Gesicht und Kopf des Arbeitskreises Asyl geht Hans-Bernd Marks verlässt das Leitungsteam

Umbruch im Arbeitskreis Asyl: Nicht nur Hans-Bernd Marks (76) geht
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Ein Patenkind aus Sri Lanka, dem Bürgerkrieg in seiner Heimat entflohen, brauchte in Schwerte ein sicheres Zuhause. Hans-Bernd Marks (76) öffnete ihm seine Wohnungstür, vor der kurz darauf auch der jüngste Bruder des neuen Mitbewohners stand und aufgenommen wurde.

So begann der erfolgreiche Bänker aus Iserlohn zu dem bekanntesten ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer Schwertes zu werden. Viel Erfahrung in dieser Rolle hatte er anfangs naturgemäß nicht, sodass er den Austausch mit Gleichgesinnten suchte. Auf diese Weise entstand – unterstützt von Caritasverband und Diakonie – im Jahre 1991 der Arbeitskreis (AK) Asyl, der heute über 600 freiwillige Helferinnen und Helfer vereint. Organisiert wird deren Ersatz von einem sechsköpfigen Kernteam, aus dem sich der 76-jährige Mitgründer jetzt zurückziehen möchte.

Wechsel ins Familienbüro

„Das ist ein längerer Prozess. Ich hoffe, dass er in den nächsten ein bis zwei Monaten abgeschlossen ist“, sagt Hans-Bernd Marks. Schon vor fast einem Jahr habe er angekündigt, von der vordersten Stelle zurückzutreten. Trotzdem reagierten viele der Helfer bestürzt, als sie die Nachricht noch einmal mit dem Weihnachtsbrief des Arbeitskreises schwarz auf weiß erhielten. Doch der bisherige Hauptmotor der Organisation hat längst vorgearbeitet und die Weichen in Richtung Zukunft gestellt. Er möchte seine Aufgaben demnächst auf mehrere Schultern verteilen.

Hans-Bernd Marks vom AK Asyl in Schwerte und ein blondes Mädchen tragen Tüten in der Hand. Sie verteilen Geschenke an Geflüchtete.
Selbst an Weihnachten war Hans-Bernd Marks regelmäßig aktiv. Hier brachte er Geschenke zu Flüchtlingen, die in der städtischen Unterkunft an der Regenbogenstraße wohnten. © Reinhard Schmitz (A)

Bei der Bewältigung dieser Herausforderung muss das Kernteam einen noch größeren Umbruch verkraften. Denn es muss künftig auch auf Torsten Kiesheyer verzichten, weil der Kinderarzt aus beruflichen Gründen dringend kürzertreten muss. Außerdem geht auch Delia Hartmann, die acht Jahre lang mit einer halben Stelle die Ehrenamts-Koordination übernommen hatte.

„Sie übernimmt das Familienbüro der Stadt Schwerte“, berichtet Hans-Bernd Marks. Dort winkt nicht nur eine Vollzeitstelle, sondern auch eine dauerhaft sichere Finanzierung, die unabhängig von der Förderung durch die katholische und die drei evangelischen Kirchengemeinden in Schwerte ist.

Hans-Bernd Marks holt gespendete Kühlschränke von Egon Schrezenmaier ab.
Beraten, betreuen, schleppen: Für die Flüchtlinge packte Hans-Bernd Marks (r.) immer tatkräftig mit an. Hier holte er 20 Kühlschränke ab, die Egon Schrezenmaier (l.) von der Firma Kühltechnik Schrezenmaier gespendet hatte. © Bodo Brauer (A)

Bei der Suche nach Ersatz sei man „auf gutem Weg“, ist sich Hans-Bernd Marks sicher. Klar ist für ihn, dass nur ein Teamplayer die Aufgabe schultern kann. Von den drei verbleibenden Mitgliedern des Kernteams verfügen zwei über das Zeitbudget von Rentnern, die Dritte ist Hausfrau und Mutter.

„Wir sind eine tolle Truppe“, erklärt der scheidende Mitgründer. Und in dieses Lob bezieht er Hunderte von Ehrenamtlichen in den 20 Arbeitsgruppen mit ein, die Patenschaften übernehmen, Beratungen leisten oder Wohnungen möblieren. Allein seit Beginn des Ukraine-Kriegs seien weitere 145 Helfer dazugestoßen.

