Olfen wappnet sich gegen Starkregen - und die Olfener sollten das auch tun

© Arndt Brede

Olfen wappnet sich gegen Starkregen - und die Olfener sollten das auch tun

rnSchutz vor Starkregen

Die heftigen Starkregen 2013 und 2014 haben in Olfen große Schäden verursacht. Die Stadt will vorbeugen. Doch auch die Bürger sollten sich und ihr Eigentum schützen.

Olfen, Vinnum

, 01.05.2019, 11:05 Uhr / Lesedauer: 4 min

Es ist ein wichtiges Thema: Starkregen und dessen Auswirkungen. Die Stadt Olfen arbeitet in einem Projekt mit Wissenschaftlern der Universität Stuttgart und der Technischen Universität Dortmund, mit der Plan und Praxis GbR und der Stadt Schwäbisch Gmünd zusammen, um Lösungswege gegen Starkregen zu finden. Erste Projektergebnisse stellten Vertreter der Projektpartner am Montag, 29. April, abends in der Stadthalle vor. Rund 20 Olfener besuchten diese als Bürgerforum apostrophierte Veranstaltung. Sie erfuhren einiges, das sie zum Nachdenken anregen dürfte.

Aus der Vergangenheit lernen

Das Projekt hat zum Ziel, aus vergangenen Starkregenereignissen - im konkreten Olfener Fall den Ereignissen in den Jahren 2013 und 2014 - zu lernen und Strategien im Umgang mit Starkregen zu entwickeln. Die Projektarbeit stützt sich unter anderem auf eine Haushaltsbefragung und Erkenntnissen der Feuerwehr zu Schadensgrößen und Auftreten des Starkregens. Daraus haben die Projektpartner Gefahrenkarten entwickelt. Dazu haben sie ein digitales Modell des Gebietes der Stadt Olfen und der Umgebung virtuell beregnen lassen. Daraus ergaben sich Hinweise, welche Bereiche Olfens bei extremem Starkregen besonders gefährdet wären. Dazu zählt der Bereich rund um den Grünen Weg und die Himmelmannstraße. Diesen Bereich, so viel konnten die Vertreter der Projektpartner schon sagen, werden sie näher unter die Lupe nehmen. Um aus diesen Erkenntnissen, wie stark und warum der Bereich besonders betroffen ist, Strategien entwickeln zu können.

So sieht die Gefahrenkarte für ein extremes Starkregenereignis in Olfen aus. Die tiefblauen Stellen zeigen, welche Bereiche der Stadt besonders gefährdet wären.

So sieht die Gefahrenkarte für ein extremes Starkregenereignis in Olfen aus. Die tiefblauen Stellen zeigen, welche Bereiche der Stadt besonders gefährdet wären. © Arndt Brede

Verantwortung bei Kommune und Bürgern

Das sind die ersten Erkenntnisse aus dem Projekt, das im Juli 2020 beendet sein soll:

Die Verantwortung zur Überflutungsvorsorge liegt bei den Kommunen (Daseinsvorsorge) und den Bürgern (Eigenvorsorge). „Es gibt keinen Anspruch des Einzelnen an die Stadt, vor Starkregen geschützt zu werden“, sagt Prof. Dr. Stefan Greiving von der TU Dortmund dazu. Die Entwässerungssysteme und Kanäle seien auf extreme Ereignisse gar nicht auszulegen. „Selbst wenn man das könnte, würde es zu Entwässerungsbeiträgen kommen, die so exorbitant teuer wären, dass keiner sie bezahlen könnte.“

Aus Sicht der Stadt sei eine „wassersensible Stadtentwicklung“ angebracht. Dazu gehören Notwasserwege und Bereiche zur Zwischenspeicherung von Niederschlagswasser. „Wir denken darüber nach, den Festplatz an der Stadthalle tieferzulegen, damit dort Wasser stehenbleiben kann“, erklärt Bürgermeister Wilhelm Sendermann. Zu beispielhaften Maßnahmen gehören auch Rampen zur Gewährleistung der Barrierefreiheit. „Alles ebenerdig erreichbar zu machen, fördert zwar die Barrierefreiheit, erleichtert dem Wasser aber auch, ins Gebäude zu fließen“, führt Sendermann aus.

Sie gaben auf dem Podium Informationen: (v.l.) Prof. Dr. Stefan Greiving, Holger Pietschmann, Wilhelm Sendermann, Britta Weißer, Sebastian Arns und Isabel Post.

Sie gaben auf dem Podium Informationen: (v.l.) Prof. Dr. Stefan Greiving, Holger Pietschmann, Wilhelm Sendermann, Britta Weißer, Sebastian Arns und Isabel Post. © Arndt Brede

Eigenvorsorge ist erforderlich

Zur Eigenvorsorge durch die Bürger können wasserdichte und druckfeste Fenster und Türen und Rückstauklappen in privaten Gebäuden dienen und so das Eindringen von Wasser verhindern. Wichtig seien auch erweiterte Elementarschadensversicherungen für Gebäude und Inventar.

Es gibt zudem auch die Verhaltensvorsorge: Dazu gehöre, Gegenstände von Wert so aufzubewahren, dass sie nicht vom Wasser erreicht werden können.

Elf Prozent Rücklaufquote

Das sind Ergebnisse aus der Haushaltsbefragung:

5340 Haushalte haben den Fragenbogen bekommen. Es hat 606 Antworten gegeben, was einer Rücklaufquote von elf Prozent gleichkommt.

