Wölfin Gloria soll getötet werden Dorstener Berufsjäger erklärt die Probleme dahinter

Wölfin Gloria soll getötet werden: Berufsjäger erklärt die Probleme
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Sechs Risse schreibt das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) Gloria zwischen dem 27. September und dem 24. Oktober zu. Es ist das Comeback der Problemwölfin, die seit mehreren Jahren im Wolfsgebiet Schermbeck umherstreift. Geht es nach dem Land NRW, soll dies bald Geschichte sein. Glorias Abschuss wird vorbereitet.

Für Hermann Wolff, Berufsjäger und Wolfsberater aus Dorsten, bringt dieses Vorhaben allerdings noch eine ganze Menge Probleme mit sich. Wolff spricht aus Erfahrung. Als Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Berufsjäger (BDB) hat er sich in anderen Bundesländern mit geplanten Abschüssen von Problemwölfen beschäftigt. „Dass sich das einmal unmittelbar vor meiner Haustür erleben könnte, habe ich nicht gedacht“, erzählt er.

Gloria lässt sich nicht identifizieren

Wolff erklärt das erste Problem: „Rein optisch lässt sich Gloria nicht identifizieren und von anderen Wölfen unterscheiden.“ Ein Schuss falle demnach lediglich „nach bestem Wissen und Gewissen“. Auch andere Wölfe, die im Wolfsgebiet Schermbeck beheimatet sind, könnten also geschossen werden. Nur ein Gennachweis könne zeigen, ob Gloria wirklich getroffen worden ist.

Noch ist unklar, wer Wölfin Gloria überhaupt schießen dürfte.
Noch ist unklar, wer Wölfin Gloria überhaupt schießen dürfte. (Symbolbild) © dpa

Ein weiteres Problem, so Wolff: „Es ist noch gar nicht klar, wer überhaupt schießen dürfte.“ Der Wolf gehöre in NRW nicht zum Jagdwild. Daher dürfe er auch nicht von Jägern in deren Revieren geschossen werden. Rein fachlich gesprochen würde Gloria also nicht „gejagt“, sondern „der Natur entnommen“ werden.

Dafür müsste jemand vom Ministerium beauftragt werden. „Und derjenige muss es dann auch noch machen wollen“, sagt Wolff. Der Berufsjäger und Wolfsberater spielt dabei auf den Zwist zwischen Wolfsschützern und Wolfsgegnern an.

Gloria hat Jagdverhalten weitergegeben

Ob das Problem der Tierrisse durch Glorias Abschuss behoben wäre, sei zudem fraglich, meint Wolff. Schließlich habe Gloria ihr Wissen an ihre Nachkommen weitergegeben. Und damit auch die Fähigkeit, über Herdenschutzzäune zu springen, um beispielsweise Schafe zu reißen. Um das zu verhindern, müsste man daher „logischerweise das ganze Rudel auslöschen“. So hätten es unter anderem Experten aus Kanada erklärt.

Ob das Umweltministerium also zeitnah das finale „Go“ für Glorias Abschuss erteilt? „Warten wir es ab“, meint Wolff. „Mal sehen, was die Gerichte dazu sagen.“

Unterdessen haben sich erste Organisationen zu den Vorbereitungen geäußert, darunter die NABU-Ortsgruppen im Wolfsterritorium Schermbeck (Borken, Bottrop, Wesel).

In einer Pressemitteilung lässt sich Frank Boßerhoff vom NABU Wesel zitieren: „Für uns bleibt abzuwarten, ob die artenschutzrechtlich Ausnahmegenehmigung einer juristischen Prüfung Stand hält. In jüngster Vergangenheit wurden solche Vorhaben schon mehrfach gerichtlich gestoppt.“

NABU: Dem Rudel fehlt „erfahrene Ernährerin“

Rolf Fricke vom NABU Bottrop äußert die Sorge, dass sich durch Glorias Tod das Rudel „auflöst und erlischt“. „Das wäre für eine streng geschützte Tierart ein schwerer Verlust für die lokale Population in NRW.“ Außerdem fehle der Wolfsfamilie eine erfahrene Ernährerin: „Vermehrte Übergriffe auf Nutztiere oder verhungernde Jungtiere können die Folge sein.“

Der Abschuss von Gloria sei nicht zielführend, meint auch der BUND NRW. So erklärt der Landesvorsitzende Holger Sticht: „Die Diskussion um die Wölfin Gloria ist vor Gericht bereits ausführlich geklärt worden. Um Konflikte zwischen Tierhaltern und dem heimischen Wolfsrudel zu lösen, brauchen wir jetzt keinen Aktionismus und kein Bauernopfer, sondern nachhaltige Lösungen.“

Aus seiner Sicht sei eine Koexistenz von Weidetierhaltung und Wolf möglich. Und zwar mit „einen landesweiten, flächendeckenden und effektiven Herdenschutz“. Dieser sei bislang in den meisten Fällen von Nutztierrissen unzureichend oder gar nicht vorhanden gewesen.

Grüne befürworten Glorias Abschuss

Der Schermbecker Ortsverband von Bündnis 90/Die Grünen schreiben hingegen in einer Mitteilung: „Die Genehmigung zum Abschuss ist mehr als überfällig.“ Eine rechtzeitige Entnahme hätte verhindert, dass Gloria ihr Jagdverhalten an ihre Welpen weitergibt.

Die Partei führt weiter aus, dass der Herdenschutz von 2018 bis heute Unsummen an Geld verschlungen habe. Die Risse aus der jüngsten Vergangenheit hätten allerdings gezeigt, „dass es keine friedliche Koexistenz zwischen Mensch und Wolf geben kann, schon gar nicht in so einem dicht besiedelten Bundesland wie NRW.“

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