Hauseigentümer können ein Lied davon singen, wie sich Starkregen auf ihre Immobilie und ihr Leben auswirken kann. Die Stadt Olfen feilt an Lösungen. Mit Hilfe eines speziellen Projekts.

Olfen

, 08.02.2019, 05:25 Uhr / Lesedauer: 10 min

Astrid und Andreas Schwartzfeldt erinnern sich noch sehr genau an den Tag, als das Wasser kam. Es war der 20. Juni 2013, der Tag, an dem Andreas Schwartzfeldt 39 Jahre alt wurde. „Wir waren mit der Familie nachmittags hier zuhause und haben Kaffee getrunken“, erzählt der Olfener. Gegen 15 Uhr sei ein Nachbar gekommen und habe gefragt: „Habt ihr auch Wasser im Keller?“ Er sei zwar spontan überzeugt gewesen, dass in seinem Haus am Springenkamp kein Wasser im Keller stehe, sei aber vorsichtshalber doch die Kellertreppe hinunter gestiegen. „Die letzten beiden Stufen standen schon unter Wasser. Wir hatten das so nicht mitbekommen“, sagt Schwartzfeldt. „Es hatte die letzten beiden Tage schon stark geregnet, aber wer denkt an so was?“

Heftig ging 2013 der Regen über Olfen hernieder.

Heftig ging 2013 der Regen über Olfen hernieder. © Werner Zempelin

Der Schock bei der Familie war groß. „Ich habe dann die Feuerwehr angerufen, aber die war natürlich überall im Einsatz.“ Das Wasser im Keller habe auf der gesamten Fläche zehn bis 20 Zentimeter hoch gestanden.

Am 20. Juni 2013 rückte die Feuerwehr an und pumpte den Keller von Familie Schwarzfeldt leer.

Am 20. Juni 2013 rückte die Feuerwehr an und pumpte den Keller von Familie Schwarzfeldt leer. © Andreas Schwarzfeldt

Projekt wird seit 2017 finanziell gefördert

Die Keller sind wieder trocken, das Thema bewegt weiter. Seit Anfang 2017 arbeitet die Stadt Olfen gemeinsam mit der Universität Stuttgart, der Plan und Praxis GbR, der Stadt Schwäbisch Gmünd und der TU Dortmund am Forschungsprojekt „Resi-extrem - Resilienzbildung nach Extremereignissen: Lessons Learned und neue Strategien für Städte im Umgang mit räumlich ubiquitär auftretenden Extremereignissen“. Resilienz - das steht für die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen. Ubiquitär steht für überall. „Resi-extrem“ soll der Stadt Olfen helfen, Strategien für die Stadtentwicklung zu erarbeiten, um dadurch solchen Extremereignissen wie Starkregen begegnen zu können. Inhaltlich beschäftigt sich das Forschungsprojekt, für das Olfen im Juni 2017 Förderung vom Bund erhalten hatte, mit der Aufarbeitung der Starkregenereignisse insbesondere in den Jahren 2013 und 2014.

Andreas Schwartzfeldt zeigt einen der Kellerschächte, in die 2013 das Wasser reingelaufen ist.

Andreas Schwartzfeldt zeigt einen der Kellerschächte, in die 2013 das Wasser reingelaufen ist. © Arndt Brede

Damals, so schildert es Andreas Schwarzfeld, hatte das Wasser den Weg über den Kellerschacht genommen. Und zwar vom Alten Postweg, an den sein Haus grenzt, über den Rasen und von dort durch die Fenster in den Keller. „Wir hatten zwar Drainagepumpen, aber das Wasser ist im Ablaufkanal schon so hoch gestiegen, dass die Pumpe nur noch im Kreis gepumpt hat.“ Folge: Das Wasser sei in den Kellerschächten immer höher gestiegen und irgendwann durch die Fenster geflossen. Der Wasserdruck habe dann die Fenster, die nach innen aufgehen, aufgedrückt.

Die Siedlung, in der die Schwartzfeldts wohnen, grenzt an den Alten Postweg.