Der Saal des katholischen Pfarrheims platzte bei einem ersten Informationsabend aus allen Nähten, sodass man in die geräumige nahe Marienkirche umziehen musste. Die nötige Nutzungsgenehmigung der Kirchengemeinde hatte sich der vorausschauende Organisator schon vorher gesichert.

Anfangs reichte Dachkammer

Was für eine Entwicklung seit dem zarten Beginn im Jahre 1991, als ein Dachzimmer im Haus der Diakonie an der Kötterbachstraße für die Zusammenkünfte der kompletten Gruppe ausreichte. In erster Linie ging es damals um die stundenweise Aufnahme von Flüchtlingen, die nach den um sich greifenden Bombendrohungen gegen das frühere Asylantenheim an der Schützenstraße jedes Mal im Freien auf der Straße ausharren mussten, bis die Polizei Entwarnung gab.

Dasselbe galt von morgens bis abends für die Tage, wenn alle paar Wochen ein Kammerjäger ihre Unterkunft vernebelte. „Wir haben Telefonketten gebildet: Wer fährt rüber und holt die Flüchtlinge ab?“, berichtet Hans-Bernd Marks. Ohne WhatsApp war das in den Anfängen des Handy-Zeitalters noch eine umständliche Prozedur.

Der Gospelchor Bamemi Sango Ya Yesu tritt auf.
Dem Gospelchor Bamemi Sango Ya Yesu, den Flüchtlinge aus dem Kongo 1994 gegründet hatten, lauschte Hans-Bernd Marks immer besonders gern. © Bernd Paulitschke (A)

Nach den Tamilen, die sich im Keller des Übergangsheims an der Schützenstraße ihren ersten Tempel einrichteten, strömten Menschen vor dem blutigen Jugoslawienkrieg auch in die Ruhrstadt. Sie seien in 30 kleinen Heimen quer übers Stadtgebiet verteilt worden, weiß Hans-Bernd Marks. Das erwies sich als besser für die Integration.

Aus diesen Erfahrungen entwickelte sein Arbeitskreis gemeinsam mit der Stadtverwaltung das Unterbringungs- und Betreuungskonzept für Schwerte, das auf maximal 50 Personen pro Standort setzt. Die Diskussion um die Nutzung des früheren Rathauses II an der Konrad-Zuse-Straße als Großunterkunft für 300 bis 400 Flüchtlinge konnte gestoppt werden. Das Gebäude ist mittlerweile längst abgerissen.

In der Turnhalle am Stadtparkt in Schwerte wird die Unterbringung von Geflüchteten vorbereitet.
Der Arbeitskreis Asyl wirkte mit an einem Konzept für die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen. Großunterkünfte wie hier mit 150 Plätzen in der Turnhalle am Stadtpark gab es nur vorübergehend wie bei der Syrienkrise. © Bernd Paulitschke (A)

Weiterhin Betreuungsarbeit

„Das waren bewegte Zeiten“, sagt Hans-Bernd Marks: „Ich denke an die 30 Jahre gerne zurück.“ Lebhaft im Ohr hat er dabei noch die Klänge des Gospelchors „Bamemi Sango Ya Yesu“, den afrikanische Flüchtlinge in Schwerte gegründet hatten.

Das beliebte Ensemble, das zu vielen Gelegenheiten in der Stadt auftrat, wurde 2014 sogar mit der Stadtmedaille ausgezeichnet. Die aus Sri Lanka stammenden Tamilen bereichern das Stadtbild mit einem prächtigen bunten Tempel, der seit einigen Jahren am Beckenkamp entsteht. Das Bauwerk ist quasi die Vollendung der Idee, die einst im Keller an der Schützenstraße geboren wurde.

Das jahrzehntelange Engagement von Hans-Bernd Marks hat auf diese Weise indirekt auch für die Öffentlichkeit hör- und sichtbare Spuren hinterlassen. Vollkommen aus der Flüchtlingsarbeit zurückziehen will er sich indes auch jetzt noch nicht. „Wir haben weiterhin Patenschaften“, verrät er. In der normalen Betreuung sei er weiterhin tätig.

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