Masken rauf, Masken runter: Die Überlegungen der NRW-Schulministerin, die Maskenpflicht an Schulen abzuschaffen, stoßen auf Protest.

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Abschaffung der Maskenpflicht? „So werden ganze Klassen durchseucht“

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NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer überlegt, die Maskenpflicht abzuschaffen. Schwerter Eltern schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Auch die Schulleitungen sind besorgt.

Schwerte

, 01.10.2021, 11:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Kommt nach den Herbstferien möglicherweise die Aufhebung der Maskenpflicht an weiterführenden Schulen? Im Schulausschuss des Landtages in Düsseldorf hat sich NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer am Mittwoch (29.9.) dazu geäußert.

Die Maske sei ein wirkungsvolles Instrument, Infektionen von außen fern zu halten, allerdings sei sie für die Kinder auch eine „Zumutung“, zitiert die WAZ die Ministerin. Da immer mehr Schülerinnen und Schüler, aber auch Lehrkräfte geimpft seien, stelle sich die Frage, ob Masken noch während des Unterrichts getragen werden müssten.

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Eltern aus Schwerte schlagen bei solchen Überlegungen die Hände über dem Kopf zusammen. „DAS GEHT GAR NICHT. PUNKT.“ Sascha Kudella, zweifacher Vater und Elternvertreter am Friedrich-Bährens-Gymnasium, formuliert es bewusst in Großbuchstaben. Sowohl er als auch sein Stellvertreter Hans-Christian Mundt und eine Elternvertreterin aus der fünften Klasse seien sich darin einig.

„Ich weiß überhaupt nicht, wie man auf die Idee kommen kann“, empört sich der Vater. „Masken sind das einzige Mittel, das neben dem Lüften den Infektionsschutz noch aufrechterhält.“

Schulleiter: Auf welcher Basis wird Entscheidung getroffen?

Laut Yvonne Gebauer seien die Infektions- und Quarantänezahlen sehr gering. Derzeit sei keine Schule im Land vollständig wegen Corona geschlossen, hatte sie bilanziert. „Die Ministerin sollte sich mal fragen, warum das so ist. Weil die Kinder in der Schule eben Masken tragen“, sagt Sascha Kudella. Eine Aufhebung der Maskenpflicht sei die „Vorstufe“ zur Schulschließung. „Wenn ich diese Barriere wegnehme, dann ist bei einem Corona-Fall ratzfatz die ganze Klasse durchseucht.“

Sascha Kudella, zweifacher Vater und Elternvertreter, sagt: "Masken sind für unsere Kinder sicher nicht lustig, aber selbstverständlich."

Sascha Kudella, zweifacher Vater und Elternvertreter, sagt: „Masken sind für unsere Kinder sicher nicht lustig, aber selbstverständlich." © Dietmar Meinert

Heiko Klanke, Schulleiter des Friedrich-Bährens-Gymnasiums, sagt: „Die Gesundheit sollte an oberster Stelle stehen. Viele Kinder im 5. und 6. Schuljahr können noch gar nicht geimpft werden. Mich würde interessieren, auf Basis welcher ärztlichen Kommission man solche Entscheidungen trifft.“

Der Schulleiter hofft daher auf eine „vernünftig durchdachte Lösung“ des Schulministeriums. Es ginge darum, die Kinder zu schützen. Außerdem hätten sich die Schüler längst an das Tragen der Maske gewöhnt. Klanke: „Sicher sind die Dinger lästig. Aber unsere Kinder sind sehr verantwortungsbewusst.“

„Zu diesem Zeitpunkt nicht zu verantworten“

Eva Graß-Marx, Schulleiterin der Gesamtschule Gänsewinkel, argumentiert ähnlich: „In der Schule haben wir sehr gute Erfahrungen mit der Maskenpflicht gemacht. Sie dient aktuell dem Schutz aller Personen in der Schule.“ Maßnahmen des Arbeitsschutzes hätten für sie zudem eine hohe Priorität: „Hier greift die Fürsorgepflicht.“

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Eva Brinkhoff, Schulleiterin der Theodor-Fleitmann-Gesamtschule (TFG), wundert sich ebenfalls über die Diskussion: „Das ist mir zu diesem Zeitpunkt unverständlich und nicht zu verantworten.“ Die jüngeren Kinder seien häufig noch nicht geimpft. „Außerdem haben wir die Ferien vor der Brust. Gerade wenn Familien aus dem Urlaub zurückkehren, soll es keine Maskenpflicht mehr geben?“

Ohnehin seien gerade viele Kinder erkältet. „Wir haben zurzeit schon mehr Erkältungsfälle, andere Kinder haben Magen-Darm-Viren. Das Tragen einer Maske halte ich daher gerade für besonders sinnvoll“, erklärt Eva Brinkhoff. Die meisten Kinder der TFG hätten bereits freiwillig Masken getragen, als diese noch nicht verpflichtend gewesen seien.

Elternvertreterin: Differenzierung ist wichtig

Aira Wieners sagt: „Das Problem ist zweischneidig.“ Die Elternvertreterin der Theodor-Fleitmann-Gesamtschule ist auch Lehrerin in Dortmund. Sie zählt die Widersprüche auf, die sie bei der Maskenpflicht stören: „In der Kita werden keine Masken getragen, in der Schule schon. Im Schulsport müssen die Kinder teilweise Masken tragen – im Freizeitsport aber nicht. Das versteht keiner.“

Sie glaubt, man müsse auch an Schulen besser differenzieren dürfen, in welchen Bereichen eine Maskenpflicht sinnvoll ist – und wo man auf Freiwilligkeit bauen könne. Zum Beispiel in den Kursen, in denen viele Schülerinnen und Schüler bereits geimpft seien.

Entscheidung noch vor den Herbstferien

Der Ärztliche Direktor des Schwerter Marienkrankenhauses, Dr. Thomas W. Spahn, sieht in den Überlegungen zur Abschaffung der Maskenpflicht ein „vorsichtiges Herantasten“ an den Normalzustand. Er hält es für wichtig, zu differenzieren: „Das ist eine Ermessenssache, da gibt es kein absolutes Richtig oder Falsch“, sagt er. Doch Spahn sieht auch das Risiko: „Wenn man einen Klassenraum hat und dann zwei oder drei Kinder, die infiziert sind: Dann hat man schon ein Problem.“

Yvonne Gebauer (FDP), Ministerin für Schule und Bildung in Nordrhein-Westfalen, nimmt vor Beginn der Sitzung des Schulausschusses des Landtags ihre Maske ab.

Yvonne Gebauer (FDP), Ministerin für Schule und Bildung in Nordrhein-Westfalen, nimmt vor Beginn der Sitzung des Schulausschusses des Landtags ihre Maske ab. © picture alliance/dpa

Eine Entscheidung zur Maskenpflicht soll schnell fallen. Noch vor den am 11. Oktober beginnenden Herbstferien würden die Schulen und Eltern informiert, wie es danach mit dem Unterricht weitergehe – auch mit der Maskenpflicht, sagte Gebauer laut dpa.

Sascha Kudella jedenfalls wird seine Tochter, die die fünfte Klasse besucht, weiter anhalten, ihre Maske zu tragen. Über die Schulministerin kann er nur den Kopf schütteln. „Es ist schlicht nicht nachvollziehbar, was einen da reiten kann.“