Sechs Windkraft-Projekte in Raesfeld vorgestellt Bürgerbeteiligung soll im Fokus stehen

Sechs Initiatoren stellen Windkraft-Projekte in Raesfeld vor
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Eigentlich schien das Thema Windkraft in der Gemeinde Raesfeld bereits vom Tisch zu sein. Wegen des Landschaftsschutzgesetzes war die Errichtung von Windenergieanlagen im Gemeindegebiet nicht möglich, da nahezu der gesamte Außenbereich ein Landschaftsschutzgebiet aufweist.

Im Rahmen des von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im vergangenen Jahr eingebrachte Osterpaketes sei dieses Bauverbot nun aufgrund einer Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes aber entfallen.

Windkraftanlagen sind in Raesfeld nun also doch wieder möglich – und sogar vorgesehen. Das im Februar in Kraft getretene Wind-an-Land-Gesetz schreibt den einzelnen Bundesländern Flächenziele vor. Das Land Nordrhein-Westfalen muss bis 2032 einen Flächenbeitragswert von 1,8 Prozent für die Windkraft zur Verfügung stellen.

Dass die Sondersitzung des Rates nicht im Rathaus, sondern im Forum der St-Sebastian-Schule stattfand, war angesichts des Andrangs die richtige Entscheidung. „Ich habe noch nie so viele Zuschauer bei einer Ratssitzung erlebt“, zeigte sich Bürgermeister Martin Tesing von den knapp 100 anwesenden Bürgerinnen und Bürgern erstaunt.

Raesfelds Bürgermeister Martin Tesing freute sich über zahlreiche Zuschauer in der Sondersitzung zum Thema Windenergie.
Raesfelds Bürgermeister Martin Tesing freute sich über zahlreiche Zuschauer in der Sondersitzung zum Thema Windenergie. © Berthold Fehmer (A)

Sie alle waren in die Grundschule gekommen, um sich über die möglichen künftigen Windkraft-Projekte zu informieren. Sechs Initiatoren erklärten nacheinander ihre Konzepte. In vielen Bereichen gab es dabei Überschneidungen,

Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand zu Wohnhäusern sei bei allen Projekten berücksichtigt worden. Dies entspricht mindestens der zweifachen Anlagenhöhe (2H). Da für die Projekte jeweils dieselbe oder eine ähnliche Anlage der Firma Emercon vorgesehen ist, beträgt der Mindestabstand in der Regel 500 Meter (Höhe der Anlage: ca. 250 Meter).

Im Fokus aller Projekte steht die direkte Bürgerbeteiligung. Den Anwohnern wird dabei ein Anwohnergeld, welches vom jeweiligen Windertrag abhängig ist, in Aussicht gestellt.

Zudem können sich die Bürger durch eine Schwarmfinanzierung unternehmerisch beteiligen. Zudem sollen für jede erzeugte Kilowattstunde 0,2 Cent für lokale Projekte zur Verfügung gestellt werden.

Familie Droste und Emergy

Die Familie Droste ist in Zusammenarbeit mit der Firma Emergy die Initiatorin der nordöstlich vom Zentrum Raesfelds, in der Nähe des Döringbachs gelegenen Anlage. Insgesamt sollen 4.830 Vier-Personen-Haushalte versorgt werden. Die Entwicklung des Projekts erfolgt in Eigenleistung, nicht etwa durch einen externen Projektierer.

Standort des Windkraft-Projekts Droste.
Standort des Windkraft-Projekts Droste. © Gemeinde Raesfeld

Bürgerwindprojekt Erler Bruch

Zusammen mit der Familie Wewers ist die Firma Emergy noch an einem zweiten Projekt beteiligt. Östlich vom Raesfelder Zentrum sollen in der Nähe des Schafsbaches, oberhalb des Hogenwegs, zwei Windenergieanlagen (WEA) entstehen. Diese sollen 9.660 Vier-Personen-Haushalte versorgen. Die Initiatoren versprechen zudem keine Baulast im 0,3 H-Radius. Das bedeutet hier: Der Radius beträgt die 0,3f-fache Höhe der Anlage.

Paus: Erler Heide Wind GmbH

Unmittelbar nördlich vom Projekt Erler Bruch verortet plant die Erler Heide Wind GmbH unter den Initiatoren Franz-Josef Knufmann, Egbert Paus, Matthias Schorer, Johannes Schulze Nienhoff, Leonard Schweers und Matthias Wewers eine WEA mit Netzanbindung nach Heiden.

