Olfens neue Flüchtlingsunterkunft im Gewerbegebiet bereits voll „Sind deutlich am Limit“

Olfens neue Flüchtlingsunterkunft bereits voll: „Sind deutlich am Limit“
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„Wir sind deutlich am Limit“, sagte Olfens Bürgermeister Wilhelm Sendermann. „Die Situation ist jetzt schon deutlich schlimmer als 2015/16“, ergänzte Fachbereichsleiterin Stefanie Benting und schickt noch ein zweites „deutlich“ hinterher. Beide schilderten während der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am Mittwoch (9.11.) mit drastischen Worten die Situation der Flüchtlingsunterbringung, „die in dieser Dimension noch gar nicht in der Bevölkerung bekannt ist“, wie der Bürgermeister mutmaßte. Er sagte, was nötig sei und was er auf jeden Fall vermeiden wolle.

Doppelte Zahl an Geflüchteten

Insgesamt leben zurzeit 407 Flüchtlinge in Olfen, davon 152 ukrainische Personen. Allein seit Jahresbeginn 2022 sind insgesamt 221 Geflüchtete in die Münsterland-Stadt gekommen. Das Gros mit mehr als 150 Menschen bilden die Ukrainerinnen und Ukrainer. Es waren aber auch sechs Ortskräfte aus Afghanistan darunter, die dort die Bundeswehr unterstützt haben.

Innerhalb der ersten zehn Monate des Jahres 2022 habe sich damit die Zahl der Geflüchteten mehr als verdoppelt, rechnete Benting vor. Und mit weiteren Zuweisungen sei zu rechnen. „Die Zahl der Ukraine-Flüchtlinge nimmt aktuell ab, sagte Benting, „dafür steigt gerade die Zahl der Menschen, die über die Balkan-Route zu uns kommen.“

Stefanie Benting: Was nötig ist

Nötig sei es, zusätzlichen Wohnraum in Olfen zu schaffen. Die vorhandenen städtischen Unterbringungsmöglichkeiten seien nahezu erschöpft. Daran kann auch nichts ändern, dass Olfen gerade dabei ist, für zwei zusätzliche Wohnungen Mietverträge abzuschließen. „Wir brauchen mehr“, forderte Benting - auch, um die 33 Menschen, die noch bis Juni 2023 im Josefshaus in Seppenrade untergebracht bleiben können, unterzubringen. Deshalb hat die Stadt bereits gehandelt.

Ende Oktober hatte Olfen eine neue Flüchtlingsunterkunft im Gewerbegebiet an der Carl-Benz-Straße eingerichtet. Dort konnte nach Angaben der Stadt ein Großteil der Familien aus dem Josefshaus einziehen: 52 Menschen. Damit ist auch dieses Haus inzwischen nahezu voll.

Geflüchtete im Hotel

„Zwischenzeitlich hatten wir auch schon Menschen in Hotels unterbringen müssen“, so Benting. Das sei aber aktuell nicht mehr der Fall. Entspannt sei die Situation aber längst noch nicht - nicht nur, weil in den nächsten Tagen weitere 13 Menschen erwartet werden. In absehbarer Zeit wird das alte Krankenhaus an der Oststraße 24 mit 58 Plätzen wegfallen, wegen der geplanten Erweiterung des St. Vitus-Stifts. Die Suche nach weiterem Wohnraum, möglicherweise ein Neubau, geht weiter.

Eines ist laut Sendermann „auf jeden Fall zu vermeiden“: Die Inanspruchnahme von Sporthallen. „Das ist das allerletzte Mittel. Wir werden alles tun, um das zu verhindern.“ Als Mitglied im Präsidium des Städte- und Gemeindebundes NRW wisse er um Kommunen, die den Schul- und Vereinssport nach zwei Corona-Jahren schon wieder empfindlich einschränken müssen: „Ich habe von einer Stadt erfahren, die dem Sport keine einzige Sporthalle mehr zur Verfügung stellen kann.“ „Das darf nicht sein“ - auch, damit die anhaltend hohe Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung nicht leide.

Sendermann stellt Forderungen

Der Bürgermeister mit dem CDU-Parteibuch sprach nicht nur als Verwaltungschef über die Aufgabe der Unterbringung in Olfen. Er blickte als Politiker auch auf die überregionale Situation - mit konkreten Forderungen. „Der Bund muss zugleich eine gleichmäßige Verteilung auf die Länder gewährleisten. Das Land NRW steht in der Verantwortung, eine möglichst gleichmäßige interne Verteilung sicherzustellen.“ Bund und Land müssten den Kommunen über das zu Ende gehende Jahr hinaus Geld zur Verfügung stellen und eigene Immobilien als Unterkünfte aktivieren. Es brauche eine europäische Lösung bei der Verteilung der Menschen. „Und wir müssen von Flüchtlingen mehr verlangen dürfen als bislang.“

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