Die Gemeinde Raesfeld kauft das Wasserschloss. Das wurde am Donnerstagmorgen im Rathaus bekannt gegeben.

© Berthold Fehmer

Gemeinde Raesfeld kauft das Wasserschloss

rnSchloss Raesfeld

Die Gemeinde Raesfeld kauft das Wasserschloss Raesfeld. Diesen historischen Entschluss verkündete Bürgermeister Martin Tesing am Donnerstag. Was dies für die Zukunft des Standortes bedeutet.

Raesfeld

, 02.12.2021, 11:26 Uhr / Lesedauer: 3 min

Für Raesfelder sei das Schloss identitätsstiftend, sagt Bürgermeister Martin Tesing . Die Gemeinde firmiere unter dem Titel „Schlossgemeinde Raesfeld“. Tesing: „Es bestand begründete Gefahr, das alles zu verlieren. Welche Bedeutung käme Raesfeld zu ohne das Schloss?“

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Jahrzehntelang war das Schloss in Besitz der Handwerkskammern NRWs. Diese hatten nach dem Zweiten Weltkrieg auch das Schloss renoviert. „Man tut sich schwer damit, so etwas zu veräußern“, gibt Hans Hund, Präsident des Westdeutschen Handwerkskammertags, zu.

„Müssen wir als Kammer ein Schloss unterhalten?“

Hund sagt aber auch, gleichwohl es sich im ersten Moment widersinnig anhört: „Der Verkauf des Schlosses ermöglicht uns, hier zu bleiben.“ Eine Akzeptanz, das Schloss weiterhin zu behalten, habe es nicht mehr im Handwerk gegeben. „Es wurde immer mehr infrage gestellt: Müssen wir als Kammer ein Schloss unterhalten?“ Dies sei historisch gewachsen, aber rechtlich sei man dazu streng genommen gar nicht befugt.

Intensive Gespräche seien mit der Gemeinde geführt worden - die vertrauensvolle Atmosphäre wurde von allen Seiten gelobt. Diese Vorbereitung mündete schließlich in einen einstimmigen Beschluss des Rates, dass die Gemeinde das Schloss zum 1. Januar 2022 kaufen wird.

„Raesfeld bleibt weiter zentraler Standort des Handwerks in Nordrhein-Westfalen,“ verspricht Tesing. 7,4 Hektar Grunderwerb sind mit dem Kauf des Schlosses verbunden, dazu gehören ein Waldstück, der Weinbergteich, das Naturparkhaus und der Parkplatz davor. „Dazu gehört nicht der Tiergarten“, betont Tesing. Und: „Es ist nicht geplant, das Schloss wieder zu verkaufen.“ Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden.

Zunächst läuft alles wie gewohnt weiter

Was bedeutet dies für den Standort? Kurzfristig werde kein Außenstehender eine Veränderung bemerken, sagt Tesing. Heißt: Sowohl die Akademie des Handwerks als auch das Restaurant „Mahl & Meute“ werden weiterhin im Schloss zu finden sein.

Mittelfristig soll die Akademie in die Vorburg ziehen, die wie auch die Remise im Besitz einer Rheder Familie ist. Per Erbbaurecht ist die Nutzung der Vorburg für die Akademie für 65 Jahre gesichert. Die Vorburg soll in den kommenden Jahren „baulich ertüchtigt“ werden, um auch Büros aufzunehmen. Unpraktisch seien die weiten Wege zwischen Schloss und Vorburg derzeit, so Hund.

Der Hauptgeschäftsführer des Westdeutschen Handwerkskammertages, Matthias Heidmeier, schilderte, dass es „kein Selbstläufer“ gewesen sei, die sieben Handwerkskammern zu einem Bekenntnis zu Raesfeld zu bringen.

Vier Säulen für künftige Akademie

Vier Säulen sollen laut Heidmeier künftig in Raesfeld ausgebildet werden: Markenkern der Akademie sei die Ausbildung „Restaurator im Handwerk“, bei der Raesfeld ein „europäisches Alleinstellungsmerkmal“ habe. Hinzu kommt das Sachverständigenwesen. Zwei geplante neue Bereiche seien eine Ehrenamtsakademie sowie eine Exzellenz-Initiative.

Bei der Verkündung des Kaufs zugegen waren am Donnerstagmorgen auch die fünf Fraktionsvorsitzenden der im Rat vertretenen Parteien. Bernhard Bölker (CDU) sagt, dass nach einer Besichtigung des Schlosses, an der der gesamte Rat teilgenommen habe, klar gewesen sei, dass „einiges renoviert werden muss“. Aber: „Die Bausubstanz war aus unserer Sicht in Ordnung für ein fast 400 Jahre altes Gebäude.“ Mehr Veranstaltungen auf dem Schlossplatz seien nun möglich.

Mehr Veranstaltungen auf dem Schlossplatz, hier die Besucher beim Konzert der Höhner, sollen künftig möglich sein.

Mehr Veranstaltungen auf dem Schlossplatz, hier die Besucher beim Konzert der Höhner, sollen künftig möglich sein. © Sabine Bornemann (A)

Die Chancen seien größer als die Risiken, so Bölker, der allerdings auch nicht glaubt, „dass man groß Geld verdienen wird“. Elke Rybarczyk (SPD) glaubte hingegen an eine „Erfolgsgeschichte“, wenn das Gebäude effizient bewirtschaftet werde. „Der Preis für die Immobilie ist nach unserer Einschätzung angemessen.“ Ein Schloss in fremden Händen, das wäre laut Rybarczyk, „wie Köln ohne Dom“.

„Untrennbar mit uns verbunden“

Henry Tünte (Grüne) nennt den Kauf eine „wichtige und bedeutende Entscheidung“. Volker van Wasen (UWG) freute sich: „Das Schloss bleibt in Zukunft untrennbar mit uns verbunden.“ Es sei ein Erwerb von „historisch großem Ausmaß“. Christoph Stephan (FDP) mahnte, dass der Kauf nicht dazu führen dürfe, „dass für andere wichtige Dinge künftig die finanziellen Spielräume fehlen“.

Die Einnahmen der Ankermieter Handwerkskammer und Restaurant werde man in die Sanierung von Räumen investieren, so Tesing. Markus Büsken, Erster Beigeordneter: „Was dieses Schloss wohl von den meisten unterscheidet, ist, dass es komplett in Benutzung ist. Da steht nicht ein Raum leer und das soll auch künftig so bleiben.“

Einstimmiger Beschluss

Viel diskutiert wird aktuell über die Zukunft des Tiergartens, auch seitdem dort regelmäßig Querdenker-Demos stattfinden und die Fläche (184 Hektar) in Internetportalen zum Kauf angeboten wird. Zu einem möglichen Kauf des Tiergartens sei die Gemeinde in Gesprächen, so Tesing. „Irgendwann muss man eine Entscheidung treffen. Die Verhandlungen laufen seit acht Jahren.“ Der Kauf des Schlosses sei davon aber unabhängig.

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