Ein Erlass des Umweltministeriums des Landes NRW fordert vom Kreis Wesel zahlreiche Untersuchungen, die die Tongrube der Firma Nottenkämper im Schermbeck-Hünxer Grenzbereich betreffen.

© Helmut Scheffler (A)

Dickes Aufgabenpaket für den Kreis im Umweltskandal

rnÖlpellets-Skandal

Ein dickes Aufgabenpaket zur ehemaligen Gahlener Tongrube muss der Kreis Wesel auf Geheiß des Umweltministeriums abarbeiten. Wer am Ende bezahlt, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten.

Schermbeck

, 05.01.2021, 08:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Nach dem im November vorgestellten Gutachten, das der Diplom-Geologe Dr. Michael Kerth im Auftrag der Umweltministerin Ursula Heinen-Esser erstellte, reichen die bisherigen Maßnahmen nicht zur dauerhaften und vollständigen Sickerwassererfassung an der Tongrube, in der tonnenweise giftiges Material verbuddelt wurde, nicht aus. Was nun alles erforderlich ist, soll durch Untersuchungen geklärt werden.

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Viel Zeit bleibt dem Kreis Wesel nicht. „Ich bitte um Ihren Bericht über das Konzept zur weiteren Vorgehensweise bis zum 29.1.2021“, formulierte der Ministerialdirigent Hans-Jörg Lieberoth-Leden in seinem Schreiben an den Kreis Wesel. Außerdem wurde gebeten, „über die Umsetzung und die bewerteten Ergebnisse dieser Untersuchungen halbjährlich zu berichten.“

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Das Ministerium listet ein umfangreiches Untersuchungspaket auf, das sich mit acht Themenkomplexen befasst, die wiederum bis zu acht Teilaufgaben beinhalten. Die erste Überprüfung befasst sich mit dem Nachweis, ob ein Sickerwasserübertritt in die Randgräben stattfindet.

Das Ministerium fordert dazu systematische Begehungen und Kartierungen bei Trockenwetter im Frühjahr, Sommer und Herbst, gezielte Messungen der elektrischen Leitfähigkeit und Temperatur im Grabenwasser und in vermuteten Sickerwasserzutritten, gezielte Entnahmen von Wasserproben und Labor-Untersuchungen sowie eine stichprobenhafte Beprobung und Untersuchung von stark eisenhaltigem Grabensediment auf Metalle.

Grund- und Sickerwasser wird überprüft

Bei der zweiten Untersuchung geht es um die hydraulische Wirkung der Zwischenabdichtung, die trotz einer nachträglich genehmigten weiteren Verfüllung nicht entfernt worden war. Zur Untersuchung der Geohydraulik im Bereich des durch den Abbau angeschnittenen Abschnitts der Lintforter Schichten ordnet das Ministerium auch Untersuchungen an, um zu klären, ob Grundwasser in die Verfüllung eintreten oder Sickerwasser austreten kann.

Mit der Wirksamkeit der bestehenden Oberflächenabdichtung befassen sich vier Untersuchungsforderungen des Ministeriums. Da zur Herstellung der Randabdichtung keine Nachweise vorliegen, fordert das Ministerium Untersuchungen zur nachträglichen Eignung der Randabdichtung ein.

Drei weitere Untersuchungsmaßnahmen befassen sich mit dem Deponiegas, mit der Klärung der geochemischen Prozesse in der Verfüllung und mit der Klärung des Schadstoffpotenzials der Verfüllung.

Auswirkungen auf Bäche und Gräben?

Da die Abschätzung der Gefährlichkeit für Fließgewässer nicht Gegenstand des Gutachtens war, ordnet das Ministerium den Kreis Wesel an, diese vom LANUV empfohlene Maßnahme durchzuführen. Dazu sei zu ermitteln, „inwieweit Verbindungen zwischen den Randgräben und dem Gartroper Mühlenbach und/oder dem Steinbach bestehen.“

Offen bleibt im Gutachten, wer die Kosten für resultierende Maßnahmen tragen soll, die rund 50 Millionen Euro kosten könnten. Auf Anfrage teilte der Kreis Wesel mit: „Nach den Vorgaben des hier vorrangig anzuwendenden Bundesbodenschutzgesetzes sind der Verursacher sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück zur Beseitigung von Umweltschäden mit daraus resultierender Kostentragungspflicht verpflichtet.“

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Die Entscheidung, welcher dieser nebeneinander gleichrangig Verpflichteten in Anspruch genommen werde, treffe die Behörde als Ermessensentscheidung. Der Kreis: „Der Verpflichtete wird im Regelfall mittels einer Ordnungsverfügung zum Ergreifen der erforderlichen Maßnahmen verpflichtet. Kommt er seiner Verpflichtung nicht nach, kann die Behörde den Schaden im Wege der Ersatzvornahme selbst beseitigen und die entstehenden Kosten von dem Verpflichteten zurückfordern. Soweit der Verpflichtete freiwillig dazu bereit ist, können die in einer Ordnungsverfügung zu treffenden Maßnahmen und Kosten auch im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrages geregelt werden.“

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Dass „die Firma Nottenkämper als Betreiberin der Tongrube primär in Anspruch genommen werden muss, versteht sich von selbst“, so das Gahlener Bürgerforum. Dies werde die finanziellen Möglichkeiten der Firma Nottenkämper übersteigen, hatte Florian Schanz (SPD) bereits Anfang Dezember im Umweltausschuss gemutmaßt.

Mit der Firma Nottenkämper und dem Grundstückseigentümer, dem Freiherren von Nagell, kämen als Zahler noch die „Drahtzieher“ des Umweltskandals persönlich sowie die Firmen infrage, die bei der Erzeugung und Verarbeitung von Ölpellets, Kronocarb oder Eisensilikatsand beteiligt gewesen seien, die in der Tongrube verbuddelt wurden.

Diese Firmen waren beteiligt

Das Bürgerforum führt dabei die Remondis-Tochter Remex als Nachfolgegesellschaft der insolventen RZB GmbH, die RC Ruhrcarbon GmbH, die Ruhr Oel GmbH/BP, die Kronos Titan GmbH, die PK Rohstoffe GmbH (vormals Possehl Kehrmann) und die Aurubis AG auf.

Auch müsse man die Frage stellen, „ob es nicht auch beim Kreis Wesel Verantwortliche gibt oder gab, die mindestens grob fahrlässig ihrer Überwachungspflicht nicht nachgekommen sind“, so das Bürgerforum.

Ralf Lange, Mitglied der „Engagierten Bürger Hünxe“, und Stefan Steinkühler, Sprecher des „Gahlener Bürgerforums“ (v.l.) sind besorgt über die Sickerwassererfassung und -aufbereitung im Umfeld der Deponien im Gahlener Heisterkamp.

Ralf Lange, Mitglied der „Engagierten Bürger Hünxe“, und Stefan Steinkühler, Sprecher des „Gahlener Bürgerforums“ (v.l.), sind besorgt über die Sickerwassererfassung und -aufbereitung im Umfeld der Deponien im Gahlener Heisterkamp. © Helmut Scheffler

Hamlet Schöpgens, Matthias Rittmann und Dr. Stefan Steinkühler: „Deswegen glauben wir schon, dass für die möglichen Sanierungskosten in Höhe von etwa 52,5 Millionen Euro genug Personen – juristische und/oder natürliche – zusammenkommen, die für den Schaden haften, bevor er auf die Allgemeinheit zurückfällt.“ Der Kreis Wesel habe die Pflicht, entsprechende Ansprüche zu prüfen.

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