"Einfach seriös": Schalker nehmen Europa ins Visier
Tedescos Arbeit trägt Früchte
Auf Schalke wird die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit nach einem enttäuschenden Jahr kleiner. Dank der Arbeit von Coach Tedesco darf der Klub wieder auf eine Rückkehr nach Europa hoffen. Goalgetter Leon Goretzka dürfte dennoch kaum zu halten sein.

Domenico Tedesco (l.) trichtert seinen Spielern Souveränität und Konsequenz ein. © Foto: imago
Christian Heidel wirkte wie von schweren Lasten befreit. Der noch vor wenigen Wochen kritisierte Sportvorstand des FC Schalke geriet nach dem eigentlich schmucklosen 2:0 (1:0) über den FSV Mainz 05 regelrecht ins Schwärmen. „Es ist einfach beeindruckend, wenn man sieht, wie die Mannschaft den Plan des Trainers umsetzt“, lobte der einstige Mainzer Manager. Seine Freude über den Aufwärtstrend wurde nur in einer Hinsicht getrübt: „Mir tut es nicht besonders gut, dass wir gegen Mainz 05 gewonnen haben. Ich hätte lieber gegen jemand anderes gewonnen.“
Langsam aber sicher trägt die Arbeit von Domenico Tedesco Früchte. Der vom Coach verordnete Spielstil bereitet Fußball-Ästheten zwar nur wenig Freude, ist aber effektiv. So wurde die Partie gegen Mainz zum Spiegelbild des 2:0 eine Woche zuvor in Berlin. Auch dort ließ die Abwehr kaum Chancen des Gegners zu, auch dort sorgten Leon Goretzka (13.) und Guido Burgstaller (74.) für die Treffer. „Uns ist in der Vergangenheit oft vorgeworfen worden, dass wir nicht diese Souveränität und Konsequenz in unserem Spiel haben. Die haben wir im Moment. Es ist einfach seriös“, befand Goretzka.
Stevens: "Er hat Schalke kapiert"
Mit Siegen am Dienstag im DFB-Pokal beim SV Wehen Wiesbaden und am kommenden Samstag im Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg soll der königsblaue Aufwärtstrend fortgesetzt werden. Huub Stevens, einstiger Kulttrainer des Klubs, ist zuversichtlich, dass nach zahlreichen Fehlgriffen diesmal der richtige Fußball-Lehrer verpflichtet wurde. „Domenico Tedesco weiß, wie er mit Verein, Fans und Spielern umgehen muss. Er hat Schalke kapiert“, lobte der Niederländer in der „Bild am Sonntag“.
Die positive Entwicklung bei Goretzka steht für den Aufschwung der Schalker. Wie schon in den vergangenen beiden Partien gegen Bayer Leverkusen (1:1) und Hertha BSC sorgte der Mittelfeldspieler auch gegen Mainz für die Führung seines Teams. Beim Versuch einer Erklärung für die neu hinzugewonnene Treffsicherheit verwies der 22-Jährige nicht nur auf sein gewachsenes Selbstvertrauen: „Ich bin froh, dass der Trainer sich dazu entschieden hat, mir mit Max Meyer jemanden an die Seite zu stellen, der nach hinten permanent absichert. Dadurch kann ich jeden Angriff mitmachen, weil immer eine Absicherung da ist.“
"Derzeit in guten Gesprächen"
Doch ausgerechnet diese beiden vertraglich nur bis zum Saisonende gebundenen Profis erwägen einen Vereinswechsel - zum Leidwesen von Tedesco und Heidel. Um Ausnahmekönner Goretzka zu halten, will Schalke an seine finanzielle Schmerzgrenze gehen. Noch ist der Coach guter Dinge, dass der Mittelfeldspieler auch in Zukunft der Fixpunkt des Neuaufbaus ist. Dem „Westfälischen Anzeiger“ gewährte Tedesco vor wenigen Tagen einen Einblick in den Verhandlungstand. „Wir sind mit Leon derzeit in guten Gesprächen.“
Von dpa