Flüchtlingszahl verdoppelt, Unterkünfte voll, kaum Personal „Kann man nicht mit Geld lösen“

Olfens Probleme bei der Versorgung von Geflüchteten: „Dinge, die kann man nicht mit Geld lösen“
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Lange hatten Bund und Länder beim sogenannten Flüchtlingsgipfel vor einigen Tagen (10. Mai) gestritten und sich nach stundenlangen Verhandlungen darauf geeinigt, dass der Bund den Ländern in diesem Jahr eine Milliarde Euro zusätzlich für die Versorgung von Flüchtlingen bereitstellt. Doch mit Geld allein seien viele Probleme in den Kommunen nicht zu lösen, sagt Olfens Fachbereichsleiterin für Arbeit, Soziales, Integration, Stefanie Benting.

Die Versorgung von Geflüchteten ist schon seit über einem Jahr eine besondere Herausforderung für die Kommunen, auch für Olfen. Derzeit sei die hohe Zahl der Zuweisungen von Geflüchteten nach Olfen die größte Belastung, sagt Benting. „Das war ganz heftig, was da über uns hereingebrochen ist.“ Vor dem Ukraine-Krieg habe Olfen im Schnitt 180 bis 190 Personen versorgt.

Derzeit ist die Stadt für mehr als doppelt so viele Flüchtlinge zuständig. Aktuell leben 441 geflüchtete Personen in der Stadt. Allein in diesem Jahr sind Olfen 59 Geflüchtete zugewiesen worden - 12 weitere Personen sind bis Ende Mai angekündigt worden.

Syrer kommen vermehr an

Inzwischen liegt das auch nicht mehr an Ukrainern, die hier vor dem Krieg Schutz suchen. Derzeit leben 169 Ukrainer in Olfen. In der Spitze seien es 219 gewesen. Davon zogen 26 Personen um, 24 kehrten in die Ukraine zurück, listet Benting auf. Die meisten Geflüchteten kommen derzeit aus Syrien, aber auch aus Iran, Nigeria und Afghanistan. Warum derzeit vermehrt Syrer Deutschland und Olfen erreichen, kann sich die Fachbereichsleiterin auch nicht erklären. Vermutlich seien sie in der Corona-Krise in anderen Ländern gestrandet und nun weitergezogen, oder fliehen aus der Erdbeben-Region im Süden der Türkei.

Das größte Problem, über das auch die Münsterland-Kommunen in der vergangenen Woche geklagt haben, ist nach wie vor die Unterbringung der Schutzsuchenden. „Wir sind am Anfang des Kriegs mit Wohnungsangeboten überhäuft worden“, erzählt Stefanie Benting. Hatte Olfen zuvor 14 Wohnungen angemietet, um Geflüchtete unterzubringen, kamen ab März 2022 20 weitere Wohnungen dazu. Zudem haben vier ukrainische Familien privat ohne Mietvertrag eine Unterkunft gefunden. 18 Wohnungen haben Flüchtlinge selbst angemietet. „Eine schöne Sache“, freut sich Benting.

224 Bewohner haben derzeit aber die städtischen Flüchtlingsunterkünfte. 48 Personen wohnen derzeit etwa im Marienheim. „Das steht weiterhin zur Verfügung“, sagt Benting. Die Pläne sehen vor, dass das St.-Vitus-Stift sich erweitert und dafür das Marienheim umbaut. Wann das geschehen soll, dazu gebe es noch keinen Zeitplan, so Benting.

Das ehemalige Krankenhaus Marienheim dient derzeit als Wohnraum für Geflüchtete. In der Zukunft soll sich das St.-Vitus-Stift dorthin vergrößern.
Das ehemalige Krankenhaus Marienheim dient derzeit als Wohnraum für Geflüchtete. In der Zukunft soll sich das St.-Vitus-Stift dorthin vergrößern. © Jessica Hauck

Auch im Josefshaus in Seppenrade kann Olfen, wie die anderen Kreis-Coesfeld-Kommunen auch vorübergehend Flüchtlinge unterbringen, bis Wohnraum in der Kommune selbst gefunden ist. Derzeit hat Olfen in Seppenrade 23 Personen untergebracht. Bis März 2024 läuft der Vertrag mit dem Josefshaus noch. Olfen muss also für Ersatz für zwei Unterkünfte sorgen.

Derzeit laufen die Planungen und Anträge für den Bau einer neuen Unterkunft am Vinnumer Landweg. Vor die beiden bereits bestehenden Häuser sollen zwei weitere Gebäude gebaut werden, die insgesamt bis zu 118 Plätze bieten werden. Wie die Pläne aussehen und in welchem Zeitraum sie realisiert werden können, dazu lädt die Stadt zu einer Bürgerversammlung am 31. Mai (Mittwoch) ab 18 Uhr in die Stadthalle ein.

Mangelware Integrationskurse

Doch mit der Unterbringung allein endet die Versorgung der Geflüchteten nicht. „Wir haben in den verschiedensten Bereichen für die Integration mangelnde Kapazitäten“, sagt Stefanie Benting. Die Kinder müssen in Kitas und Schulen untergebracht werden. Auch dort sei Personal ohnehin schon knapp. Außerdem mangele es deutlich an Sprach- und Integrationskursen.

Dabei machten die „absolut Sinn“, so Benting. Sie sollen nicht nur die deutsche Sprache vermitteln, sondern auch erklären, wie das Leben in Deutschland funktioniert. Doch teilweise gebe es Wartezeiten von einem Jahr, erklärt Benting. Die Kurse haben auch eine Lange Dauer und so viele Dozenten für die hohe Zahl an Geflüchteten zu finden, sei schwer für die Anbieter. „Das sind Dinge, die kann ich nicht unbedingt mit Geld lösen“, sagt Stefanie Benting.

„Ehrenamt hilft uns extrem“

Integration sei vielschichtig sagt Stefanie Benting. Die Stadt kann sich dabei auch auf die Hilfe von Privatpersonen verlassen. „Das Ehrenamt hilft uns extrem“, sagt Benting. Der Arbeitskreis Asyl etwa veranstalte Treffen, organisiert die Kleiderkammer, hilft bei Problemen. Eine wichtige Schnittstelle sei auch der Integrationsbeauftragte. Er kümmere sich um Bildungs- und Teilhabemöglichkeiten, helfe etwa Kinder in Sportvereine einzubinden, helfe bei Schriftkram, Kontakten mit Arbeitgebern oder knüpfe Kontakte zu den Ehrenamtlichen. Doch das große Problem bleibe der knappe Zugang zu Integrationskursen. Ohne die und Sprachkenntnisse bleibe vielen auch anerkannten Geflüchteten die Integration in die Gesellschaft verbaut.

Die Stadt Olfen lädt zu einer Bürgerversammlung am 31. Mai (Mittwoch) zur aktuellen Flüchtlingssituation in Olfen und zum Bau der neuen Unterkunft ein. Die Infoveranstaltung findet ab 18 Uhr in der Stadthalle Eventwerk statt.

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