Aus den Rückmeldungen, wo es in Olfen Schäden durch Starkregen gegeben hat, könne man herauslesen, dass Gebäude der Baujahre 1961 bis 2000 häufiger von Schäden betroffen waren als andere Baujahre, erklärt Britta Weißer von der Uni Stuttgart.

Wasser sei bei Starkregen zu einem hohen Prozentsatz (70 Prozent) durch Kellerzugänge und -fenster eingedrungen. 50 Prozent der Bürger gaben an, dass das Wasser durch die Kanalisation eingedrungen sei.

Bei der Angabe der Schadenssumme kam heraus, dass 26 Prozent angaben, Schäden bis zu 500 Euro zu haben. 23 Prozent erklärten, Schäden bis zu einer Höhe von 5000 Euro gehabt zu haben. Zehn Prozent lagen bei bis zu 10.000 Euro, sechs Prozent bei bis zu 20.000 Euro.

Die Olfener, die zum Bürgerforum gekommen waren, interessierten sich für die Gefahrenkarten.

Die Olfener, die zum Bürgerforum gekommen waren, interessierten sich für die Gefahrenkarten. © Arndt Brede

Bessere Risikokommunikation

Was bei der Haushaltsbefragung auch herausgekommen ist: 61 Prozent wissen nichts über Schutzmaßnahmen. Daraus leiten die Projektverantwortlichen ab, dass es einer besseren Risikokommunikation bedürfe. Dazu zählt auch die Aufklärung der Bürger über Schutzmaßnahmen vor Starkregen.

Jetzt lesen

Aus dem Bürgerforum in der Stadthalle ergeben sich Fragen:

Wie geht es mit dem Projekt weiter?

Laut Holger Pietschmann (Plan und Praxis GbR) wird ein räumlicher Bereich Olfens - voraussichtlich der Bereich Grüner Weg, Himmelmannstraße, Von-Vincke-Straße - exemplarisch betrachtet, „um Leitlinien zu entwickeln“.

Hat die Stadt bereits gehandelt?

Ja, hat sie, sagt Bürgermeister Sendermann. Und zwar dort, wo sie verantwortlich ist. Zum Beispiel, indem der St.-Vitus-Park anders modelliert worden sei, etwa, indem Mulden angelegt wurden, in denen Wasser stehen bleiben kann und nicht in Gebäude zum Beispiel des St.-Vitus-Stifts läuft.

Wie wäre es, eine große Fläche zu schaffen, in die das Wasser im Fall eines Starkregens laufen kann?

Diese Frage warf ein Olfener auf. Antwort von Sebastian Arns (Ingenieurbüro Reinhard Beck): Um Wasser zu hindern, in Gebäude zu laufen, bedürfe es einer Vielzahl von Maßnahmen. Ein großes Becken reiche nicht aus. Allerdings versicherte Bürgermeister Sendermann, dass künftig bei allen Planungen für Neubaugebiete die Gefahrenkarten als Anhaltspunkt dienen, um geeignete Maßnahmen zum Schutz vor Starkregenschäden ergreifen zu können.

Wo sind die Gefahrenkarten einzusehen?

Noch 2019, so erklärte die zuständige städtische Mitarbeiterin Isabel Post, sollen die Gefahrenkarten mit Erklärungen auf die Homepage der Stadt Olfen gestellt werden. Dann sei es auch möglich, sich persönlich im Rathaus nach Terminvereinbarung die Karten anzusehen.

Es waren nur knapp 20 Olfener beim Bürgerforum. Wo können sich die übrigen Olfener über das Starkregen-Projekt informieren?

Das Projekt soll auch beim Frühlingsfest „Olfen blüht auf“ am 12. Mai in der Innenstadt vorgestellt werden.

Nicht vorhersehbar

Was aber während des Bürgerforums auch klar wurde: Keines der Starkregenereignisse war vorhersehbar. In Olfen gab es innerhalb weniger Minuten Wassereinstauungen, sagt Prof. Dr. Stefan Greiving von der TU Dortmund. Allerdings gab es, im Gegensatz zu Schwäbisch Gmünd, in Olfen keine Toten.

So kommentiert Redakteur Arndt Brede:

Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig

Absoluten Schutz gegen extremen Starkregen gibt es nicht. Das ist eine der Erkenntnisse aus der bisherigen Projektarbeit zum Thema Schutz vor Starkregen. Dennoch ist es wichtig, dass sich die Stadt damit beschäftigt.

„Es ist ja bei uns noch immer gutgegangen.“ Das mag so mancher denken, der bisher nicht vom Starkregen betroffen war. Doch Vorsicht: Wasser sucht sich seinen Weg. Und wo Starkregenzellen ihre nasse Last ausschütten, ist nicht vorhersehbar. Starkregen kann also jeden treffen. Umso unverständlicher ist es, dass nur rund 20 Olfener zum Bürgerforum gekommen sind, um sich Ergebnisse der Projektarbeit vorstellen zu lassen.

Die Projektpartner tun gut daran, sich nicht von der sehr mäßigen Resonanz auf das Bürgerforum abschrecken zu lassen. Was sie gerade erforschen, kann nachhaltige Auswirkungen auf bereits bestehende Gebäude und Grundstücke sowie auf noch zu planende Neubaugebiete haben. Insofern ist es richtig, die Öffentlichkeit zu informieren. Ob in Form eines Bürgerforums oder mit Infoständen auf dem Frühlingsfest. Wenn nur ein Olfener wertvolle Erkenntnisse aus der Projektarbeit gewinnt, hat sich diese Arbeit schon gelohnt.

Schlagworte: