„Sie haben einen Tumor, er ist bösartig.“ Mit der Diagnose Brustkrebs startet für Melanie Reimann eine lange Behandlungsphase. Heute sagt sie: Vor der Chemotherapie muss keiner Angst haben.
Der 5. Januar. Das Datum werde ich nie vergessen.“ Melanie Reimann muss keine Sekunde überlegen, wann sie die Diagnose Brustkrebs bekam. Nach der Arbeit fährt die junge Frau (29) von Hagen aus ins Marienkrankenhaus Schwerte. Hier war wenige Tage zuvor die Biopsie durchgeführt worden, an diesem Tag folgt das Gespräch über das Ergebnis. Die Hagenerin sitzt im Büro von Dr. Anna E. Balwanz, die das Märkische Brustzentrum leitet. „Sie hat es knallhart so gesagt, wie es auch ist: ,Frau Reimann, ich habe keine guten Nachrichten. Sie haben einen Tumor, er ist bösartig‘“, so schildert Melanie Reimann den Moment, der ihr Leben für Monate komplett verändern wird. „Durchschnaufen, ein Gefühl wie in einer Blase, Angst. Ich wusste gar nicht, was ich machen soll. Ich war alleine hier, war schnell nach der Arbeit rübergefahren. Dachte, es wird schon nichts sein. Du bist ja noch jung.“
Doch es ist etwas: Die junge Frau hat Brustkrebs, in einer besonders bösartigen Form. Mit dem Gespräch beginnt für sie eine lange Behandlungsphase. Wie ihr erging es seit 2008 über 12.000 Patientinnen, die im Märkischen Brustzentrum im Marienkrankenhaus Schwerte untersucht wurden. Ein Ziel der Einrichtung: Eine dichte Behandlungskette gewährleisten, um den Patientinnen die beste Therapie zukommen zu lassen.
„Jede zehnte Frau ist von Brustkrebs betroffen. Sie brauchen ein Netzwerk, um eine komplette Diagnostik und Behandlung durchführen zu können“ sagt Dr. Anna E. Balwanz. Ein weiterer Vorteil: Während der Chemotherapie lernen die Frauen hier andere Betroffene kennen, können sich austauschen und gegenseitig beistehen.
Tumor schon vor der Diagnose Brustkrebs selbst ertastet
Davon hat auch Melanie Reimann profitiert: Alleine war sie wirklich nur, als sie die Diagnose erhielt. Zu Beginn der Chemotherapie hat sie eine andere Patientin kennengelernt, die zur Freundin wurde: Jana Borgolte. Auch sie weiß noch genau, an welchem Datum – 16. Februar – sie bei Dr. Balwanz im Büro saß, dort die endgültige Diagnose erhielt – allerdings unter ganz anderen Vorzeichen.
Während Melanie Reimann noch zu Beginn des Gesprächs nicht mit der Diagnose Brustkrebs rechnete, weiß die 39-Jährige aus Iserlohn eigentlich schon im Vorfeld, welche Diagnose ihr Dr. Balwanz mitteilen würde. „Ich habe den Tumor im Januar selbst gefühlt, damals aber noch nicht als Tumor eingestuft. Ich dachte, das wäre ein Brustmuskel“, beschreibt sie ihre Wahrnehmung.
Eines Nachts liegt sie alleine wach, ihr Mann ist nicht zuhause, und gesteht sich ein: Der Brustmuskel, den sie ertastet hat, fehlt auf der anderen Seite. „Da habe ich im Bett gelegen und geweint.“
Biopsie im Marienkrankenhaus bringt Gewissheit
Auch bei ihr wird die Biopsie im Marienkrankenhaus durchgeführt. Als sie telefonisch nach dem Ergebnis fragt, heißt es, sie soll für ein Gespräch vorbeikommen. „Da war mir schon klar, was kommt. Ich habe sofort meinen Mann angerufen und er hat mich zum Krankenhaus begleitet. Ich weiß noch, er wollte meine Hand nehmen, aber ich war so gereizt, ich habe sie weggeschlagen.“ Das Gespräch mit der leitenden Ärztin bringt dann Gewissheit: ein bösartiger Tumor.

Regelmäßig führt Anne E. Balwanz Gespräche, in denen sie die Diagnose Brustkrebs übermitteln muss. © Manuela Schwerte
„Die häufigsten Brustkrebse wurden früher von den Frauen selber getastet“, erklärt Dr. Balwanz, dass es vielen Frauen wie Jana Borgolte ging. Meistens erkannte man den Tumor dabei erst im Stadium „T2“ – wenn er zwischen zwei und fünf Zentimetern groß ist. „Heute ist es so, dass wir durch die gute Diagnostik viel mehr im Stadium ,T1‘, also unter zwei Zentimetern, diagnostizieren. Der Krebs wird früher erkannt, das ist ein Riesenfortschritt in der Brustkrebs-Behandlung.“ Und immens wichtig: „Wenn der Brustkrebs lange genug in der Brust sitzt, setzt er auch Metastasen“, so Balwanz.
Vorsorge über Abtasten, Mammografie und Ultraschall
Drei Möglichkeiten der Untersuchung gibt es: Die klinische – das Abtasten des Brust –, die Sonografie – also Ultraschall – und die Mammografie – die Röntgenuntersuchung -, zu der jede Frau ab 50 regelmäßig eingeladen wird. „Viele Frauen wollen nicht zur Mammografie, weil das nun mal etwas weh tut“, so Balwanz, die trotzdem dringend dazu rät, diese Möglichkeit zu nutzen.
Und auch auf die Ultraschall-Untersuchung hält sie große Stücke: „Das ist sehr, sehr sinnvoll. Es gibt viele Frauen, wo der Brustkrebs so diagnostiziert wurde. Aber das gehört nicht zur regulären, von der Kasse übernommenen Vorsorge. Was bei der hohen Zahl an Brustkrebs-Erkrankungen ein Skandal ist.“
Die Diagnose Brustkrebs nehmen Jana Borgolte und Melanie Reimann unterschiedlich auf: „Entsetzt hat mich da nur, dass ich noch im Oktober bei der Mammografie gewesen war und dort nichts zu sehen war“, schildert Jana Borgolte. Ansonsten hat sie zunächst keine Fragen, nachdem sie die Diagnose hört. Denn leider hat die Iserlohnerin schon viel Vorwissen. Ihre Schwester ist wenige Monate zuvor an Brustkrebs erkrankt, ihre Erkrankung ist also erblich bedingt. „Als bei meiner Schwester der Gendefekt festgestellt wurde, sollte ich mich auch testen lassen. Ich habe das nicht direkt gemacht. Mit dem Wissen muss man ja auch erst mal umgehen“, so Jana Borgolte.
„Wenn ein solcher genetischer Defekt vorliegt, geht die ganze Entwicklung noch schneller: Weil die Erbinformation lautet, kranke Zellen zu bilden, und nicht die gesunden“, erklärt Dr. Balwanz den Unterschied zum nicht-familiären Brustkrebs.
Erwähnenswertes Vorwissen hat Melanie Reimann nicht, als sie die Diagnose bekommt – Fragen hat sie zunächst trotzdem nicht. „Ich habe mir den nächsten Termin geholt und bin erstmal nach Hause. Ich musste zu meinem Mann, zu meiner Familie“, schildert sie. „Zuhause brauchte ich gar nichts sagen, er hat mich angesehen und direkt gewusst, was los ist.“ Beim Gespräch mit ihren Eltern fließen die Tränen. Um sie nicht zu beunruhigen, hatte die junge Frau ihnen nichts von der Biopsie erzählt, jetzt ist der Schock groß.
Diagnose Brustkrebs ist immer ein Schock
Routine wird ein Gespräch, in dem man die Diagnose Brustkrebs mitteilt, nie, sagt Dr. Balwanz, aber: „Man hat natürlich eine gewisse Professionalität. Das hilft, und natürlich darf man nicht jeden Fall mit nach Hause nehmen.“ Oft erlebt sie, dass Patientinnen den Befund verdrängen. „Bis zum Schluss will man die andere Antwort hören – dass es kein Tumor ist.“ Nach dem Motto: „Wenn ich mir das selbst eingestehe, habe ich schon verloren. Diese Prozesse durchlaufen sie aber alle, mehr oder weniger.“ Sie biete immer direkt Infomaterial an, das wollen allerdings die wenigsten sofort. „Die allermeisten wollen erst mal in Ruhe gelassen werden und diesen Fakt mit sich abmachen. Das ist auch richtig so. Wenn sie die Diagnose bekommen, ist das ein Schock.“
Viele der Frauen erstarren im Gespräch zunächst, wollen sich dann schnell verabschieden. Andere bleiben sitzen, brauchen länger Beistand oder eine Umarmung. „Es gibt Frauen, die fangen an zu schreien, auch damit muss man umgehen können, die muss man beruhigen können“, so die Ärztin. „Aber sie lernen, mit der Diagnose zu leben, sehen, wie es Schritt für Schritt weitergeht.“ Die Diagnose anzunehmen, sich die Erkrankung einzugestehen, das sei die Basis für eine erfolgreiche Therapie.
