uns im Hinblick auf die psychischen Belastungen – für Eltern und Kinder – nicht noch einmal leisten.“
„Wir muten den Kindern eine ganze Menge zu“
Die Kinder hätten aktuell ohnehin ein geschwächtes Immunsystem. Zudem gebe es, wie Annette Feller sagt, nach wie vor eine geringe Anzahl von Lehrern und Lehrerinnen sowie Erzieherinnen und Erziehern, die noch nicht geimpft sei. Mal ganz abgesehen von den anderen zögernden Erwachsenen, die sich bisher nicht haben impfen lassen. „Das ist grob fahrlässig, und wir muten unseren Kindern da eine Menge zu“, sagt sie.
Die Familienberaterin weiß, wie wichtig es für Kinder ist, ihre Mitschüler und Lehrer auch ohne Maske zu sehen. „Natürlich wird das psychologisch und pädagogisch hinterfragt.“ Doch die psychischen Probleme und Entwicklungsauffälligkeiten, die im Fall einer Schulschließung drohen, würden weit schwerer wiegen. „Im März oder im April können wir das gern wieder diskutieren“, sagt sie.
Bis dahin wird auch Annette Feller ihre Söhnen raten, die Maske im Unterricht weiter zu tragen. Vor allem aber werden sich die Eltern der ungeimpften Kinder jeden Tag aufs Neue Sorgen machen.
Paar- und Familientherapeutin Annette Feller
- Die Diplom-Pädagogin berät in ihrer Praxis in Schwerte Einzelpersonen, Paare und Familien, bei denen allgemeine Sorgen, belastende Erfahrungen, Beziehungskrisen und/oder Familienprobleme den Alltag erschweren.
- „Es ist wichtig, Dinge an- und auszusprechen“, sagt die 47-Jährige. Jeder komme mal an seine Grenzen. „Aber nicht jeder kann gleich gut damit umgehen.“ Dann solle man auch bereit sein, sich Hilfe zu holen.
- Über die E-Mail-Adresse annettefeller@t-online.de kann man die Beraterin erreichen.
Begegnungen mit interessanten Menschen und ganz nah dran sein an spannenden Geschichten: Das macht für mich Lokaljournalismus aus.
