Ziemlich beste Freunde Kindergarten, Job, Rente – Udo und Detlef hecken (fast) alles gemeinsam aus

Beste Freunde: Gemeinsam in den Kindergarten, gemeinsam in die Rente
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Mit ungehaltener Miene stürmte der Pfarrer im Talar von der Kanzel herunter zu den Bänken, wo die Kommunionkinder verschreckt zusammenhockten. „Er hat Reihe 3 verdroschen, Blachetta und Bauer waren nicht bei der Sache“, kann Udo Bauer (63) jene Festmesse nicht vergessen, zu der er 1968 mit seinem besten Kumpel und einer riesigen Kerze in die Marienkirche gestapft war.

Die beiden, fast seit dem Strampler-Alter ganz dicke miteinander, hatten sich ständig zu viel zu erzählen – auch bei der Zeremonie. Und das ist bis heute so geblieben, wo sie vor dem Zieleinlauf ihrer gemeinsamen Berufslaufbahn stehen: Die Schwerter Jungs sind echte Freunde fürs Leben, wie man sie selten erlebt.

Hand in Hand zum Kindergarten

„Wir konnten uns nicht aus dem Weg gehen“, fasst es Detlef Blachetta (64) mit einem Lächeln zusammen. Er wuchs in der Mühlenstraße auf, sein Kumpel in der Hellpothstraße um die Ecke. Ihre Wege mussten sich schon kreuzen, als sie die ersten Schritte aus dem Elternhaus wagten.

Es war 1962, als sich die beiden Schwerter im Katholischen Kindergarten kennenlernten: „Wir haben uns an der damaligen Bäckerei Gevelaer getroffen und sind dann Hand in Hand zur Haselackstraße gelaufen.“ Die Eltern passten auf, dass die Jungs zusammenblieben und gut in der Obhut von „Schwester Isfrieda“ ankamen.

Postboten Schwerte
Dicke Freunde seit ihrer Kindheit sind Detlef Blachetta (l.) und Udo Bauer (r.), die nach mehr als 30 gemeinsamen Dienstjahren als Zusteller bei der Deutschen Post in Kürze in den Ruhestand gehen. © Udo Bauer

Die legendäre Nonne, die die Einrichtung leitete, wachte am Sandkasten und in den Spielräumen darüber, dass sich keiner käbbelte. Das wäre den beiden Freunden aber nicht einmal beim Wettstreit um ihre Kostüme beim Kinderkarneval in den Sinn gekommen. Die Rollen waren frei nach Karl May schiedlich, friedlich verteilt. Detlef erschien als Winnetou, Udo – was sonst – als Shatterhand. Er hatte das Glück, dass seine Mutter als gelernte Schneiderin die Verkleidung kunstvoll selbst nähen konnte.

Allein war Lehre langweilig

Für ein langes Jahr trennten sich danach zwangsweise die Wege, als der ältere Detlef zu Ostern 1965 ABC-Schütze in der Eintrachtschule wurde. Als ihm Udo 1966 als i-Männchen folgte, konnten sie wieder wie früher gemeinsam zum Unterricht gehen. „Es hat so viel Spaß gemacht“, sagt Udo Bauer. „Es lag ja nur ein Jahr dazwischen.“

Doch diese Zeit endete mit der Schulentlassung, nach der Detlef Blachetta eine Ausbildung beim Fernmeldeamt Dortmund begann –- allerdings nicht für lange. „Er hatte keine Lust mehr auf die Lehre, weil ich nicht dabei war“, erzählt Udo Bauer. Folglich wurde sie geschmissen, damit beide zum 1. September 1974 im Schwerter Hoesch-Werk anfangen konnten.

Zwei Jungen
So sahen Detlef Blachetta (l.) und Udo Bauer (r.) in kurzen Hosen in dem Alter aus, als sie zur Erstkommunion gingen. © Udo Bauer

Seite an Seite feilen, bohren, fräsen, schweißen: Als angehender Werkzeugmacher beziehungsweise Betriebsschlosser standen beide nebeneinander in der Lehrwerkstatt, wo das Gros der Ausbildung stattfand. Nach dem Abschluss holten die unterschiedlichen Geburtsjahrgänge sie noch einmal sein. Mit zeitlichen Versatz wurden die eigentlich Unzertrennlichen zur Bundeswehr eingezogen – der eine 1978 zur Luftwaffe nach Rheine, der andere 1979 zum Panzerbataillon nach Hemer.

