Beruhigt sich die Lage im Wolfsgebiet Schermbeck? Ein Blick in die Statistik des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) nährt diese Hoffnung. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres (das dritte Quartal ist noch nicht statistisch erfasst) wurden demnach sieben Nutztierrisse im Wolfsgebiet Schermbeck nachgewiesen − in fünf Fällen waren Wölfin “Gloria“ und ihr Bruder nachweislich für den Tod von Nutztieren verantwortlich. In einem Fall im Februar wurde in Bottrop die DNA eines weiteren männlichen Tieres aus dem Rudel Schermbeck nachgewiesen, in einem anderen Fall war dem LANUV eine Individualisierung des Angreifers nicht möglich.
Im gleichen Zeitraum des Jahres 2021 wurden beim LANUV elf verbriefte Nutztierrisse verzeichnet, auch hier gingen die Vorfälle überwiegend auf das Konto von „Gloria“ (GW954f) und ihrem Bruder (GW1587m). 2020 wurden zwischen Januar und Oktober 14 Nutztierrisse gezählt. Dass viele Tierhalter inzwischen beim Herdenschutz aufgerüstet haben, scheint sich auszuzahlen.
Frühzeitig Vorsorge treffen
Auch beim NABU ist man davon überzeugt, dass Schutzmaßnahmen sich lohnen. In seiner aktuellen Wolfsmail appelliert der Stadtverband Bottrop gemeinsam mit dem NABU Wesel an alle Weidetierhalter nördlich der Lippe, sich rechtzeitig Gedanken zu machen um einen besseren Schutz ihrer Tiere. Denn im Sommer dieses Jahres wurden im Dämmerwald ein Wolfsrüde und eine Fähe nachgewiesen. Rolf Fricke (NABU Bottrop) und Frank Boßerhoff (NABU Wesel): „Wir halten es für nicht ausgeschlossen, dass die beiden Tiere ein Paar sind, und es auch hier im nächsten Frühjahr Welpen gibt.“
Sollte sich diese „Wolfsfamilie“ niederlassen, würde der Kelch an den Weidetierhaltern rund um den Dämmerwald wohl kaum vorübergehen, meint Dr. Martin Steverding vom NABU Borken. „Man sollte rechtzeitig aus dem Schaden der Nachbarschaft lernen. Die Beratung der Landwirtschaftskammer in Anspruch nehmen, Material für wolfsabweisende Zäune beantragen und sie dann auch bauen.“ Selbst wenn die neuen Wölfe sich nicht endgültig ansiedeln würden, müsse man inzwischen überall in Deutschland mit einem Wanderwolf rechnen.
Wolf als Touristenmagnet?
Während sich Tierhalter den Wolf verständlicherweise weit weg wünschen, hat das Auftauchen des Wolfes inzwischen zu touristischen Auswüchsen geführt. Der NABU weiß zu berichten, dass es regelrechte „Wolfs-Safaris“ von Hobbyfotografen und Radfahrern gibt. Allerdings leben in den Wäldern nicht nur Wölfe unter strengem Schutz. Extrem störungsempfindliche Arten wie Feuersalamander, Baummarder und Uhus sind dort ebenfalls zu Hause und leiden unter den menschlichen Eingriffen in ihren Lebensraum.

Der Rummel um den Wolf hat bei vielen Menschen offenbar den Wunsch nach Fotos geweckt, die dann gern in sozialen Netzwerken geteilt werden. Deshalb finden sich immer mehr Fotofallen in den Wäldern, für deren Aufstellen es keine behördlichen Genehmigungen gibt, berichten die Experten vom NABU. Oftmals sei das verbotswidrige Aufhängen einer Fotofalle gleich noch mit einem weiteren Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz verbunden.
Anlocken ist verboten
In der Wolfsmail heißt es: „Auffällig bei einigen dieser Videoaufnahmen ist, dass die Wölfe vor der Kamera intensiv schnuppern.“ Das Anlocken von Wölfen mit Futter sei jedoch verboten. Das gelte auch für Duftstoffe.
Im Oktober und November hat es übrigens weitere Wolfrisse in Schermbeck, Dorsten und Hünxe gegeben, die bisher nicht statistisch erfasst, bzw. nicht abschließend untersucht wurden. Ob es sich bei dem im Dezember auf der A31 überfahrenen Tier tatsächlich um einen Wolf handelt, steht ebenfalls noch nicht zweifelsfrei fest.
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