
Für Marion Grewings Gartenfläche in Schermbeck, die nicht bebaut werden darf, setzte der Gutachterausschuss einen Bodenrichtwert von 250 fest. © Berthold Fehmer
Marion Grewing ärgert sich über hohen Bodenrichtwert auf Gartenfläche
Grundsteuer
Als Garten hat Marion Grewing eine Fläche im Ortskern verpachtet. Bauen darf sie dort nicht. Trotzdem wurde ein Bodenrichtwert von 250 zugewiesen wie bei ähnlichen benachbarten Flächen.
Als die Gemeinde Marion Grewing die Daten des Schermbecker Grundstücks für die Grundsteuererklärung zuschickte, freute sich die 59-jährige Raesfelderin erst: „Jetzt habe ich über Nacht baureifes Land. Wie schön ist das denn?“ Ein Blick ins Portal grundsteuer-geodaten.nrw.de scheint das zu bestätigen. „Entwicklungszustand: Baureifes Land“ steht dort für Grewings Parzelle eingetragen. Und „Nutzungsart: Wohnbaufläche“.

Auf der Karte des Portals grundsteuer-geodaten.nrw.de haben wir die Fläche von Marion Grewing gelb markiert. Die Gartenfläche liegt in einer Bodenrichtwertzone, die mit 250 festgesetzt wurde (ebenfalls gelb markiert). © grundsteuer-geodaten.nrw.de
Die Fläche sei schon lange im Familienbesitzt, sagt Grewing. Jetzt gehört sie ihr und ihrem Bruder. Konkret geht es um ein Grundstück am Weg „Hinter der Mauer“, fast 600 Quadratmeter groß im Ortskern Schermbecks. Nur wenige Meter von der Einkaufsmeile Mittelstraße entfernt. Keine Frage: Bei so einer Lage würden sich reichlich Interessenten finden, die hier ein Wohnhaus bauen würden.
Fläche darf nicht bebaut werden
Als Grewing bei der Gemeinde nachhakte, erhielt sie aber die Antwort, die sie schon seit 2007 kennt: An dieser Stelle und auch auf den Grundstücken daneben darf nicht gebaut werden. Das wurde vom Planungsausschuss 2007 einstimmig beschlossen. Auch weil dort ein Bodendenkmal, die alte Stadtmauer, liegt.
Aber warum wurden diese Fläche und auch die danebenliegenden Grünflächen vom Gutachterausschuss für Grundstückswerte bei 250 eingestuft? Zum Vergleich: An der Mittelstraße sind es 350. Teurer wird es in Schermbeck nicht.
Grewing ging von einem Fehler beim Gutachterausschuss aus. Der für sie teure Folgen haben könnte, wenn sie künftig Grundsteuern für die Parzelle bezahlen müsste, als würde darauf ein Haus stehen. Dr. Mirko Daniels, stellvertretender Sprecher des Ministeriums der Finanzen des Landes, schreibt auf Anfrage der Redaktion, dass die Finanzämter nicht die Richtigkeit von Bodenrichtwerten überprüfen könnten, „da die Ermittlung den Gutachterausschüssen obliegt“. Einwände gegen Bodenrichtwerte seien beim Gutachterausschuss vorzubringen.
Gemeinde regt „Optimierung“ an
Marion Grewing wandte sich an die Gemeinde Schermbeck. Die regte beim Gutachterausschuss an, die Bodenrichtwertkarte zu „optimieren“. In einer Antwort teilte der mit, das man derzeit „eine Vielzahl von Nachrichten“ erhalte, in denen Betroffene schilderten, dass ihre Grundstücke nicht mit dem Bodenrichtwert hinsichtlich eventuell zulässiger Nutzungen entsprächen. Bodenrichtwertzonen seien aber so abzugrenzen, „dass lagebedingte Wertunterschiede zwischen den Grundstücken, für die der Bodenrichtwert gelten soll, und dem Bodenrichtwertgrundstück grundsätzlich nicht mehr als 30 Prozent betragen“, so der Gutachterausschuss.
Und was ist dann mit dem Friedhof im fraglichen Gebiet, der einen Wert von 13 hat? Anja Schulte vom Kreis Wesel antwortet auf Anfrage, dass es bei solchen Gemeinbedarfsflächen Handlungsempfehlungen gebe, nach Möglichkeit eigene Zonen zu bilden.
Viel wichtiger für Marion Grewing ist aber die Antwort von Jochen Hansens, dem Vorsitzenden des Gutachterausschusses. Der schrieb ihr auf ihre Kritik zur Bodenrichtwertzone, dass er sich für die Anregung bedanke und sie in die künftigen Beratungen zu Bodenrichtwertzonen in Schermbeck einfließen lassen wolle.
„Bodenrichtwert gilt nicht für diese Grundstücke“
Hansens: „Einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile mit einer vom Bodenrichtwertgrundstück abweichenden Art der Nutzung oder Qualität, wie zum Beispiel Grünflächen, Waldflächen, Wasserflächen, Verkehrsflächen oder Gemeinbedarfsflächen, können Bestandteil der Bodenrichtwertzone sein.“ Der wichtigste Satz für Marion Grewing: „Der dort angegebene Bodenrichtwert gilt nicht für diese Grundstücke.“
Für Grewing steht damit fest: „Ich werde 0 Euro eintragen. Und dann sollen sie beim Finanzamt machen, was sie wollen.“ Grewing findet: „Eigentlich müssten die Leute, denen solche Flächen gehören, gewarnt werden.“ Rainer Eickelschulte, Chef des Schermbecker Planungsamts, empfiehlt jedem Immobilienbesitzer, die Daten kritisch zu prüfen, bevor sie dem Finanzamt übermittelt werden.
Berthold Fehmer (Jahrgang 1974) stammt aus Kirchhellen (damals noch ohne Bottrop) und wohnt in Dorsten. Seit 2009 ist der dreifache Familienvater Redakteur in der Lokalredaktion Dorsten und dort vor allem mit Themen beschäftigt, die Schermbeck, Raesfeld und Erle bewegen.
