70 Stunden Arbeit pro Woche sind "normal"
Interview mit Bürgermeister Mike Rexforth
seit etwas mehr als einem Jahr ist Bürgermeister Mike Rexforth nun im Amt. Worüber er sich in der Zeit gefreut und geärgert hat und was er sich für das kommende Jahr vorgenommen hat, verriet er im Interview der Dorstener Zeitung.

Schermbecks Bürgermeister Mike Rexforth ist in den letzten Monaten massiv bedroht und beschimpft worden – auch nachts zu Hause am Telefon.
Herr Rexforth, gab es schon einen Tag, an dem Sie ihre Entscheidung, Bürgermeister werden zu wollen, bereut haben? Nicht eine Sekunde. Es gibt natürlich auch mal harte Wochen. Dann würde man sich wünschen, mal morgens in Ruhe mit der Familie frühstücken zu können. Doch ansonsten fällt das überhaupt nicht schwer. Ganz im Gegenteil: Es macht immer noch Spaß und war die richtige Entscheidung.
Haben Sie genug Zeit für Ihre Familie, gerade für Ihre kleine Tochter? Ich bemühe mich, normalerweise über die Mittageszeit keine Termine auszumachen, damit ich eine Dreiviertelstunde in der Mittageszeit zu Hause bin und sie erlebe. In der Wochenendplanung versuchen wir, ein Wochenende im Monat frei zu haben. Zweimal im Monat, wie wir es vorhatten, klappt es nicht. Meine Großen sind so alt, dass sie schon ziemlich selbstständig sind – da ist das kein Problem, bei der Kleinen schon. Aber ich mach auch an einem Morgen einen Schwimmkurs mit meiner Tochter, für eine Stunde. Das muss auch mal drin sein, wenn man abends bis 22 oder 23 Uhr unterwegs ist. Meine Frau ist noch relativ entspannt, sagt aber manchmal schon: „Achte mal mehr auf dich! Komm mal ein paar Stunden runter!“
Wie viele Stunden arbeiten Sie durchschnittlich in der Woche? Ich bin immer noch bei 70 Stunden plus. Das ist Normalität. Mit der Vor- und Nachbereitung von Terminen passiert es auch, dass ich zu Hause sitze und Reden schreibe. Ich habe ja keinen Ghostwriter. Von den 70 Stunden muss ich dauerhaft runter, aber nach einem Jahr kommt jetzt auch die Routine in der Amtsführung als Bürgermeister. Ich lerne, mehr zu delegieren, auch mal Einladungen abzulehnen. Nicht in Schermbeck – wenn ich da nicht selbst hingehe, habe ich wirklich keine Zeit. Bei Einladungen, die von außen kommen, selektiere ich mittlerweile rigoros. Ich bin in erster Linie Bürgermeister der Gemeinde Schermbeck und muss sehen, dass die Kontakte hier aufgebaut sind und stimmen. Und dass man die Probleme hört und daran arbeitet.
Worüber haben Sie sich in dem Jahr besonders geärgert? Als Entscheidungen getroffen werden mussten, wie bei dem Grundstück, das meinem Bruder gehörte, über die Reaktion von Leuten, die es eigentlich hätten besser wissen müssen. Am Ende ist alles nachvollziehbar und transparent gewesen, aber man versucht dann von politischer, gegnerischer Seite irgendwas zu suchen, was nicht da ist. Das ärgert mich, aber das ist politisches Geschäft. Darauf musste ich mich einstellen. Dadurch habe ich aber auch gelernt, den einen oder anderen anders zu sehen, anders einzusortieren. Seitdem rege ich mich über viele Dinge gar nicht mehr auf. Dem einen oder anderen können Sie nie etwas recht machen. Geärgert habe ich mich manchmal aber auch über mich, dass ich noch zu viele Dinge alleine mache.
Was sich Mike Rexforth für das zweite Jahr im Amt als Bürgermeister vorgenommen hat, welche Rolle dabei Wirtschaft und Ehrenamt spielen werden, lesen Sie in der Print-Ausgabe der Dorstener Zeitung vom Samstag, 25. Juli.