Anders als bei den anderen Projekten sei hier laut Architekt Reinhold Eversmann vieles schon geregelt, da die Anlieger automatisch gleichzeitig die Gesellschafter seien. Die Gemeinde Raesfeld kann sich mit 20 Prozent am Projekt beteiligen.

Standort der Windkraft-Projekte Paus und Wewers.
Standort der Windkraft-Projekte Paus und Wewers. © Gemeinde Raesfeld

Bürgerwind Erler Lohr GbR

Südlich des Raesfelder Ortskerns und westlich von Erle: In der stillgelegten Tongrube in der Nähe des Wanderparkplatzes Jägerheide soll der Bürgerwindpark Erler Lohr mit drei WEA entstehen.

Die Entwicklungsgesellschaft, bestehend aus 34 Gesellschaftern aus Raesfeld und Schermbeck (Flächeneigentümer oder direkte Anwohner), hat bereits im Mai einen Antrag auf planungsrechtlichen Vorbescheid beim Kreis Borken gestellt.

Ein umfangreiches Artenschutzgutachten läge laut Michael Schlüß ebenfalls vor. Dort seien keine Konflikte festgestellt worden. Bei Erler Lohr kann sich die Kommune wie bei Paus mit 20 Prozent beteiligen. Der geplante Windpark soll 12.550 Drei-Personen-Haushalte sowie 11.604 E-Autos versorgen können.

Standort des Windkraft-Projekts Erler Lohr.
Standort des Windkraft-Projekts Erler Lohr. © Gemeinde Raesfeld

Lanzenhagen

Das Projekt der Windenergiegemeinschaft Lanzenhagen vereint 16 Flächeneigentümer aus Raesfeld und angrenzenden Kommunen. Die GbR baut beim Projekt auf Unterstützung von außen und arbeitet mit der BBWind Projektberatungsgesellschaft aus Münster zusammen.

Wie bei Erler Lohr sei auch bei Lanzenhagen ein Artenschutzgutachten vorhanden. Zudem läge sogar schon die Netzanschlusszusage der Westnetz vor. Der Netzverknüpfungspunkt der 110 kV-Freileitung befindet sich in Borken-Dorsten im Bereich Marbeck/Heiden.

Insgesamt sollen vier WEA gebaut werden. Der Standort der geplanten Anlagen befindet sich westlich vom Raesfelder Ortskern in der Nähe der Homerstraße südlich der Issel.

Es wird mit einer Gesamtstromproduktion von 70 Millionen Kilowattstunden im Jahr gerechnet, mit der 12.500 Einfamilienhäuser und 17.074 E-Autos versorgt werden könnten.

Standort des Windkraft-Projektes Lanzenhagen.
Standort des Windkraft-Projektes Lanzenhagen. © Gemeinde Raesfeld

Windenergiegemeinschaft Kierit

Als sechster Initiator stellte die Windenergiegemeinschaft Kierit ihr Projekt vor. Das Windeignungsgebiet erstreckt sich über die Kommunen Borken und Raesfeld und soll sechs WEA beinhalten. Auf Raesfelder Gemeindegebiet soll nördlich des Standortes Lanzenhagen in der Nähe des Kreuzungsbereiches Brookweg/Ortbruch unterhalb der Issel eine Anlage entstehen. Hier beträgt die Höhe der WEA 261 Meter

Das Projekt der Kierit GbR unterscheidet sich kaum vom Projekt Lanzenhagen. Auch Kierit arbeitet mit der BBWind zusammen, ein Artenschutzutachten sowie eine Netzanschlusszusage in Borken-Dorsten liegen ebenfalls vor. Innerhalb der nächsten Wochen soll eine Bauvoranfrage beim Kreis Borken eingereicht werden.

Standort des Windkraft-Projektes Kierit.
Standort des Windkraft-Projektes Kierit. © Gemeinde Raesfeld

Im Nachgang an die Sondersitzung in der St-Sebastian-Schule bespricht der Rat das weitere Vorgehen. Nachdem nun alle Projekte vorgestellt wurden, wird es künftig voraussichtlich mehrere Infoveranstaltungen geben, wie Bürgermeister Martin Tesing ankündigte.

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