Warten auf Therapiebeginn: „Ätzend“
Der erste Behandlungs-Schritt bedeutet für Jana Borgolte: Die Lymphknoten werden rausoperiert. „Bis zur Chemotherapie zieht es sich dann aber – bestimmt vier Wochen. Das fand ich ganz schlimm, ätzend, dieses Warten.“ Aber die Vorbereitung der Chemotherapie braucht Zeit: Es gibt verschiedene Untersuchungen, unter anderem wird geprüft, ob es Metastasen gibt. „Es gibt dann eine Tumorkonferenz, in der die Ärzte besprechen, wie der Behandlungsplan aussieht“, so die Iserlohnerin.
Für Melanie Reimann steht noch die Behandlung in einer Kinderwunsch-Klinik an: „Weil ich so jung bin und noch keine Kinder habe, habe ich mich für eine Eizellen-Behandlung entschieden.“ Die Chemotherapie kann unfruchtbar machen. Frauen, deren Familienplanung noch nicht abgeschlossen ist, können sich Eizellen entnehmen und einfrieren lassen.
Bevor die Chemo dann startet, bekommen die beiden Frauen ihren Termin für die Port-Operation. Darüber werden während der Chemotherapie die Infusionsbeutel angeschlossen.

Der Körper baut während der Chemotherapie zwangsläufig ab. Trotzdem hat sich Melanie Reimann eine positive Grundhaltung bewahrt. © Manuela Schwerte
„Ich hatte richtig Angst davor“, beschreibt Melanie Reimann, wie sie sich vor der ersten Chemotherapie-Sitzung Mitte Februar fühlt. Sie kann die ganze Nacht nicht schlafen. Ähnlich geht es Jana Borgolte: „Ich war total aufgedreht.“ Zwei Behandlungs-Blöcke stehen den beiden bevor, denn sie sind „triple negativ“ – haben also eine besonders aggressive Brustkrebs-Form. Vier Mal bekommen sie im zweiwöchigen Abstand eine Chemo-Infusion. Im zweiten Block folgen dann zwölf weitere Infusionen – wenn die Blutwerte es zulassen im Ein-Wochen-Rhythmus.
Von Beginn an spüren die beiden Frauen, dass sie gut umsorgt werden: Vor der ersten Sitzung zeigen ihnen die Schwestern in der Infusionstherapie die Räume. „Die nehmen sich viel Zeit, einem alles zu erklären“, so Melanie Reimann. „Die Chemo-Schwestern sind einfach super“, sagt auch Jana Borgolte. Die drei speziell ausgebildeten „Breast Care Nurses“ (Brustschwestern) Doris Sippel, Simone Kuhaupt und Renate Böttcher betreuen die Brustkrebs-Patientinnen während der kompletten Behandlungsphase.
„Wir wollen eine heimelige Atmosphäre schaffen“, erklärt Dr. Anna E. Balwanz. „Die Akzeptanz für die Therapie ist dann viel besser.“ Man wolle auf keinen Fall eine Massenabfertigung, sondern jede Frau individuell gut betreuen. Die Patientinnen bekommen zum Beispiel vor Beginn jeder Chemo-Infusion einen Gutschein für ein Frühstück. „Das vermittelt: Hier macht sich jemand Gedanken, ob ich gut versorgt bin, schon gefrühstückt habe – allein diese Geste tut schon gut“, so die Ärztin. Man wolle ein Gemeinschaftsgefühl schaffen. „Wenn man sich gut aufgehoben fühlt, dann ist eine Nebenwirkung eben nur eine Nebenwirkung und nichts Aufgebauschtes, das die Psyche gerade nicht gut verträgt.“
Chemotherapie wird mit der Zeit zur Routine
Mit dieser Rund-Um-Versorgung bleibt von der Aufregung vor der ersten Sitzung irgendwann nichts mehr übrig: „Das ist irgendwann Routine. 6.45 Uhr klingelt der Wecker, 7.30 Uhr ist das Taxi da, kurz vor 8 Uhr bin ich hier“, beschreibt Melanie Reimann. Im Labor werden die Blutwerte überprüft, nur, wenn die in Ordnung sind, kann die Chemotherapie durchgeführt werden. Dann geht es hoch in die Chemo-Ambulanz, die Frauen bekommen den Frühstücks-Gutschein und gehen erst mal Essen holen.
