Die Schermbecker und Raesfelder Landwirte sind genervt und wollen ein Zeichen setzen, dass es so nicht weitergehen kann. Aus diesem Grund fahren sie am Montag, 8. Januar, mit Schleppern und Traktoren vor. Bundesweit haben die Landwirte zu einer Protestwoche aufgerufen. Auch die Schermbecker und Raesfelder Landwirte beteiligen sich.
Schermbecker Treffpunkt
In Schermbeck ist die Demonstration für Montag, 8. Januar um 10 Uhr an der B58/Weseler Straße in Schermbeck Damm (etwa auf der Höhe von Heyne Karosseriebau) angesetzt. Ordnungsgemäß haben sie ihre Demonstration bei der Polizei angekündigt. Laut Landwirt Rainer Kremer sind bis zu 20 Schlepper angemeldet. Weitere können hinzu kommen.
Gerade in diesen Zeiten würden Landwirte vor großen Herausforderungen stehen. Erst die lange Trockenheit in vergangenen Jahren, dann der viele Regen seit etwa September 2023: Die Situation sei unberechenbar geworden. Nun auch noch die geplanten Sparpläne der Regierung. Für die Bauern ist das Fass voll. Sie sind wütend und möchten sich gegen die Pläne der Bundesregierung, Subventionen in der Landwirtschaft zu streichen, wehren.
„Ich würde gerne ganz ohne die Subventionen auskommen“, erklärt Ortsverbandsvorsitzender Lukas Bonhoff aus Raesfeld vom Westfälisch-Lippisch Landwirtschaftsverband, kurz WLV. Allerdings hält er das für unwahrscheinlich, weil sich sein Betrieb allein durch den Verkauf landwirtschaftlicher Produkte nicht tragen könne.
Protest der Raesfelder
Im Kreis Borken tun sich die Ortsverbände zusammen. Sie rechnen mit rund 100 Traktoren, die an verschiedenen Stellen hinzu kommen. Die Raesfelder Landwirte haben sich mit rund 20 Schleppern angekündigt und fahren zum B70 LKW Parkplatz (in Borken beim Restaurant Estia), von wo aus sie ihre zugewiesene Route durch Borken starten. Die Aktion soll laut WLV von 10.30 bis 14 Uhr dauern. Start- und Treffpunkt für die Raesfelder Landwirte ist am Montag, 8. Januar, um 9.30 Uhr am Vennekenweg 6 (Agravis). Auch hier sind weitere Demonstranten willkommen. Die aktuelle Route für Raesfeld ist unter dem Link www.wlv.de/schlepperdemos-borken-routen abrufbar.
Friedliche Demonstration
Sie sprechen sich für eine friedliche Demonstration aus und hoffen, dass keiner auf die Idee kommt, Krawall zu machen. Auch die Aktion gegen den Wirtschaftsminister Robert Habeck sei laut Lukas Bonhoff „völlig daneben“ gewesen. Bonhoff möchte bewirken, dass er auch in Zukunft mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb seine Familie ernähren kann. Der Verband will sich politisch nicht auf eine Seite stellen und irgendeiner Partei persönlich etwas ankreiden. So sprechen sich die Landwirte klar gegen eine Radikalisierung aus und distanzieren sich von rechten Gruppierungen, von denen befürchtet wird, dass sie die Proteste der Bauern für ihre Zwecke missbrauchen.
Einheitliche Regeln
Am Ende helfen die Landwirte, wo Hilfe gebraucht wird, erklärt Rainer Kremer aus Schermbeck. Das habe sich nicht zuletzt auch beim Hochwasser an der Lippe gezeigt, wo er und andere Landwirte mit ihren Schleppern ankamen und den Menschen auf den Höfen halfen, die vom Wasser eingeschlossen waren. Die Wertschätzung der Bevölkerung sei da. Das würden sie sich auch von der Ampelkoalition wünschen. Lukas Bonhoff spricht von EU-weit einheitlicheren Regeln und weniger bürokratische Hürden für kleinere Betriebe.
Das größte Problem sehen Landwirte im Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Ländern in der EU: „Der Wettbewerb ist deutlich verzerrt“, so Matthias Kremer. „Wir fordern den Status Quo zurück“, erläutert sein Vater Rainer Kremer, Sprecher der Schermbecker Landwirte. In ihren Augen handelt die Regierung willkürlich und am Ende müsse der Verbraucher die Kosten im Geschäft tragen. Die Diesel-Steuern sollten dazu dienen, Straßen in Ordnung zu halten. Doch der Zufahrtsweg zum Hof ist mit Schlaglöchern übersät und mit ihren Treckern seien sie nicht auf der Straße, sondern auf einem Acker unterwegs. Wenn es um die Mehrkosten geht, sprechen die Landwirte nicht von 500 Euro Erhöhung, sondern im Fall von Familie Kremer von 20.000 Euro.
Berufsstand einig wie nie
So ist der Sparplan der Regierung in ihren Augen nur die Spitze vom Eisberg, die Anlass gab, um zu demonstrieren, denn ihnen reicht es: „Wir fühlen uns langsam verarscht“, sind sich die Landwirte einig. „Sie wollen uns was wegnehmen und anderswo mit einem Sack voll Geld um die Welt reisen“, kritisiert Kremer. Die Schermbecker haben das Gefühl, dass viel Geld in Projekte von anderen Ländern gesteckt wird. So hatte Deutschland allein Peru viele Millionen Euro zugesagt. Die Landwirte stellen eine Gegenfrage: „Wie viel Geld bekommen wir aus anderen Ländern? Wie viel bekommen wir, um unsere Probleme zu bezahlen“, fragen sie.
Etwas Gutes haben die Bauernproteste ihrer Ansicht nach: „Unser Berufsstand ist sich so einig wie nie. Das ist ein Phänomen.“ Und sie kündigen an: „Wenn das jetzt nicht klappt, rappelt das noch einmal“ - die Rede ist „von einem großen Finale“. Das soll aber friedlich vonstattengehen. Zwei Stunden möchten die Schermbecker Landwirte an ihrem Treffpunkt Präsenz zeigen und friedlich auf ihr Anliegen hinweisen.
Hinweis der Kreispolizei
Im Kreis Wesel sind 18 Versammlungen angemeldet worden. Diese beginnen in den frühen Morgenstunden ab 5.30 Uhr und werden sich schätzungsweise über den Tag und den Kreis erstrecken, so die Kreispolizeibehörde Wesel. „Da am Montag auch wieder der erste Schultag in NRW ist und ebenfalls ein Warnstreik im ÖPNV droht, rechnet die Polizei mit einer massiven Beeinträchtigung des Verkehrs.“
Auch Polizeidirektor und Einsatzleiter Thomas Funke der Kreispolizei Borken rechnet mit 1100 Fahrzeugen im Kreis Borken. „Ich appelliere an alle Verkehrsteilnehmer, sich auf die Situation vorzubereiten, alternative Verkehrsmittel zu nutzen oder nach Möglichkeit ganz auf Fahrten in den betroffenen Bereichen zu verzichten,“ so Einsatzleiter Thomas Funke.
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