Überraschender Fund: Seltene Käfer-Art in Schermbeck entdeckt

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Überraschender Fund: Seltene Käfer-Art in Schermbeck entdeckt

rnNaturschutz

Ein Biologe machte in einem Schermbecker Naturschutzgebiet eine Entdeckung: Der Kot von weidenden Schafen dient seltenen Käfern bei der Fortpflanzung.

Schermbeck

, 18.07.2021, 20:00 Uhr / Lesedauer: 2 min

Diplom-Biologe Klaus Kretschmer von der Biologischen Station des Kreises Wesel strahlte, als er am Donnerstag die von Christoph und Margret Dorr angepachtete Weide m Naturschutzgebiet (NSG) Lichtenhagen betrat.

Dort wurden erstmals Stierkäfer (wissenschaftlicher Name: Typhaeus typhoeus) entdeckt, die so selten geworden sind, dass sie inzwischen unter Naturschutz gestellt wurden.

Im Lichtenhagen, einem Gebiet, in dem sich zahlreiche ehemalige Tongruben der Dachziegelwerke Nelskamp befinden, wurden die ehemaligen Gruben und die umgebenden Waldbestände im Jahre 1981 einstweilig als NSG sichergestellt.

Eigentum des RVR

„Der RVR kannte bislang keine Stierkäfer in diesem Gebiet“, berichtete am Donnerstag Heinz Hermann Verholte vom RVR Ruhr Grün. Seit 1988 befindet sich der weitaus überwiegende Tel des NSG im Eigentum des Kommunalverbandes Ruhrgebiet (KVR, jetzt RVR).

Als öffentlicher Eigentümer von 96 ha des 101,5 Hektar großen NSG am Ostrand des Dämmerwaldes übernahm der KVR zugleich die Verantwortung und Pflicht, die zur Sicherung, Pflege und Entwicklung des NSG erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.

Dazu wurde im Jahre 1991 ein Pflege-und Entwicklungsplan erarbeitet, dessen wesentliche Inhalte später Bestandteil des derzeit gültigen Landschaftsplanes Schermbeck wurden.

Die Beweidung von Grünflächen war eine wichtige Zielsetzung des Pflege- und Entwicklungsplans. Seit 2015 haben Christoph und Margret Dorr vom RVR im Lichtenhagen Grünflächen angepachtet, um unter Berücksichtigung von Sonderauflagen eine Bewirtschaftung mit Schafen zu betreiben.

15 Mutterschafe

Derzeit weiden auf den angepachteten Flächen 15 Mutterschafe und zehn Lämmer. Den Kot dieser weiß und grau behaarten Heidschnucken benötigen die zur Familie der Mistkäfer gehörenden Stierkäfer zum Überleben. Die 15 bis 24 Millimeter großen Tiere leben in einem unterirdischen Tunnelsystem, das sie durch kleine Öffnungen an der Erdoberfläche erreichen.

Christoph und Margret Dorr beweiden im Nebenerwerb seit 2015 Grünflächen des RVR mit ihren Schafen. Diese Schafe sorgen mit ihrem Kot für die Fortpflanzung von Stierkäfern.

Christoph und Margret Dorr beweiden im Nebenerwerb seit 2015 Grünflächen des RVR mit ihren Schafen. Diese Schafe sorgen mit ihrem Kot für die Fortpflanzung von Stierkäfern. © Scheffler

Solche Öffnungen im Boden mit einem Durchmesser von etwa einem Zentimeter waren Margret Dorr aufgefallen. Landwirte wurden vergeblich nach den Ursachen befragt. Im Internet gab es Hinweise auf den Stierkäfer, was dann auch von dem erfahrenen Entomologen (Insektenforscher) Klaus Kretschmer bestätigt wurde, der seit 1992 bei der Biologischen Station des Kreises Wesel beschäftigt ist. Er erläuterte am Donnerstag auch ausführlich die Lebensweise der Stierkäfer.

Gedrungene Körper

Die schwarz gefärbten Stierkäfer zeichnen sich durch einen gedrungenen Körper aus. An den Beinen erkennt man zahlreiche Dornen. Normalerweise leben sie auf sandigen Böden. Dass sie nun in einem eher feuchten Gebiet nachgewiesen werden, liegt wohl an drei aufeinander folgenden Jahren mit einer großen Trockenheit.

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Die Stierkäfer ernähren sich vor allem vom Dung der Kaninchen, der Schafe und der Rehe. Diesen Dung tragen die Käfer nach der Paarung durch einen ein bis zwei Meter langen Gang ins Erdreich. Von diesem Gang zweigen Seitengänge ab, die schließlich zu einer Kammer führen, in welcher der Dung abgelagert wird, der zu kleinen kugelförmigen Gebilden geformt wird. Ihre Eier legen die Stierkäfer-Weibchen neben diese Dungkügelchen.

Vom Dung ernähren

Wenn dann die Larven schlüpfen, können sie sich von dem Dung ernähren. Die Verpuppung der Larven erfolgt etwa nach einem Jahr. Ihren Nachwuchs lernen die Stierkäfer-Eltern nicht mehr kennen, weil mit der Aufgabe, für Nachwuchs gesorgt zu haben, ihr Lebenssinn erfüllt ist.

Der RVR ist bereit, weitere Flächen an Schafhalter zu verpachten, wenn dadurch einem Tier der roten Liste bessere Lebensbedingungen geschaffen werden.

  • Bestimmte Landschaftsräume haben eine besondere Bedeutung für Lebensgemeinschaften oder Biotope wildlebender Tier- und Pflanzenarten oder aus wissenschaftlichen, natur- oder erdgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen.
  • Diese Eigenschaften gilt es zu erhalten und zu entwickeln. Solche Räume werden daher als Naturschutzgebiete festgesetzt. In den NSG soll die Nutzung naturverträglich erfolgen. Im Kreis Wesel sind derzeit rund 16.160 ha, das sind cirka 15,5 % des Kreisgebietes, als NSG festgesetzt.
  • Eine Liste mit 99 NSG des Kreises Wesel findet man im Internet unter www.dewiki.de (Suchworte: Naturschutzgebiete Kreis Wesel).
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