Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte am Freitag (9. Februar) bestätigt, dass Wölfin Gloria nicht abgeschossen werden darf. „Dieses Urteil werten wir von Wolfsschutz-Deutschland auch als Sieg für den Natur- und Wolfsschutz, als Zeichen gegen Lobbypolitik und als wichtiges Signal an unwillige Weidetierhalter und schießfreudige Jäger“, zeigt sich der Verein erleichtert.
Die Allgemeinverfügung, mit der der Kreis Wesel mit Unterstützung des Umweltministeriums kurz vor Weihnachten den Abschuss ermöglichen wollte, hätte sowieso nur bis zum 15. Februar gegolten, weil dann die Paarungszeit der Wölfe wieder beginnt.
Dass ein Abschuss innerhalb des Zeitraums noch erfolgen könnte, wurde spätestens mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf höchst unwahrscheinlich, die nun vergeblich angefochten wurde.
Niedersachsen prescht vor
Schnellabschüsse plant hingegen derzeit Niedersachsen. Dort will man das von Bundesumweltministerin Steffi Lemke in Betracht gezogene Verfahren anwenden. Wo Wölfe wiederholt gut geschützte Nutztiere angreifen, soll innerhalb von 21 Tagen in einem Umkreis von 1.000 Metern auf Wölfe geschossen werden dürfen. Unabhängig von der Auswertung der DNA-Probe und davon, ob man den „richtigen“ Wolf vor dem Visier hat. Laut Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer soll die entsprechende Verordnung im Sommer in Kraft treten.
Dagegen protestiert Wolfsschutz-Deutschland „auf das Schärfste“. „Schnellabschüsse werten wir als nichts anderes als eine Abkehr von evidenzbasierter Wissenschaft, einen Rückfall ins Mittelalter sowie eine Scheinlösung für Bauern.“
Verein zitiert Experten
Der Verein beruft sich dafür auf Dr. Carsten Nowak, den Leiter des Zentrums für Wildtiergenetik am Senckenberg-Standort Gelnhausen und verantwortlich für die genetische Untersuchung von Wolfsproben in Deutschland. Hunderte von Proben aus Schermbeck und der Region wurden dort bereits untersucht.
Nowak spricht sich im Vortrag ausdrücklich nicht dagegen aus, Wölfe zu entnehmen. „Es gibt Wölfe, die lernen, über so einen Elektrozaun zu springen. Es können alle Wölfe, machen aber die wenigsten. Die, die es können, und das sagen eigentlich alle Experten, die müssen entnommen werden.“ Was nichts anderes bedeute, als sie zu erschießen, so Nowak.
Risiko
Der Experte: „Wenn man das tut, schützt man die gesamte Wolfspopulation, weil die Schäden, die der Wolf verursacht, sind das Risiko für den langfristigen Erhalt. Wenn die Wölfe uns alle Schafe töten, werden die gesellschaftlich nicht akzeptiert und irgendwann verschwinden.“ Das Zusammenleben mit größeren Raubtieren gelinge, „solange man es schafft, die Tiere, die wirklich Ärger machen, zu entfernen“.
Nowak: „Das Problem ist: Wir haben es in Deutschland noch nicht ein einziges Mal geschafft, den Wolf, der wirklich die Schafe gerissen hat, zu entnehmen.“ Wenn man dieses Problem bislang gelöst hätte, so Nowak, „wären wir einen ganzen Schritt weiter“.
Herdenschutz
Wolfsschutz-Deutschland folgert daraus: „Wenn es aber bislang nie die Richtigen gewesen sind, machen Einzel- und Schnellabschüsse doch gar keinen Sinn, sondern einzig und alleine konsequenter Herdenschutz schützt Wölfe und Nutztiere.“
Nowak erklärt hingegen: „Es ist nicht so, dass die Wolfsexperten Wolfsfreunde sind und sagen: möglichst alle Wölfe schützen. Nein, man muss Wölfe töten. Da führt wahrscheinlich kein Weg dran vorbei, aber es müssten idealerweise die Richtigen sein.“
Experte skeptisch
Zu den Schnellabschüssen im Umkreis von 1.000 Metern sagt Nowak: „Man wird sehen, ob es dann besser gelingt, die richtigen zu kriegen.“ Nowak ist bei den Erfolgsaussichten skeptisch: „Höchstwahrscheinlich wird das nicht der Fall sein. Ein Wolf hat ein Territorium von etwa 200 Quadratkilometern.“ Manchmal würden die Wölfe aber an den Ort des Nutztierrisses zurückkehren.
Wölfin Gloria vorerst sicher: Gericht weist Beschwerde des Kreises Wesel zurück
Vier Schafe in Erle gerissen: Wolfsexperten untersuchen jetzt die Proben
Abschuss von Wölfin Gloria ausgesetzt: Kreis Wesel legt Beschwerde ein