Die Angeklagten verfolgten die Urteilsbegründung mit rollenden Augen.

© Martin von Braunschweig

Rocker aus Schermbeck als Vize-Chef der Bandidos verurteilt

rnUrteil im Rocker-Prozess

Ein Jahr, sechs Monate und fünf Tage hat das Hagener Landgericht gegen einen Rocker aus Schermbeck und zwei Komplizen verhandelt. Das Urteil wird in der Szene für Aufsehen sorgen.

Schermbeck

, 26.04.2022, 14:51 Uhr / Lesedauer: 2 min

Als das Verfahren im Oktober 2020 begann, saßen noch fünf Rocker auf der Anklagebank. Gegen einen wurde das Verfahren schon vor einigen Monaten gegen Zahlung einer Geldauflage von 25.000 Euro eingestellt. Ein weiterer wurde zur gleichen Zeit unter anderem wegen versuchten Mordes zu acht Jahren und vier Monaten Haft verurteilt.

Der Rocker hatte in Köln mit einem Maschinengewehr auf ein Café geschossen und dabei nur durch Zufall niemanden getroffen. Das Lokal galt als Szene-Treffpunkt der Hells Angels.

Schüsse in Köln

Mit dieser Tat hatten die verbliebenen drei Angeklagten aus Sicht der Richter unmittelbar nichts zu tun. Im Prozess erhärtete sich der ursprüngliche Verdacht, dass die Pläne für den Anschlag in ihrem Beisein im Schwerter Clubhaus der Bandidos geschmiedet wurden, nicht.

Verurteilt wurde das Trio trotzdem - wegen Bildung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. Mindestens die Bandidos-Chapter in Hagen und Köln seien in den Jahren 2018 und 2019 kriminell gewesen, so die Urteilsbegründung. Und das gelte dann eben auch für die ihnen übergeordnete „Federation West-Central“, denen die Angeklagten angehörten.

Gründer der Bandidos in Deutschland

Der Rocker aus Schermbeck hatte es aus Sicht der Richter in dieser Dachorganisation zu einer Art „Vize-Chef“ gebracht. „Er war in allen relevanten WhatsApp-Gruppen vertreten und beriet den Vorsitzenden in allen Fragen“, sagte Richter Bernhard Kuchler.

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Zusammen mit dem mitangeklagten und ebenfalls verurteilten Vorsitzenden soll der inzwischen 58-Jährige sogar die Bandidos in Deutschland gegründet haben. Dazu haben die beiden Männer sogar ein Buch geschrieben. Titel: „Ziemlich böse Freunde“.

Illegale Waffen gekauft

Die Beratung erstreckte sich aus Sicht der Kammer auch für den Ankauf illegaler Waffen, die innerhalb der „Federation West-Central“ verteilt werden sollten.

Der Schermbecker wurde schließlich zu zwei Jahren Haft verurteilt, sein noch höherrangiger Komplize zu vier Jahren Haft und ein weiterer Rocker zu eineinhalb Jahren Haft.

In allen Fällen schlossen die Richter eine Aussetzung der Strafe zur Bewährung aus. Ins Gefängnis muss der Schermbecker dennoch nicht mehr. Er hat seine Strafe inzwischen in Form von Untersuchungshaft verbüßt.

Revision angekündigt

Klar ist, dass die Verteidiger gegen das Urteil Revision einlegen werden. Denn die Einstufung von Rocker-Gruppen als kriminelle Vereinigungen im Sinne des Gesetzes könnte weitreichende Folgen für die Szene haben. Sowohl die Bandidos-Chapter in Hagen und Köln als auch die „Federation West-Central“ sind jedoch inzwischen ohnehin verboten worden.

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