Olaf Thon (48) ist eine Schalker Legende und begleitet seinen Klub hautnah. Im Interview mit Jürgen Koers spricht er vor dem 146. Revierderby über defensive Spielweise unter Trainer Roberto Di Matteo, den fehlenden Mut der "Knappen" und gefährdete Saisonziele.
Olaf Thon (r.) spielte als Profi von 1983 bis 1988 und von 1994 bis 2002 beim FC Schalke 04 unter Vertrag.
Was ist Ihr aktueller Eindruck vom FC Schalke 04?
In der Tabelle steht Schalke ganz gut da, obwohl man die letzten drei Spiele nicht so erfolgreich war. In Frankfurt, ich war selber dort, war Schalke in der ersten Hälfte klar die bessere Mannschaft und geht als Verlierer vom Platz. Gegen Real Madrid hat Schalke gut dagegen gehalten, das lässt hoffen für die Zukunft. Das blöde Ausgleichstor gegen Bremen in der Nachspielzeit trübt ein wenig die Stimmung. Genau wie die vielen verletzten Spieler. Jetzt weiß keiner so genau, in welche Richtung es geht vor dem Derby. Alle sind natürlich hoch angespannt. Aber auch die Dortmunder plagen Probleme nach dem Spiel gegen Juventus. Die hätten auch nicht verlieren müssen dort. Die Teams begegnen sich in einer ähnlichen Situation. Ich bin gespannt, ob es ein richtiges heißes Derby wird oder ob es ein Abtasten gibt. Beide sollten versuchen, auf Sieg zu spielen.
Wie gefällt Ihnen Schalkes defensive Spielweise?
Ich bin eigentlich immer eher für offensiveren Fußball. Auch als Trainer habe ich immer versucht, dass meine Mannschaft das Heft selber in die Hand nimmt. Es ist, denke ich, auch der Situation mit den vielen Verletzten geschuldet, dass Trainer Roberto Di Matteo so spielen lässt. Ich bin überzeugt: Wenn alle da wären, würde er seiner Mannschaft auch sagen, dass sie pressen und in der Hälfte des Gegners mit dem Forechecking beginnen sollte. In der aktuellen Situation aber fühlt sich die Mannschaft wohl in der Grundordnung mit einer Fünferkette in der Defensive, wenn der Gegner den Ball hat. Daran können sich die Spieler orientieren, und oft beißen sich die Gegner die Zähne aus.
Kann Schalke nur gewinnen, wenn es in Führung geht?
Man muss ja führen, um zu gewinnen (lacht). Aber im Ernst: Man muss nach einer Führung auch Konter fahren. Darin liegt der Schlüssel. Bei vielen Mannschaften, nicht nur bei Schalke. Es braucht auch die richtige Taktik und den Mut, bei einer Führung richtig weiter zu spielen auf das nächste Tor. Das hat gegen Werder Bremen gefehlt.
Schalkes Umschaltspiel nach vorne funktioniert auch nicht gut.
Es fehlen wichtige Leute für das Aufbauspiel und für den Sturm. Ich hoffe, dass Julian Draxler schnell wieder zurückkommt. Jefferson Farfan, Leon Goretzka: Das sind Spieler, die auch mal den Unterschied ausmachen können.
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Was sagen Sie zum jungen Timon Wellenreuther im Tor?
Er hat bisher gut gehalten. Sein Fehler beim 1:1 gegen Bremen war ein Timing-Fehler, da stand er zu früh in der Luft. Das lag nicht an seiner Größe, mit 1,86 Meter ist er nicht zu klein. Außer im Verhältnis zu Ralf Fährmann, der ist natürlich nochmal größer.
Beruht die dauerhafte Verletzungsmisere ausschließlich auf Pech?
Schwer zu sagen. Es gibt Phasen, das habe ich auch in meiner Karriere erlebt, da gibt es gar keine Verletzungen. Aber mit der zusätzlichen Belastung durch die Champions League und den vielen Langzeitverletzten reihen sich immer mehr angeschlagene Spieler ein. Das ist wie eine Kettenreaktion. Aber irgendwann ist dieser Fluch auch mal wieder beendet.Schafft Schalke die Qualifikation für die Champions League?
Das wird schwer. Platz 1 und 2 sind vergeben an Bayern und Wolfsburg. Um die weiteren Plätze kämpfen vier, fünf Mannschaften. Leverkusen, Mönchengladbach, Schalke – das wird sehr spannend, wer sich da am Ende durchsetzt.
Und was erwarten Sie vom BVB?
Nach dieser Erfolgsserie von drei Siegen sind die Dortmunder hoch motiviert und sie haben wieder ein breiteres Kreuz. Jetzt haben sie wieder ein bisschen Luft geschnappt. Man mag es kaum glauben, aber auch ich habe dem BVB die Daumen gedrückt. Absteigen soll Dortmund nicht. Ein bisschen geschwitzt haben sie, das reicht jetzt auch.Wie geht das Derby aus?
Wie so oft im Derby könnte das Spiel unentschieden ausgehen, da könnten dann beide Parteien mit leben.