Ärztin: „Ein Jahr, bis Brustkrebs-Patientinnen sich erholt haben“
Brustkrebs-Behandlung
Behandlung, Amputation, Regeneration - Dr. Anna E. Balzwanz leitet das Brustzentrum in Schwerte und begleitet ihre Patientinnen über eine lange Zeit.

Dr. Anna-Elisabeth Balwanz leitet das Brustzentrum Marienkrankenhaus Schwerte. © Manuela Schwerte
Die Diagnose Brustkrebs ist für Dr. Anne E. Balwanz Alltag: Seit 2008 leitet sie das Brustzentrum im Marienkrankenhaus. Redakteurin Jessica Will sprach mit ihr über die Dauer die genetische Brustkrebs-Variante, Behandlung und Reha-Maßnahmen.
Ich war schockiert, wie jung einige Patientinnen an Brustkrebs erkranken.
Ja, das stimmt. Der Alters-Peak, den gibt es, der liegt später. Daher fängt das Screening auch mit 50 an. Aber ich erlebe auch 89-Jährige mit Brustkrebs.
Wie lange sind die Frauen bei Ihnen in Behandlung?
Das kommt ganz auf die Diagnose an. Bestenfalls untersuch ich sie hier und stelle fest, das ist eine Zyste oder mache eine kleine Biopsie. Wenn sie Brustkrebs haben und es kann primär operiert werden, dann müssen sie mit einem Aufenthalt von vier, fünf Tagen rechnen. Dann werden sie entlassen, dann findet wieder ein Gespräch statt. Wenn sie einen ziemlich gutartigen Befund haben, bekommen sie Tabletten und eine Bestrahlung – nach ungefähr sechs bis acht Wochen sind die dann rehafähig. Das wäre die leichteste Form von Brustkrebs.
Und wenn es schlimmer ist?
Wenn es ein schwerwiegender Fall ist – eine junge Frau mit einem Tumor, der schnell wächst, dann muss man natürlich eine Chemotherapie indizieren, die dauert in der Regel 20 Wochen. Dann wird operiert, der Lymphknoten wird untersucht, ob er befallen ist. Dann geht es in die Bestrahlung. Das dauert dann gut und gerne ein halbes Jahr. Das komplette Prozedere mit Chemo und Bestrahlung machen etwa zehn Prozent der Erkrankten durch.
Es gibt auch eine genetische Variante. Wie viele Patientinnen betrifft das?
12 bis 15 Prozent. Darauf testen wir seit etwa fünf Jahren. Anfangs hieß es da, man soll sich beide Brüste amputieren lassen, wenn zum Beispiel die Schwester auch erkrankt war. Aus dem Stadium sind wir heute raus. Jetzt geht man dahin, dass man die nicht betroffene Brust lässt und in eine intensivere Nachbetreuung geht.
Wie geht es für die Frauen weiter, wenn sie Chemo und Bestrahlung hinter sich gebracht haben?
Nach der Behandlung bei uns melden wir die Frauen dort an, wo die Bestrahlung durchgeführt wird. Ist die Bestrahlung abgeschlossen, wird von dort der Reha-Antrag gestellt. Viele Frauen wollen dort nicht hin, das hat sich aber in den letzten Jahren gebessert, die Frauen sind aufgeschlossener geworden. In der Reha findet viel Gruppenarbeit statt, auch von psychologischer Seite. Ungefähr ein Jahr brauchen sie, bis sie sich von einer Chemotherapie erholt haben, bis sich die Zellen regeneriert haben, bis der Kopf wieder regeneriert ist. Bei der Therapie gehen auch Nervenzellen kaputt. Das braucht einfach seine Zeit.