Bürgermeister Martin Tesing erläuterte eingangs die rechtliche Situation, bevor sich die Fraktionen einstimmig entschieden, die Entscheidung zu vertagen. Rund 40 Zuschauer waren somit vergebens ins Forum der Sebastianschule gekommen.
Der Kreis Borken als Genehmigungsbehörde hatte die Gemeinde Raesfeld nach dem Einvernehmen gefragt, das sich auf die beiden Windkraft-Projekte Erler Lohr (drei Anlagen) und Erler Bruch mit einer geplanten Anlage beziehen sollte.
Das Problem: Im Übergangszeitraum bis zum Erlass des neuen Regionalplans sollen weitere rechtliche Einzelheiten in einem Erlass des Landes Nordrhein-Westfalen geregelt werden. „Dieser Erlass liegt bis heute nicht vor“, sagte Tesing in der Sitzung.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Erlass wurde nach der Sitzung am 6. Oktober veröffentlicht
Vorsitzender entschuldigt sich
Der Ausschuss-Vorsitzende André Olbing (CDU) sagte zu den rund 40 Zuhörern im Forum der St-Sebastianschule, dass dies für sie wohl kein vernünftiges Ergebnis sei.
„Wir hängen völlig in der Luft“, so beschrieb Bernhard Bölker, der CDU-Fraktionsvorsitzende, die Situation kurz nach der Sitzung. Die Information, dass das Einvernehmen noch nicht erteilt werden könne, sei „völlig überraschend“ gekommen. „Wir werden gefragt, haben aber nichts zu entscheiden“, kritisierte er den Genehmigungsprozess. „Viele wissen das nicht“, sagte er über das Missverständnis, wonach die Gemeinde mit ihrer grundsätzlichen Plannungshoheit über die Windräder zu entscheiden habe. „Das spaltet eine ganze Kommune“, sagte er über das kontroverse Windenergie-Thema.
Bernhard Bölker verwies zudem auf den Umstand, dass der Kreis ein nicht erteiltes Einvernehmen der Gemeinde auch ersetzen kann.
Zwölf Windräder sind zu viel
Die UWG hält zwölf Windräder für die Gemeinde für zu viel, heißt es in einer Mitteilung der Fraktion. Diese Zahl an Projekten war auf der Sondersitzung des Rates vorgestellt worden. Auf regenerative Energien zu setzen, sei richtig. „Unserer Meinung nach sollten in den bereits vorhandene Windkraftzonen – unter Berücksichtigung des Natur-, Arten- und Landschaftsschutzes – schwerpunktmäßig neue Anlagen errichtet werden“, erklärte der Fraktionsvorsitzende Volker van Wasen. So falle der Eingriff in die Natur geringer aus und die Veränderungen in der Landschaft hielten sich in Grenzen.
Die UWG bedauerte, dass bei den vorgestellten Projekten überwiegend private Investoren profitieren. Bei den vorgestellten Modellen seien keine Speicher und lokalen Netze vorgesehen. Die UWG hätte sich ein gemeinnütziges Windkraftprojekt gewünscht, das etwa von der Gemeinde initiiert wird und an dem sich größtenteils Bürger finanziell beteiligen.
Naturschutz mehr beachten
Auch Elke Rybarczyk, die SPD-Fraktionsvorsitzende, erklärte, dass zwölf neue Windräder für Raesfeld „zu viele“ seien. Ihre Fraktion sei sich mit den Grünen einig, dass der Naturschutz mehr beachtet werden müsse.
Henry Tünte hatte in der Sondersitzung des Rats auch betont, der Standort Erler Lohr sei angesichts vieler dort lebender Vogelarten sehr kritisch zu sehen. „Das hat mich zum Nachdenken gebracht“, so Rybarczyk. „Wir sitzen zwischen zwei Stühlen“, sagte die Fraktionsvorsitzende. Die Energiewende sei richtig, aber auch die Belange von Mensch und Natur seien zu berücksichtigen.
Christoph Stephan, der FDP-Fraktionsvorsitzende, erklärte, dass es in der Frage in seiner Fraktion derzeit keine Einigkeit gibt. Zwölf weitere Anlagen seien viel. Aber bei der Frage nach der Verhältnismäßigkeit sei entscheidend, „woran orientiert man sich“.
So mache die Nachbargemeinde Heiden bei der Windkraft sehr viel, nennt er ein Beispiel. Auch er sah die Politik in einer Zwickmühle. Aber: „Es gibt kein Anrecht darauf, dass alles so bleibt, wie es war“, sagte er zur Tatsache, dass sich das Landschaftsbild durch Windräder verändert. Da letztlich der Kreis entscheide, appellierte er auch, sich als Kommunalpolitik „nicht zu wichtig zu machen“.
Auch Henry Tünte kritisierte, dass die Gemeinde kaum Handlungsspielraum habe. Aber selbst Orte für Windräder festzulegen, sei auch „ein schwieriger Prozess“. „Es schlagen zwei Herzen in unserer Brust“, sagte er. Windkraft sei wichtig. Doch durch den gewollten, beschleunigten Ausbau der regenerativen Energie entstehe der Eindruck, dass der künftige Regionalpan unterlaufen werden könnte.
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