„Gegen halb zehn, zehn geht es dann mit dem Anstöpseln los. Der Port wird mit Kochsalzlösung gespült, dann kommen die Chemobeutel, bei mir waren es immer zwei, andere bekommen nur einen oder mehrere. Es gibt Frauen, die sechs, sieben Stunden hier sitzen. Wir beiden sind immer bis gegen eins hier“, beschreibt Melanie Reimann den Ablauf.
Die chemischen Substanzen, die über die Infusion in den Körper der Frauen fließen, greifen in den Teilungszyklus der Krebszellen ein. Die Wirkstoffe greifen vornehmlich Zellen an, die sich in der Vermehrungsphase befinden. Das trifft zwar auch auf gesunde Zellen zu. Bei vielen Krebsarten ist die Teilungsgeschwindigkeit der kranken Zellen aber sehr hoch, daher sind die anfälliger für die Wirkung der Substanzen. Da aber nicht nur die Krebszellen angegriffen werden, kommt es zu Nebenwirkungen – von denen bleiben auch Melanie Reimann und Jana Borgolte nicht verschont.

Jeden Mittwoch saßen Melanie Reimann (l.) und Jana Borgolte gemeinsam in der Chemo-Ambulanz im Marienkrankenhaus und bekamen ihre Infusionen. © Manuela Schwerte
„Man merkt direkt, ob man es an dem Tag gut verpacken kann“, sagt die Hagenerin. „Die Schwestern sagen, dass es bei vielen Patientinnen die dritte Behandlung ist, die man schlecht verträgt. Bei mir war es die zweite Sitzung im ersten Block. Da ging es mir total schlecht, die hat mich völlig rausgehauen“, so Reimann. Übelkeit, eine bleierne Müdigkeit. „Man kriegt die Augen gar nicht mehr auf“, beschreibt sie. „Ich hatte es bei der vierten“, sagt Jana Borgolte.
Zu diesem Zeitpunkt hat sie auch bereits die Haare verloren. „Ich bin noch am Tag der Diagnose zum Friseur, wollte eigentlich, dass er sie direkt komplett abrasiert. Er hat mich aber zu einer Kurzhaarfrisur überredet, so bin ich dann noch vier Wochen rumgerannt. Während der Chemo habe ich dann von jetzt auf gleich die Haare verloren. Ich habe sie dann selber abrasiert“, so die Iserlohnerin. Sie hat sich daran gewöhnt, trägt jetzt auch schicke Kopftücher. Die Perücke, die sie sich zu Anfang gekauft hatte, verstaubt zuhause. Und ihre drei Kinder – neun, dreizehn und sechzehn Jahre alt? „Die streicheln da gerne drüber“, sagt sie und schmunzelt.
Bis zum Bauchnabel reichten die Haare von Melanie Reimann vor der Chemotherapie, auch sie lässt sich zunächst eine Kurzhaarfrisur schneiden. „Mittwochs war die Chemo, sonntags habe ich mir über den Kopf gestrichen und hatte die Haare in der Hand. Ab da habe ich sie jeden Tag über dem Waschbecken abgerubbelt.“
Große Angst vor Nebenwirkungen der Chemotherapie
Es sind auch solche Schilderungen, die Angst vor der Therapie auslösen können. „Es gibt Frauen, die wollen keine Chemotherapie, die haben Angst vor den Nebenwirkungen“, sagt Dr. Balwanz. Man spürt, die Ärztin ärgert sich darüber – weil die Behandlung eigentlich alternativlos ist. Aber: „Ich bin der Berater, nicht der Vormund“, sagt sie. Selbst, wenn sich eine Frau gegen die Chemo entscheide, müsse man das akzeptieren, „wenn man Vertrauen aufbauen will, muss man die Entscheidungsfähigkeit akzeptieren.“
Hat die Chemo begonnen, stärke man den Frauen den Rücken: „Wir betonen, es ist nur ein Zeitabschnitt, danach geht es ihnen wieder besser.“ Das mache das Durchhalten leichter und sorge, zusammen mit allen anderen Betreuungsmaßnahmen, auch dafür, dass die Frauen weniger Medikamente, zum Beispiel gegen Übelkeit, brauchen.