Die Siedlung, in der die Schwartzfeldts wohnen, grenzt an den Alten Postweg. © Arndt Brede

Mittlerweile, rund eineinhalb Stunden nach seinem Anruf, sei dann an jenem 20. Juni vor sechs Jahren die Feuerwehr angerückt. Zuerst haben die Feuerwehrleute den Kellerschacht leer gepumpt. Der erste Versuch, den Keller leer zu pumpen, habe zunächst nicht geklappt. „Aber dann sind sie mit Nassstaubsaugern gekommen und haben ihn dann trocken gelegt.“

Als das erledigt war, hörte die Arbeit für die Schwartzfeldts aber nicht auf. „Wir mussten die Holztüren austauschen“, erzählt Astrid Schwartzfeldt. Eine Fachfirma habe den Estrich mit Trockenpumpen trocken gelegt, ergänzt ihr Mann. In einem Raum hatte Andreas Schwartzfeldt gerade Laminat verlegt. „Das hat natürlich geschwommen.“ Sechs bis sieben Wochen habe es gedauert, bis alles richtig trocken im Keller war.

Das Projekt Resi-extrem findet er eigentlich gut. „Es kommt für uns aber zu spät. Das Thema hätte die Stadt schon viel früher aufgreifen sollen.“ Mittlerweile habe man ja zum Beispiel im Neubaugebiet Ächterheide Maßnahmen ergriffen. Für die Straßenzüge Alter Postweg und Springenkamp dagegen reiche das vorhandene Regenrückhaltebecken aber nicht aus. Und dass in Olfen viele Baugebiete entstanden sind und dadurch viel Fläche versiegelt wurde, habe zur Folge, dass das Wasser sich bei Starkregen den Weg auch wieder bis zu seinem Haus suche.

Ganze Straßen waren 2013 überschwemmt.

Ganze Straßen waren 2013 überschwemmt. © Werner Zempelin

Förderung endet 2020

Das Ziel, sich gegen Hochwasser zu wappnen, soll zum Ende des Förderzeitraums im Jahr 2020 erreicht werden. Dazu mussten einige Grundlagen erarbeitet werden, wie Isabel Post vom Umweltamt der Stadt Olfen berichtet. Während des Projektes ist die Datenlage der Stadt Olfen mit Hilfe von Schadensmusterkarten zu analysieren. Zu erstellen ist eine Starkregengefahrkarte. Und es gab eine Haushaltsbefragung in Olfen. Die Haushaltsbefragung sollte wichtige Erkenntnisse über die vergangenen Starkregenereignisse und die Verwundbarkeit und das Problembewusstsein in Olfen bringen. Bürgermeister Wilhelm Sendermann kommentiert das so: „So ein bisschen ist das Wetter schon komisch. Haben wir eine Klimaveränderung? Was kann sie für die Stadt an Aufgabenstellungen stellen?“

Isabel Post ist durch das Forschungsprojekt bei der Stadt Olfen angestellt worden.

Isabel Post ist durch das Forschungsprojekt bei der Stadt Olfen angestellt worden. © Theo Wolters (A)

Der Bau- und Umweltausschuss erhielt jüngst eine Zwischenbericht von eben jener Isabel Post, die aufgrund der Forschungsprojektgelder bei der Stadt Olfen als zuständige Mitarbeiterin eingestellt werden konnte. Allein Olfen bekomme über drei Jahre insgesamt 125.000 Euro an Geldern für das ganze Projekt. Das Projekt beschäftige sich mit der Thematik für Klein- und Mittelstädte. Olfen sei die Modellkommune für die Kleinstädte. Hier soll geschaut werden, wie man sich, obwohl solche Extremereignisse nicht vorhersehbar seien, dagegen wappnen kann. Diese Erkenntnisse sollen in die räumliche Planung und die Stadtentwicklung integriert werden. Das Projekt laufe bereits seit einem Jahr. In diesem Zeitraum seien unter anderem auch Daten der Feuerwehr über Starkregenereignisse gesammelt worden.

