
Der angeklagte Kaufmann aus Schermbeck kurz vor Prozessbeginn. Links: Verteidiger Dr. Johannes Dilling. Rechts: Verteidiger Nils Holtkamp. © Werner von Braunschweig
Giftige Ölpellets in Gahlener Tongrube - Neuauflage vor Gericht
Ölpellets
Seit mehr als zehn Jahren liegen in der Gahlener Tongrube illegal einplanierte Ölpellets. Die Frage der strafrechtlichen Verantwortung für den Giftskandal beschäftigt nun erneut das Gericht.
Die Entsorgung von mehr als 29.000 Tonnen Ölpellets in der Gahlener Tongrube ist seit Mittwoch (18.5.) erneut ein Fall für die Justiz. Fast vier Jahre nach seiner später vom Bundesgerichtshof (BGH) wieder gekippten Verurteilung zu drei Jahren und neun Monaten Haft muss sich ein Kaufmann (53) aus Schermbeck erneut vor dem Bochumer Landgericht verantworten. Zum Auftakt gab es auf Seiten des Angeklagten zu den Vorwürfen noch keine Erklärung.
Angestoßen wurde die Neuauflage vor der 13. Strafkammer durch eine erfolgreiche Revision der Bochumer Staatsanwaltschaft, die nach wie vor von einem vorsätzlichen Vorgehen des Ex-Gahleners ausgeht. Im ersten Urteil vom 2. Oktober 2018 waren die Richter dagegen „nur“ von fahrlässigem unerlaubten Umgang mit Abfällen ausgegangen.
Verkippt und einplaniert
Die Vorwürfe haben auch nach all den Jahren nichts von ihrer Wucht verloren: Gemeinsam mit dem früheren Prokuristen der Firma Nottenkämper ließ der Kaufmann laut Anklage „von April 2010 bis zum 6. September 2013 circa 29.255,89 Tonnen eines Gemisches aus Ölpellets mit anderen Abfällen zur Tongrube in Schermbeck/Hünxe befördern, dort verkippen und einplanieren“.
Der Angeklagte war mit einer Firma für die „Absteuerung“ von Ölpellets (einem Abfallprodukt im Zuge von Schwerölvergasung) aus einer Raffinerie in Gelsenkirchen-Scholven zuständig.
Nach mehreren Brände in Lagern soll der Angeklagte unter Abnahme-und-Absatz-Druck gestanden haben und so einen alternativen Weg zur Entsorgung gesucht haben.
Matschig weiche Konsistenz
Gemeinsam mit ehemaligen Mitangeklagten sollen die Ölpellets zur Verschleierung unter anderem mit Recyclingsand vermischt und später in der Gahlener Tongrube einplaniert worden sein. „Die Ölpellets waren aber weder für eine Ablagerung beziehungsweise Deponierung in der Tongrube, noch für eine dortige Verwertung bei der Oberflächengestaltung des Geländes geeignet, weil sie eine zu matschige weiche Konsistenz und einen zu hohen Anteil an Organik aufwiesen“, heißt es in der Anklage.
Und auch mit Blick auf die Vorsätzlichkeit des Handelns des Ex-Gahleners lässt die Anklage keinen Zweifel aufkommen: „Der Angeklagte handelte, um sein auf ein sittlich anstößiges Maß gesteigertes Gewinnstreben zu befriedigen.“ Klares Ziel sei gewesen, „die Umweltverwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden zu täuschen und planvoll und ausgeklügelt das Umweltrecht zum Zwecke der Gewinnmaximierung zu umgehen.“
Für den Prozess gegen den Ex-Gahlener Kaufmann sind noch 19 weitere Verhandlungstage bis zum 31. August anberaumt. Auch gegen den früheren Nottenkämper-Prokuristen, Ende 2021 in Bochum wegen Bestechung verurteilt, steht im Ölpellets-Komplex noch eine separate Entscheidung an.