Früh zeichnete sich ab, dass das Wasser näher kommt. Schon am zweiten Weihnachtstag wollte Wilhelm Haferkamp als Eigentümer seinen Hof ganz am Ende der Straße „Im Aap“ in Schermbeck-Gahlen schützen.
Eigentlich liegt sein Hof mit einem Café idyllisch zwischen der Lippe und dem Wesel-Datteln-Kanal. Auf seinem Gelände sind auch die Feldbahnfreunde Schermbeck und Gahlen beheimatet, bei denen er selbst Mitglied ist. Damit wohnt er aber auch direkt in einem Überschwemmungsgebiet.
Sie wohnen seit Jahrzehnten hier. Elementarschäden können in Überschwemmungsgebieten nicht versichert werden, womit nun auch die Evangelische Kinder- und Jugendfreizeitstätte vor Schwierigkeiten steht. Die hat es besonders hart getroffen.
Von Gemeinde im Stich gelassen
Wilhelm Haferkamp fühlt sich von der Gemeinde Schermbeck im Stich gelassen. Er habe schon am zweiten Weihnachtstag gefragt, ob an einer bedrohlichen Stelle nicht ein Damm von einem halben Meter aufgebaut werden könne. Allerdings sei er mit seinem Vorschlag auf den nächsten Tag vertröstet worden - und dann war es zu spät
Allein das Haus des Hausmeisters der Evangelischen Kinder- und Jugendfreizeitstätte sei im Kellergeschoss bis unter die Decke geflutet worden: „Das hätte nicht sein müssen, wenn der Damm früher gebaut worden wäre“, kritisiert Wilhelm Haferkamp.
Dann hätte es womöglich nicht einmal die Evakuierung gebraucht. Hals über Kopf hätte er das Haus erst verlassen müssen - und am Sonntag (31. Dezember) kam der Anruf, dass die Evakuierung zwar aufgehoben sei. Die direkte Zufahrtsstraße zu den Häusern bleibe aber weiterhin gesperrt: „Die Anwohner hier sind wütend“, erklärt er.

„Keiner lässt sich hier von der Gemeinde Schermbeck sehen“, bemängelt er. Einzig der Politiker Stefan Steinkühler (Bündnis 90/Die Grünen) habe zwischendurch mit ihm und anderen Betroffenen vor Ort gesprochen. Den Antrag auf eine außerordentliche Ratssitzung der Partei „Die Grünen“ halte er für richtig.
Dankbar ist er der Nachbarschafts- und Dorfhilfe, für die Hilfe derjenigen, die hier selbst mit angepackt und unermüdlich gepumpt haben. Für die Landwirte, die mit Traktoren und Ladestapler angerückt sind, um das Wasser zurückzudrängen: „Der Krisenstab ist ein Armutszeugnis“, meint er. Das Krisentelefon habe er lange gar nicht erreichen können.
Statement von Gerd Abelt
Gerd Abelt, Pressesprecher der Gemeinde Schermbeck, teilte auf Anfrage der Redaktion mit, dass er persönlich seit Heiligabend 2023 im steten Austausch mit dem Ordnungsamt gewesen sei und sich stets über die Hochwassersituation informiert habe. Nachdem der Krisenstab am 31. Dezember beschloss, die Evakuierung aufzuheben, habe die Gemeinde Schermbeck persönlich Kontakt zu den Betroffenen aufgenommen.
Die Straße sei gesperrt worden, um „Hochwassertouristen“ fernzuhalten und weil die Fahrbahn nicht gesichert sei. Anlieger dürfen seit Sonntag zu ihren Häusern fahren. Das Bürgertelefon sei nur in den mitgeteilten Zeiten erreichbar gewesen und wurde am 31. Dezember ab 21 Uhr aufgrund des sinkenden Pegels komplett abgestellt worden.
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