606 machten bei Haushaltsbefragung mit

Die Erkenntnisse aus der Haushaltsbefragung liegen jetzt vor. Von 5400 Befragten haben sich 606 zurückgemeldet. Das entspreche rund 11 Prozent der in Olfen gemeldeten Wohn- und Gewerbeadressen, heißt es in einer Pressemtteilung der Stadt Olfen. Von diesen Haushalten waren nahezu alle, die geantwortet haben, schon 2013 und 2014 während der Starkregenereignisse ansässig. Auf Grundlage der Rückmeldungen konnten einige Daten ausgewertet werden.

So haben 16 Prozent der befragten Haushalte in den Jahren 2013 und 2014 Schäden durch Starkregenereignisse erlitten. Das Wasser habe dabei hauptsächlich durch Kellerfenster beziehungsweise Kellerzugänge und durch den Kanalrückstau den Weg ins Haus gefunden. Dadurch seien größtenteils Fußböden, Türen und Möbel beschädigt worden. „Allerdings konnten vereinzelt auch Schäden an Heizungen, Strom- und Wasserversorgung sowie an Öltanks festgehalten werden“, so die Stadt weiter. Letztendlich belief sich die Gesamtschadenssumme jedoch mehrheitlich auf unter 500 Euro (35 Prozent). Nichtsdestotrotz gaben laut Stadt 14 Prozent der befragten Haushalte eine Gesamtschadenssumme von 5.000 bis 19.999 Euro an.

Ein anderer Abschnitt der Haushaltsbefragung setzte sich damit auseinander, ob Schutzmaßnahmen gegenüber Starkregenereignisse auf dem Grundstück vorzufinden sind. In diesem Teil gaben über 76 Prozent der befragten Haushalte an, Vorsorgeeinrichtung an dem Gebäude oder Grundstück zu besitzen. Dabei handelt es sich mehrheitlich um abfallende Einfahrten in Richtung der Straße sowie um Rückstauklappen an den Abwasserleitungen. Allerdings sei von rund einem Viertel der befragten Haushalte angegeben, dass Pumpen, sogenannte Bitumendickbeschichtung und Kanten vorzufinden sind. Jedoch gaben nach Auskunft der Stadt 60 Prozent der Befragten auch die Rückmeldung, lediglich geringe Kenntnisse über bauliche Maßnahmen zu besitzen.

Bei Starkregen sind vor allem die untersten Geschosse von eintretendem Wasser bedroht, teilt die Stadt mit. Deshalb wurde ein Augenmerk der Befragung auf diese Thematik gelegt. „Die Befragten gaben größtenteils an, dass sich in diesen Räumen Gegenstände befinden, deren Überflutung schwere negative Folgen haben kann“, heißt es in der Pressemitteilung. Bei 96 Prozent der Befragten befinden sich dort die Strom- und Wasserversorgung. Dabei sei auch festzuhalten, dass mehr als die Hälfte der Befragten (58 Prozent) nicht weiß, ob sich ihr Grundstück in einem überflutungsgefährdeten Bereich befindet.

Eine Seenlandschaft zwischen der Drei-Bogen-Brücke und der Brücke an der Bundesstraße 235: Mit der Schneeschmelze und den Regenfällen war die Stever 2011 auch in Olfen wieder an verschiedenen Stellen über die Ufer getreten.

Eine Seenlandschaft zwischen der Drei-Bogen-Brücke und der Brücke an der Bundesstraße 235: Mit der Schneeschmelze und den Regenfällen war die Stever 2011 auch in Olfen wieder an verschiedenen Stellen über die Ufer getreten. © Matthias Münch (A)

Familie Schwartzfeldt hat bereits vorgesorgt. Andreas Schwartzfeldt: „Der Rasen hat jetzt eine Schräge vom Haus weg und ich habe eine zweite Pumpe angeschafft.“ Und er spiele mit dem Gedanken, die Kellerfenster durch Fenster zu ersetzen, die nach außen und nicht nach innen aufgehen.

Olfens Norden und der Stadtkern betroffen

Innerhalb des Projektes Resi-extrem gibt es übrigens bereits nähere Erkenntnisse, wo in Olfen Starkregen am häufigsten auftritt. Aus den Ergebnissen aller bisheriger Daten sei eine Schadensmusterkarte erstellt worden, berichtet Isabel Post. Demnach bewegen sich Starkregenereignisse eher im nördlichen Bereich Olfens und im Stadtkern.

