„Das ist das Optimum, was bislang dargestellt wurde.“ Für diesen Satz bekam ein Schermbecker mächtig Applaus aus dem Publikum. Zuvor stellte Hans-Rainer Runge vom Planungsbüro „Runge IVP“ mögliche Verkehrskonzepte für Schermbeck und die Mittelstraße im großen Saal des Ramirez‘ vor.
Dass die Notwendigkeit besteht, den Verkehrsfluss in Schermbeck zu ändern, stellte Bürgermeister Mike Rexforth erneut fest. Zum einen müssen Teile der Bewässerungsanlage sowie der Hauptwasserversorgung, die durch die Mittelstraße verlaufen, saniert werden. Zum anderen müsse sich der Verkehr schon allein aus Klimaschutzgründen ändern.
Zwei Jahre haben sich die Planungsbüros nun mit einem Verkehrskonzept für Schermbeck beschäftigt. Herausgekommen sind drei Konzepte. Über die dürfen die Schermbecker ab dem 16. November bis zum 13. Dezember bei einer Online-Umfrage mitentscheiden.
Im Januar 2023 geht es für das Konzept in den Ausschuss, im März soll im Rat schließlich abgestimmt werden. Die Präsentation können die Schermbecker im Netz zur Entscheidungsfindung abrufen.
„Verkehr ist selbst gemacht“
Aus einer Verkehrsanalyse in Schermbeck ging hervor: Die Schermbecker sind zu stark auf das Auto fokussiert. Während die Einwohnerzahlen seit 2010 konstant blieben (13.746 auf 13.541), stieg die Zahl der Pkw in der Gemeinde stark an (8.230 auf 9.649). Sprich: Pro 1.000 Einwohner gibt es in Schermbeck 713 Pkw. Zum Vergleich: In Nordrhein-Westfalen sind es 563, in der Bundesrepublik 569.
„Unser Verkehr ist selbst gemacht“, sagte Rexforth daher. Man müsse in Schermbeck weiterdenken.
Szenario 1
Im ersten Szenario würden sich die Schermbecker dazu entscheiden, die Mittelstraße zu einer Einbahnstraße zu machen. Sie wäre dann nur noch von Nord nach Süd, sprich von der Kirche bis zum Rathaus, befahrbar. Fahrradverkehr wäre in beide Richtungen möglich.
Außerdem soll die Marellenkämpe geöffnet werden. Das würde für eine gerechtere Verteilung des Verkehrs sorgen. „Dann könnte man beispielsweise den Aldi erreichen, ohne den Kappellenweg oder die Mittelstraße zu nutzen“, sagte Runge.

Szenario 2a
Das Szenario 2 umfasst eine Nord-Süd-Netztrennung. Das bedeutet: Der Kfz-Verkehr in Schermbeck würde in zwei Teile getrennt werden. Der Nordbereich wird über die Mittelstraße und den Kapellenweg erschlossen. Die Erschließung des Südbereichs wird hauptsächlich über die Maassenstraße, den Kapellenweg und die Marellenkämpe erreicht.
Es würde Sperrungen im Bereich Mittelstraße, Kappellenweg und Landwehr geben. Der Verkehr auf der B58 würde dadurch größer werden, im Zentrum würde er entlastet werden, rechnete Runge vor.

Auf der Mittelstraße wären nach seinen Prognosen weniger als 1.000 Autos am Tag unterwegs - aktuell sind es 4.500 Autos. Auch auf dem Kappellenweg und der Schienebergstege gäbe es nur noch Anwohnerverkehr. B58, Dorstener Straße und Freudenbergstraße hätten dagegen mehr Verkehr.
Szenario 2b
In Szenario 2b würde Schermbeck sogar noch einen Schritt weitergehen. Dort würden aktuell geschlossene Straßen, wie die Marellenkämpe, Ahornstraße, Eschenstraße und Pastoratsweg, geöffnet werden. Der Vorteil: Der interne Verkehr der südlichen und zentralen Wohngebiete in Schermbeck würde nicht nur über die B58 abgewickelt werden. „Es wäre zentraler Anwohnerverkehr möglich“, so Runge.

Neben diesen drei Szenarien hat Runge weitere Maßnahmen vorgestellt, um den Verkehr in Schermbeck zu reduzieren, zu sichern und zu entschleunigen. Ziel müsse es sein, den Verkehr für Fußgänger, Radfahrer und den ÖPNV auszubauen.
Fußgänger, Radverkehr, ÖPNV
„Für die Fußgänger wollen wir die gefühlte Sicherheit in Schermbeck erhöhen“, sagte Runge. Objektiv sei Schermbeck zwar sicher. Viele Menschen fühlen sich aber unsicher in Schermbeck.
Um die gefühlte Sicherheit zu erhöhen, sollen Gehwege ausgebaut und die Barrierefreiheit erhöht werden. Über Anhöhen auf Straßen könne zudem der Verkehr entschleunigt und die Straßenüberquerung sicherer gemacht werden. Außerdem sollen Aufenthaltsorte wie Bänke geschaffen werden, um die Qualität für Fußgänger zu erhöhen.

„Wir wollen den Stellenwert des Radverkehrs erhöhen“, sagte Runge. Das soll passieren, indem Radwege ausgebaut werden - auch abseits der Verkehrsstraßen. Als zentrale Straße soll die Mittelstraße eine zentrale Fahrradachse werden. Außerdem soll es Fahrradablagestellen geben.
Um die Qualität des ÖPNV zu erweitern, sollen Haltestellen ausgebaut werden. Beispielsweise am Rathaus. Außerdem sollen sie barrierefrei und attraktiver werden. Zudem sollen Verbindungen zu wichtigen Zielen (Wesel, Dorsten) gestärkt werden. „Wichtig ist“, sagte Runge, „der Maßnahmen-Baukasten hat nur Wirkung, wenn alle Maßnahmen umgesetzt werden.“
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