Bürgermeister Martin Tesing (M.) besuchte die Brüder Maik (l.) und Lars Friedrich bei der Übergabe von Feuerwehr-Trucks an die Feuerwehr Brandenburgs.

© Berthold Fehmer

Technik aus Raesfeld und Dorsten hilft bei Waldbränden (mit Video)

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„So ein Feuer hatte ich nie zuvor gesehen“, sagt Jan Lehnhardt aus Brandenburg über die verheerenden Waldbrände von 2019. Die dortige Feuerwehr setzt nun auf Technik aus Raesfeld und Dorsten.

Raesfeld, Dorsten

, 15.02.2022, 17:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Das Raesfelder Schloss ist groß, der Schlossplatz auch. Doch der 14 Tonnen schwere Tatra-Truck fiel am Montag trotzdem durch seine Wuchtigkeit auf. „Ein imposantes Fahrzeug“, nennt es Bürgermeister Martin Tesing, der zur Übergabe an die Feuerwehr Brandenburg gekommen ist.

Er freut sich besonders darüber, dass die Brüder Maik und Lars Friedrich vom Raesfelder Betrieb Friedrich das kürzlich von der Gemeinde erworbene Schloss dafür ausgesucht hatten, die 15 Feuerleute aus Brandenburg dort zu schulen. Genau so etwas wolle man Raesfelder Firmen ab jetzt ermöglichen, so Tesing.

Wo sind die Schläuche?

Bis auf die rote Farbe und die Aufschrift Feuerwehr käme der Laie allerdings an diesem Tag nicht auf die Idee, dass es sich um ein Feuerwehrfahrzeug handelt. Eher um einen Militär-Truck? Eine große Ladefläche, ein großer Haken - wo sind denn die Schläuche, die Wassertanks, das technische Gerät? Die Antwort verbirgt sich hinter der Bezeichnung „Wechselladefahrzeug“.

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Jan Lehnhardt von der Feuerwehr der Stadt Brandenburg an der Havel schildert die Gründe für die Entscheidung, dass Brandenburg sieben und Mecklenburg-Vorpommern zwei dieser Fahrzeuge in Raesfeld bestellten. Seit 1989 sei er bei der Feuerwehr, aber die Waldbrände vor drei Jahren, die größten seit Jahrzehnten, hätten ein Umdenken notwendig gemacht.

Container aus Holland

Geplant ist zunächst, die Trucks mit Containern zu beladen, die die 15 Feuerwehrleute direkt nach ihrem Zwischenstopp in Raesfeld bei der Firma Hytrans in Holland abholten. In dem Container befinden sich zwei Kilometer Schläuche sowie eine Pumpe. So könnte man laut Maik Friedrich alle zwei Kilometer einen Container abladen, die Schläuche verbinden und so lange Schlauchwege durch den Wald ermöglichen.

3.000 bis 3.500 Liter Löschwasser kann man mit den Pumpen und Schläuchen pro Minute bewegen. So viel wie 20 bis 30 Tanklöschfahrzeuge im Pendelverkehr zum Brandort schaffen könnten, so Lehnhardt. Wenn man so viele Fahrzeuge aber den ganzen Tag über unbefestigte Wege und zum Teil schwieriges Gelände fahren lasse, müsse man anschließend die Wege erneuern.

Gleichzeitig müsse man sich aufgrund des Klimawandels neben der zunehmenden Waldbrandgefahr auf mehr Starkregen und Überflutungen einstellen, so Lehnhardt. Auch dabei könnten die Pumpen und Schläuche zum Einsatz kommen.

Wasserhöhen von 1,10 Meter kann der Tatra-Truck durchfahren.

Wasserhöhen von 1,10 Meter kann der Tatra-Truck durchfahren. © Berthold Fehmer

Doch das Fahrzeug kann noch viel mehr: Bis zu 1,10 Meter tiefes Wasser kann man damit durchfahren. Für Lehnhardt bietet das die Möglichkeit der Stadt Brandenburg, wo es viele Seen gibt, das Boot der Feuerwehr da, wo es gebraucht wird, ins Wasser zu lassen.

Anschlüsse passten nicht zusammen

Und es werde derzeit über eine weitere Einsatzmöglichkeit diskutiert, wirft Lehnhardt einen Blick in die Zukunft: Bei den Waldbränden hätten die Landwirte helfen wollen und seien mit ihren Güllefässern voll Wasser gekommen. „Aber die Anschlüsse passten nicht zusammen.“ Deshalb denke man nun über einen Tankcontainer mit 10.000 Litern Fassungsvermögen nach, „mit allen Anschlüssen, die in Deutschland verbaut werden“. Dieser könne in so einem Katastrophenfall dann die Schnittstelle sein.

Jürgen Bernt hat mit seiner Firma in Wulfen die Aufbauten für den Tatra-Truck, unter anderem das Kran-System, montiert.

Jürgen Bernt hat mit seiner Firma in Wulfen die Aufbauten für den Tatra-Truck, unter anderem das Kran-System, montiert. © Berthold Fehmer

Mit dem Gewicht komme der Truck locker klar, so Lehnhardt. Jürgen Bernt von Fahrzeugbau Bernt in Dorsten-Wulfen hat den Aufbau mit seiner Firma realisiert, unter anderem das Abrollsystem und das leistungsstarke Kransystem von „Palfinger“.

481 PS und eine 360-Grad-Kamera

Und es steckt noch viel mehr Technik in dem Fahrzeug. 13 Liter Hubraum, 355 KW (481 PS), Euro-6-Abgasnorm, Allrad-Antrieb, bis zu 38 Tonnen Gesamtgewicht, ein vollautomatisches Getriebe oder auch eine 360-Grad-Kamera. Über einen Monitor im Fahrerhaus, das für eine Drei-Mann-Besatzung ausgelegt ist, kann Lars Friedrich beispielsweise zeigen, wie sein Bruder Maik um das Fahrzeug läuft. Bei engen Stellen im Wald und auch zur Sicherheit der Feuerwehrleute ist so ein System hilfreich.

Lehnhardt lobt die Geländegängigkeit der Tatras. Diese könne dadurch erhöht werden, dass sogar der Luftdruck in den Reifen gesteuert werden kann, so Lars Friedrich.

Tatras wurden schon früher eingesetzt

Die Bedienung werde einiges Training erfordern, sagt Lehnhardt. In drei Monaten ist eine weitere Schulung geplant. Dass die Feuerwehr in Brandenburg nun auf Tatra, eine tschechische Firma, setzt, löst bei Lehnhardt Erinnerungen an seinen Start bei der Feuerwehr aus. In der DDR hätten die Feuerwehren alle Tatras eingesetzt - nach der Wende habe sich dann Mercedes und Unimog durchgesetzt.

Die Nachfrage nach solchen Spezialfahrzeugen gehe extrem nach oben, so die Brüder Friedrich. Die Raesfelder Firma ist deutschlandweit der einzige Importeur dieser Fahrzeuge von Tatra. Bleibt die Frage: Was kostet so ein Truck? Maik Friedrich: „380.000 Euro plus Steuern.“