Olfener Starkregen war eher moderat

Einer der Motoren des Forschungsprojekts ist Prof. Dr. Stefan Greiving. Er leitet die Abteilung Forschung am Fachbereich Raumplanung der TU Dortmund. Im Bauausschuss erklärte Greiving, wohnhaft übrigens in Olfen-Vinnum: „Im Falle von Überschwemmungen, etwa der Stever, weiß die Bezirksregierung Münster genau, wo sich was im Fall eines 100-jährlichen Starkregenereignisses aufstaut. Bei Starkregen gibt es weder eine Zuständigkeit der staatlichen Wasserwirtschaftsbehörden noch genaue Kenntnisse dazu, wo die Überflutungen auftreten. Die können im Prinzip überall auftreten. Vor vier Jahren sind sie in Münster aufgetreten. Da lag die durchschnittliche Schadenssumme pro Haushalt bei über 8000 Euro. Die Schäden in Münster lagen bei rund 20 Millionen Euro.“ Olfen habe es noch nie extrem betroffen. „Was wir 2013 und 2014 erlebt haben, war relativ moderat im Verhältnis dazu.“ Man wisse nicht, wann und wo es passiere. „Was wir aber wissen, ist, was passiert, wenn es regnet. In der Annahme, dass es hier in Olfen zu einem 100-jährlichen Regenereignis kommt, also ein Ereignis, das statistisch einmal alle 100 Jahre auftritt, haben wir uns angeschaut, welche Intensität es hat, wo das Wasser hinfließt und wo welche Einstautiefen auftreten.“ Es seien Fließwege und Senken identifiziert worden. Ein Zentrum, wo es besonders tief ist, liege im Bereich Wieschhofschule, St.-Vitus-Stift, Vitus-Kirche, aber auch am Grünen Weg.

Prof. Dr. Stefan Greiving ist der Motor des Forschungsprojekts zum Thema Starkregen.

Prof. Dr. Stefan Greiving ist der Motor des Forschungsprojekts zum Thema Starkregen. © TU Dortmund

Kanalnetz nicht für Extremregen ausgerichtet

Die Kanalisation konnte die Regenmassen nicht fassen.

Die Kanalisation konnte die Regenmassen nicht fassen. © Werner Zempelin

Bei einem Starkregenereignis könne das städtische Kanalnetz die Wassermengen nicht aufnehmen. „Das können die Bürger von der Stadt auch nicht erwarten“, so Stefan Greiving. Die Netze müssen laut Greiving nach den technischen Normen nur für das drei- bis fünfjährliche Regenereignis ausgelegt werden. Alles andere wäre unwirtschaftlich und würde zu astronomischen Gebührenhöhen führen, wenn man die Kanäle für derartige Extremereignisse auszulegen versuchen würde, sagt der Experte.

Laut Prof. Stefan Greiving ist die Kanalisation für extreme Regenfälle nicht ausgerichtet.

Laut Prof. Stefan Greiving ist die Kanalisation für extreme Regenfälle nicht ausgerichtet. © Werner Zempelin

Konflikt: Barrierefreiheit und Schutz vor Wasser

Und dann kommt Greiving zu einem Thema, das vor allem die Stadtspitze, die Politik, aber auch Häuslebauer aufhorchen lassen müsste: „Es gibt diesen klassischen Zielkonflikt. Da ist das, was wir ja alle wollen, nämlich Barrierefreiheit.“ Das mache man ja bei Neuerschließung von Wohngebieten. Gleichzeitig sei es so, dass, wenn man keine Stufe zum Erdgeschoss habe, man keine Möglichkeit habe, den Wassereintritt ins Gebäude zu verhindern. Lösungen könnten in Rampen liegen oder, bei Straßen V-Profile anzulegen, sodass das Wasser nicht am Straßenrand ablaufe, sondern in der Straßenmitte. Das seien Maßnahmen, an denen im weiteren Verlauf des Projekts auch gearbeitet werde. Es habe aber auch schon Überlegungen gegeben, den Parkplatz an der Stadthalle so abzusenken, dass er im Falle eines Starkregens als Zwischenspeicher dienen könne. Damit das Wasser nicht in die privaten Grundstücksflächen laufen könne. Und damit die städtische Kanalisation ein wenig entlastet werde.

