Diese Situation ist für Menschen mit auswärtigen Arbeits- oder Studienplätzen nicht einfach. Per Fahrrad ist der Weg oft zu weit. Der Bus hält auch nicht mal eben vor der eigenen Haustür. Gerade diese sogenannte „letzte Meile“ von zuhause zur Bushaltestelle und umgekehrt bewegt so manchen, dann doch ins Auto zu steigen und den ganzen Weg zu fahren. Das „kommit“-Projekt des Bürgerlabors mobiles Münsterland (BüLaMo) möchte zeigen, wie ein nachhaltig und ganzheitlich gedachter Mobilitätsansatz auch im ländlichen Raum zumindest den Zweitwagen überflüssig machen kann.
Das Gefährt, das das Projekt dafür ausgesucht hat, ist der E-Roller. Die Idee: Inhaber eines Abonnements des Öffentlichen Personennachverkehrs (ÖPNV) können für zusätzlich zehn Euro im Monat einen E-Roller mieten und nach Belieben nutzen.
Neben den Busverbindungen und dem On-Demand-Verkehr (wie etwa ein Anruftaxi) stehen in diesem Zusammenhang die Fahrzeuge von und zur Haltestelle auf dem Prüfstand. Denn wer einmal im Auto sitze, der fahre erfahrungsgemäß an der Haltestelle vorbei - direkt ans Ziel, heißt es von den Projektverantwortlichen. Für diese sogenannte „letzte Meile“ komme der E-Roller ins Spiel, denn dieser könne platzsparend im Bus mitgenommen werden und sei am Zielort wieder im Einsatz.
Testphase abgeschlossen
Um zu erproben, ob eine E-Roller-Dauermiete für Fahrgäste eine interessante Option ist, haben der Kreis Coesfeld und die Regionalverkehr Münsterland GmbH Testpilotinnen und -piloten gefunden, die diese Form der Fortbewegung für einen Zeitraum von drei Monaten kostenlos ausprobiert haben. 20 Roller seien unterwegs gewesen, erklärt der Olfener Josef Himmelmann, Koordinator des Kreises Coesfeld für das BüLaMo Münsterland.
Die Testphase habe so gut durchgeschlagen, dass Interessierte nun ab dem 15. September einen E-Roller mieten können.
Einer, der getestet hat, ob sich der E-Roller dauerhaft für seine Bedürfnisse eignen würde, ist Dirk Nietmann aus Olfen. Der 51-Jährige ist Leiter der internen Revision der Universität Münster. Er ist mit einem E-Roller täglich zur Bushaltestelle gefahren, hat sich inklusive faltbarem E-Roller in den Bus nach Münster gesetzt, ist dort ausgestiegen und mit dem E-Roller zur Arbeitsstelle gefahren. Nach Feierabend ging das Ganze retour.
Seine Erfahrungen schildert er im Gespräch mit der Redaktion so: „Ich bin zwei Wochen mit dem E-Scooter unterwegs. Es ist der erste E-Scooter, auf dem ich jemals gestanden habe. Aber ich kann schon sagen: Ängstliche Naturen brauchen da keine Angst vor zu haben.“
Er habe schnell erfahren, dass er nicht auf dem Bürgersteig fahren darf, sondern auf Radwegen oder - falls kein Radweg vorhanden ist - auf der Fahrbahn. „Da muss man sich halt ein bisschen rantasten.“ Letztendlich habe ihm das E-Scooter-Fahren so viel Spaß gemacht, dass ich in Olfen manchmal eine Haltestelle früher ausgestiegen bin und den Rest der Strecke auf dem E-Scooter absolviert habe.“

Transferzeit verkürzt
Das E-Scooter-Angebot löse ein Problem für ihn: „Die Transferzeiten zu Fuß von zuhause bis zum Bus haben mich jeweils zehn Minuten und von der Bushaltestelle in Münster bis zu meiner Arbeitsstelle jeweils 20 Minuten gekostet. Diese eine Stunde Pendelzeit zum und vom Bus am Tag hat den Ausschlag gegeben, dass ich bis dato nicht vom Auto auf Bus umgestiegen bin.“ Das Problem habe sich mit dem E-Roller erledigt. Jetzt brauche er nur noch insgesamt 20 Minuten zur und von der Bushaltestelle.
„Es ist viel billiger, als mit dem Auto zu fahren, es ist umweltfreundlicher“, sagt Nietmann. Mit dem E-Roller könne er auch innerhalb von Münster problemlos Termine wahrnehmen. „Für mich ist das ein Volltreffer.“
Einen Kritikpunkt wird er aber doch los: „Den E-Roller kann man im Bus nicht festmachen.“ Laut Josef Himmelmann arbeite die RVM an einer Lösung dafür.
Ist so ein E-Roller nicht sehr schwer? „Der, den ich nutze, wiegt 13,5 Kilogramm; den nehme ich problemlos mit in den zweiten Stock ins Büro.“ Wie sieht die Reichweite aus? „25 Kilometer sind angegeben, sagt Dirk Nietmann. „Das reicht.“
Dirk Nietmann wird das Angebot dauerhaft wahrnehmen. „Mir war schon nach zwei Tagen klar, dass das die Lösung für Vieles ist.“
ÖPNV nach vorn bringen
Das sind die kompakt zusammengefasst die Eckpunkte zum E-Roller-Angebot:
- Das Angebot, einen E-Roller für zusätzliche zehn Euro im Monat zu mieten, gilt ab 15. September für alle Abo-Kunden aus Senden, Lüdinghausen und Olfen. Das Abo kann ein Deutschlandticket oder zum Beispiel ein Jobticket sein. „Wir wollen ja auch den ÖPNV nach vorn bringen“, sagt der Koordinator zur Verknüpfung des E-Roller-Angebots mit dem ÖPNV-Ticket.
- Die erste Laufzeit der Miete beträgt mindestens drei Monate.
- Die Miete ist monatlich kündbar.
- Gestartet wird mit 20 E-Rollern. „Wir können aber nachbestellen“, sagt Josef Himmelmann.
- „Einmal im Jahr kann man mit dem E-Scooter zum Service kommen, dann wird er überholt“, sagt Josef Himmelmann. „Er ist unfall- und kaskoversichert. Ein Rundum-Sorglos-Paket.“ Alles sei in den zehn Euro pro Monat enthalten.
- Den Service und Reparaturen bietet das Fahrradgeschäft „Pedale“ in Senden. Das Geschäft stellt auch die Roller vertragsgemäß bereit.
- Das Angebot gilt für Menschen aus Olfen, Lüdinghausen und Senden. „Wir haben aber bereits einen Antrag beim Bundesforschungsministerium in Berlin gestellt, dass wir das Gebiet auf den gesamten Kreis Coesfeld ausweiten wollen“, berichtet Himmelmann.
- Wer Interesse an dem E-Roller für zehn Euro pro Monat hat, kann sich an das „kommit“-Projektbüro unter Tel. (0251) 413449 wenden. Dort gibt es alle weiteren Informationen.
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