Die beherrschende Frage in diesem Strafprozess war: Kann es noch einmal eine Bewährungsstrafe geben? Das Gericht hat die Frage aber verneint. Vor dem Borkener Schöffengericht war ein Rentner aus Raesfeld angeklagt.
Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, von Juni bis November 2022 rund 200 kinderpornografische Dateien besessen und eine Skype-Video-Datei an einen unbekannten Nutzer verschickt zu haben. Das alles, nachdem er bereits zu einer Bewährungsstrafe wegen des gleichen Straftatbestandes verurteilt worden war und noch unter Bewährung stand.
Zunächst sprach der Verteidiger für den Angeklagten. Dieser habe vor einiger Zeit eine Therapie gemacht und sei trotzdem rückfällig geworden. Die Therapie sei offensichtlich nicht erfolgreich gewesen. Er habe seinem Mandanten geraten, den Therapeuten zu wechseln, was dieser auch Anfang des Jahres getan habe.
Mit der neuen Therapeutin sei der Angeklagte zufrieden. Er habe den Sport aufgegeben, was ihm sehr schwer gefallen sei. Der Sport sei für ihn eine Herzensangelegenheit gewesen. Die Ehefrau stehe immer noch zu ihm. Vor zwei Jahren sei der Angeklagte krank geworden. „Wir sind uns des Ernstes der Lage bewusst“, so der Verteidiger.
Lob für die Therapeutin
Der Angeklagte selbst erklärte, froh zu sein, mit der neuen Therapeutin zusammenzuarbeiten. „Es wäre schön, wenn ich weiter mit ihr arbeiten könnte. Ich bitte, von einer Haftstrafe abzusehen. Eine Freiheitsstrafe würde vor allem meine Frau treffen“, sagte der Angeklagte. Nachdem er die gesundheitlichen Beeinträchtigungen überwunden hatte, habe er wieder angefangen, sich diese Dateien anzusehen, räumte er ein. Warum? Darauf habe er keine schlüssige Antwort.
Hinweis aufs erste Gutachten
Aus dem Vorverfahren zitierte der Vorsitzende ein damaliges Gutachten. Nach dem waren pädophile Neigungen nicht vorhanden, eine Rückfallgefahr bestehe nicht. „Das ist bei mir Kopfkino, dagegen gibt es keine Medikamente“, so der Angeklagte. „Der braucht jemanden zum Reden, und zwar für lange Zeit“, ergänzte sein Verteidiger vor Gericht.
Die neue Therapeutin (47) aus Bochum konnte aus bisher etwa zehn Sitzungen berichten. Der Angeklagte sei süchtig. Die Kinderpornografie stehe dabei allerdings nicht im Vordergrund. Er verliere aber wohl auch die Kritikfähigkeit. Ihre Prognose: „Er wird immer wieder in solche Situationen kommen.“
Der Staatsanwalt zog die positiven Aspekte in Betracht wie das Geständnis, das Alter des Angeklagten, die Erkrankung, aber auch die negativen wie das Bewährungsversagen und die fehlende positive Prognose. Er beantragte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Der Verteidiger plädierte lange und vehement für eine Bewährungsstrafe, wenn auch mit langer Bewährungszeit.
Dem schloss sich das Gericht nicht an. Das Urteil lautete schließlich so, wie es der Staatsanwalt beantragt hatte.
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