Viele der Kinder aus Schwerter Flüchtlingsfamilien kennt Delia Hartmann seit sie ganz klein waren. Schließlich arbeitet die zierliche junge Frau mit den blauen Augen und den hellbraunen Haaren schon seit acht Jahren als Koordinatorin für den Arbeitskreis Asyl. Eine Arbeit, die jeden Tag Neues bringt - und in der sie nah an den Menschen ist.
„Ich bin in Schwerte aufgewachsen und habe nach dem Abi soziale Arbeit in Würzburg studiert“, erzählt Delia Hartmann in ihrem Büro in der Goethestraße. Dort, in den Räumen des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SkF), ist sie mit ihrer halben Stelle die zentrale Drehscheibe für die Ehrenamtlichen des AK Asyl.
Begegnungen
Als sie gerade ihr Studium beendet hat und nach Schwerte zurückkehrt, strömen in den Jahren 2015 und 2016 Millionen Flüchtlinge, Migranten und Schutzsuchende nach Europa. Auch in Schwerte kommen Geflüchtete an - und viele neue ehrenamtliche Helfer müssen koordiniert werden. „Als der SkF mich für die Stelle anfragte, da dachte ich: Das ist ein tolles Angebot!“
Viele Begegnungen mit Ehrenamtlichen, aber auch mit Geflüchteten gehören zu Delia Hartmanns Job. Darunter sind auch Ereignisse, die sie so schnell nicht vergisst. „Einmal stand eine Frau vor meiner Tür. Sie war Irakerin und hochschwanger. Sie bekäme bald ihr Baby und habe noch nie ein kleines Baby auf dem Arm gehalten.“
Delia Hartmann lässt die junge Frau hinein und greift sofort zum Hörer. Sie stellt Kontakt zu anderen geflüchteten Frauen her, die bereits kleine Kinder haben. Der Austausch nimmt der Schwangeren ihre große Angst. Wenig später bringt sie einen Sohn zur Welt. „Sie kam dann zu mir und hat mir den Kleinen ganz stolz gezeigt. Heute macht sie eine Ausbildung zur Erzieherin, und der kleine Junge ist acht Jahre alt. Er begrüßt mich immer ganz fröhlich, das ist wirklich ein tolles Gefühl.“
Abschied
Neben ihrer Bürotätigkeiten betreut Delia Hartmann auch eine Eltern-Kind-Flüchtlingsgruppe in einer Unterkunft. „Es ist mir wichtig, dass ich mit den Menschen direkt zusammenarbeiten und sie kennenlernen kann. Ich möchte nicht nur im Büro sitzen, sondern auch Ansprechpartnerin vor Ort sein.“
Wenn die geflüchteten Menschen sie dann auf der Straße wiedererkennen und grüßen, sei das immer ein gutes Gefühl. „Es ist so schön, diese bekannten Gesichter wiederzusehen.“
Von manchen dieser bekannten Gesichter hat sie in ihrer Arbeit auch Abschied nehmen müssen. Was ist das für ein Gefühl, wenn verzweifelte Menschen in ihre Länder zurückgeführt werden? „Das ist schon nicht so einfach“, gibt Delia Hartmann zu. „In solchen Fällen muss man sich bewusst machen, dass man solche Situationen in dem Moment nicht ändern kann. Ich versuche da mit einer gewissen Professionalität ranzugehen.“ In einigen Fällen gebe es auch nach der Rückführung noch Kontakt. „Manchmal bekomme ich noch viel später Bilder geschickt.“ Aber oft reiße der Kontakt dann auch ab.

Im vergangenen Jahr kamen besonders viele Flüchtlinge aus der Ukraine nach Schwerte - und 140 neue Ehrenamtliche, die sich seitdem als Paten engagieren. „Auch die müssen alle koordiniert und betreut werden“, erzählt die 32-Jährige. Dann lacht sie und sagt: „Also, langweilig wird es hier jedenfalls nie.“ Besonders eng arbeitet sie mit Hans-Bernd Marks vom AK Asyl zusammen.
Was Delia Hartmann in ihrem Job antreibt, ist der Sinn, den sie darin sieht. „Ich mache das wirklich gerne. Da ist es auch nicht schlimm, wenn es abends mal länger dauert oder spontane Treffen oder Termine dazukommen. Oder wenn ich es wieder mal nicht schaffe, ein wenig Sport zu treiben.“
Besonders toll sei es, dabei zuzusehen, „wie viele Leute hier ihren Weg finden“. Und in der direkten Arbeit mit den Geflüchteten versucht Delia Hartmann, jeden Tag zu einem guten Tag zu machen. „Wir helfen, die Kinder zu integrieren. Sie erleben dort Gemeinschaft mit anderen Kindern, haben etwas Ablenkung. Und auch den Erwachsenen kann man einige schöne Momente bescheren.“
Sorgen um die Stelle
Manchmal ist Delia Hartmann auch besorgt - denn wie lang es mit ihrer Stelle weitergeht, weiß sie nie so genau. Allein aus Spendengeldern lässt sich die Arbeit nicht finanzieren.
Seit eineinhalb Jahren finanzieren die katholischen und evangelischen Kirchengemeinden aus Schwerte Delia Hartmanns halbe Stelle aus Kirchensteuermitteln. Sie bringen jährlich 30.000 Euro dafür auf. Auch der SkF unterstützt als Anstellungsträger die Flüchtlingsarbeit an vielen Stellen. Ab Ende nächsten Jahres muss eine neue Stellenfinanzierung gefunden werden. Delia Hartmann hofft, dass es klappt. „Ich möchte gern hier weiterarbeiten. Die Arbeit mit Geflüchteten ist ein Job, den ich mir jederzeit wieder aussuchen würde.“
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