Seit 1980 bei der Bundespost

Nach den 15 Monaten Dienstzeit ging es für die Ex-Soldaten nicht wieder zu Hoesch zurück. Zum 2. Juli 1979 heuerte Detlef Blachetta bei der Bundespost in Schwerte an – und holte seinen besten Kumpel nach: „Willst du nicht auch zur Post?“ Und ob. Ab dem 1. August 1980 hatten beide wieder den gleichen Arbeitsplatz.

Erst stellten sie gemeinsam als Eilboten die Telegramme und Eilbriefe in der Ruhrstadt zu, anschließend wechselten sie in die Zustellbezirke. Jeden Morgen sitzen sie seit 32 Jahren nebeneinander an den Zustellschränken mit den Fächern, in die sie ihre Briefe straßenweise einsortieren, bevor sie die gelben Lieferfahrzeuge starten.

Hoesch Schwerte
Auf dem Erinnerungsfoto der Schwerter Hoesch-Azubis vom Jahre 1974 stehen Detlef Blachetta (6.v.l.) und Udo Bauer (7.v.l.) natürlich auch nebeneinander. © Udo Bauer

Doch acht Stunden am Tag waren längst nicht genug für die dicken Freunde. 1983 zogen sie noch gemeinsam in ein Mietshaus an der Béthunestraße 10, in ehemalige Wohnungen der Bundespost. Ein Jahr später kamen dort innerhalb von drei Monaten ihre Söhne zur Welt. 1987 wurde Udo Bauer erneut Vater – diesmal allein: „Da waren wir uns einmal nicht einig: Detlef wollte kein zweites Kind.“

Als Trainer-Duo beim ETuS

Dafür standen die beiden Väter bald wieder als Duo für ihre Söhne auf dem Sportplatz. 1994 wurde Udo Bauer Jugendtrainer beim Fußballverein ETuS Schwerte, um den Nachwuchs in der E-Jugend zu betreuen. Und wer wurde sein Co-Trainer? Natürlich Detlef Blachetta. In der schul- und spielfreien Zeit sah man sie auch mit ihren Familien zusammen auf Urlaub in Österreich, der Schweiz oder in Kroatien.

Skilaufen in Saas Fee
Der gemeinsame Urlaub führte Detlef Blachetta (l.) und Udo Bauer (r.) im Jahre 1990 zum Skilaufen nach Saas Fee. © Udo Bauer

„Wir sind uns nie gegenseitig auf den Sack gegangen“, sagt Udo Bauer. Zuletzt habe man noch gemeinsam Silvesterparty im Garten gefeiert: „Die ganze Nacht war es 15 Grad.“ Da konnte man es lange draußen aushalten und das Jahr 2023 begrüßen, in dem es im Gleichschritt in einen neuen Lebensabschnitt gehen soll.

„Wir haben uns jetzt entschieden, gemeinsam in Rente zu gehen“, berichtet Detlef Blachetta. Er selbst hätte zwar schon ein Jahr früher die nötigen 45 Beitragsjahre voll gehabt, zog aber noch länger durch, um auf seinen Freund zu warten. Zum 1. Mai wird er endgültig den Dienst bei der Post quittieren. Udo Bauer zieht drei Monate später die gelbe Jacke aus.

Gemeinsame Rentner-Pläne

„Dann fängt für uns ein neuer Abschnitt an – mal gucken, was das bringt“, blickt Detlef Blachetta nach vorn. Auf jeden Fall habe man dann mehr Zeit, sich zu treffen. Für Spielabende, Fahrradfahren, Fußballspielen in der Hobbytruppe: „Wenn die Knochen mitmachen, pöhlen wir da noch ein bisschen mit.“

Die Pläne sprudeln nur so aus den Freunden heraus. Glühweinrunden, Osterfeuer oder einfach wandern gehen: „Vielleicht ergibt sich auch mal ein gemeinsamer Urlaub.“ Im Team ist alles schöner.

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