„Jetzt schnaufe ich wie eine Achtzigjährige“
Egal wie gut die Patientinnen umsorgt werden, eines lässt sich nicht verhindern: Während der Chemotherapie baut der Körper ab. „Das Herz, einfach der Wahnsinn“, sagt Jana Borgolte, wenn sie daran denkt, wie sich ihr Körper verändert hat. „Ich weiß noch, anfangs bin ich im Krankenhaus noch die Treppen hochgejoggt. Jetzt schnaufe ich sofort wie meine achtzigjährigen Nachbarn, muss immer wieder stehen bleiben. Das kommt schleichend. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie es sich vorher angefühlt hat“, so die 39-Jährige.
Das geht auch Melanie Reimann nicht anders: „Bis zur vierten Behandlung bin ich noch eine Acht-Kilometer-Runde gejoggt, jetzt bin ich froh, wenn ich drei Kilometer Spazieren gehen schaffe. Selbst zuhause die Wohnung wischen ist auf einmal körperlich richtig anstrengend.“ Seit Beginn der Behandlung ist die Saunameisterin, die im Westfalenbad arbeitet, krankgeschrieben. „Vollzeit, das schafft man einfach nicht, allein wegen der ganzen Behandlungstermine. Und auch wegen der Infektionsgefahr.“ Jana Borgolte geht während der Chemotherapie weiter arbeiten, sie hat eine 450-Euro-Stelle in einem Brautmodengeschäft.
Was hilft: Die Frauen lernen in der Chemoambulanz andere Frauen kennen, denen es ähnlich geht. „Sie teilen das gleiche Schicksal, erzählen sich, in welche Richtung der Zug fährt“, so Dr. Anna E. Balwanz. Die Patientinnen seien untereinander top informiert. „Sie geben sich auch Tipps, da steckt eine ganz eigene Dynamik drin.“ Wie geht man mit der Erkrankung um, was hilft gegen die Nebenwirkungen? „Was kann man am besten gegen das Zungenbrennen nach der Chemo machen? Welche Bonbons helfen da?“, ganz praxisnah gehe es da zur Sache, so die Ärztin.
Jana Borgolte erlebt Rückschlag bei der Chemotherapie
Trotz aller Tipps und der positiven Grundeinstellung lief die Therapie bei Jana Borgolte in den letzten Wochen nicht ganz glatt. Eigentlich hätte sie ihre Chemotherapie im August beenden sollen. Doch die Blutwerte spielten nicht mit, mehrfach musste sie pausieren. Trotzdem geht es ihr gut, sie macht Urlaub in Kroatien. „Danach steige ich wieder in die Chemo ein. Erst hatte ich überlegt, dafür aus dem Urlaub wieder zurückzufliegen. Aber ich habe mich jetzt dagegen entschieden. Es tut mir gerade gut, aus dieser Welt mal rauszukommen.“
Denn obwohl sie auch während der Behandlung halbtags weiter gearbeitet hat, drehte sich in den letzten Monaten doch sehr, sehr viel um den Krebs. Da tue die Auszeit jetzt doppelt gut. Zumal für sie nach der Chemo noch ein großer Schritt ansteht: Da ihr Brustkrebs genetisch bedingt ist, ist das Risiko hoch, erneut zu erkranken. „Diese Gefahr ist mir zu groß. Daher lasse ich mir die Brust amputieren und direkt wieder aufbauen.“

Über den sogenannten Port wird die Chemo-Infusion bei Jana Borgolte angeschlossen. © Manuela Schwerte
Melanie Reimann sagt: „Jeder hat seinen eigenen Weg, muss einen eigenen Umgang mit der Krankheit und der Behandlung finden. Aber was ich anderen mitgeben kann, ist: Man braucht keine Angst haben vor der Chemotherapie.“ Mitte Juli hat sie ihre letzte Chemo bekommen. Der Tumor wurde komplett zerstört, die betroffene Stelle trotzdem noch sicherheitshalber in einer OP entfernt. Ende August folgt die erste von 28 Bestrahlungen. Dann kommt die Reha. „Mir geht es sehr gut, besser kann es nicht laufen“, zieht sie ihr persönliches Zwischenfazit zur Behandlung.
Was bleibt? „Ich hatte vorher so viel Angst, hatte so vieles im Fernsehen gesehen. Leute, die sich die Seele aus dem Leib brechen, denen es elend ohne Ende geht. Natürlich, mir ging es zwischendurch auch mal übel, mir war schlecht. Aber ich habe kein einziges Mal gebrochen.“ Sie will anderen Mut machen: „Man kann das überstehen!“
1983 im Münsterland geboren, seit 2010 im Ruhrpott zuhause und für die Ruhr Nachrichten unterwegs. Ich liebe es, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen und vor allem: zuzuhören.