Verwundbare und schutzbedürftige Bereiche suchen

Geplant sei im Laufe des Projektes eine Veranstaltung, in der die Olfener über die Ergebnisse des Forschungsprojekts informiert werden sollen. Vorher müsse aber noch herausgefunden werden, wo es in Olfen Einrichtungen gebe, die besonders verwundbar gegen Starkregen und somit besonders schutzbedürftig seien. Zudem sei sein Forscherteam auch auf der Suche nach besonders kritischen Bereichen der Infrastruktur, etwa in Sachen Stromversorgung oder Hauptverkehrswege. Weil dort die Gefahr bestehe, dass die Stromversorgung unterbrochen werde oder die Feuerwehr ihre Einsatzorte gar nicht mehr erreichen kann. Das sei in Münster vor vier Jahren passiert. Und in Dortmund im Jahr 2008 sei die Trafostation für Hochwasserpumpen des Bergbaus ausgefallen. Dadurch habe es Überschwemmungen gegeben.

Neben der Information der Bürger stehe im Vordergrund des Projektes, „der Stadt Olfen zu helfen“, um Problemen vorzubeugen. Außerdem sei beabsichtigt, für Maßnahmen, die die Infrastruktur in Sachen Starkregen stärken, Fördermittel aus dem Städtebauförderprogramm zu bekommen. Und die Planung für solche Maßnahmen übernehmen die Partner des Forschungsprojektes.

Ganz konkrete Hilfe für potenziell Betroffene

Wo liegt aber der Nutzen der Bürger? Auch darauf hat Stefan Greiving eine Antwort: „Wir stellen uns eine Art Stadtfest vor, bei dem wir die Bürger informieren.“ Möglicherweise gelinge es in Kooperation mit Unternehmen, den Bürgern im Sinne der technischen Ertüchtigung von Gebäuden in Form von Rückstau- oder Hebeanlagen Leistungen anzubieten, um ganz konkret den potenziell Betroffenen zu helfen.

Versicherer mit ins Boot nehmen

Ein Thema, das sicher auch mit den Bürgern zu diskutieren sei: Elementarschadensversicherung. „In Münster 2014 glaubten die Leute, versichert zu sein. Die wenigsten waren es.“ Eine normale Gebäudeversicherung schließe zwar Elementarschäden wie Feuer oder Sturm ein, aber nicht Wasser. Das erfordere eine Erweiterung der Gebäudeelementarversicherung. Deshalb sei geplant, die ortsansässigen Versicherungsagenturen anzusprechen und für die Informationsveranstaltung zu gewinnen.

Was den Schwartzfeldts passiert ist, war damals solch ein Fall für die Versicherung. „Gott sei Dank hat unsere Elementarschadenversicherung Wasserschäden mit einbezogen“, sagt Andreas Schwartzfeldt. Die Versicherung zahlte. Mal abgesehen von den materiellen Schäden hat der Wassereinbruch aber auch emotionale Folgen für die Familie: „Das Problem ist, dass man quasi hilflos ist“, erzählt Schwartzfeldt. „Wenn das Wasser kommt, kommt es.“

Auch im folgenden Jahr, 2014, hat es in Olfen Starkregen gegeben. Passiert ist den Schwartzfeldts dieses Mal nichts. „Aber wir hatten schon ein wenig Angst“, sagt Astrid Schwartzfeldt. „Aber mittlerweile sehen wir das schon wieder gelassener.“

Feuerwehr: Schwachstellen sind identifizierbar

Die Olfener Feuerwehr begrüßt die Initiative der Stadt und das Forschungsprojekt. Markus Pöter, stellvertretender Leiter der Freiwilligen Feuerwehr Olfen: „Für die Feuerwehr Olfen ist das Projekt wichtig, um die Auswirkungen von Starkregen zu kennen.“ Dies betreffe nicht nur die unmittelbaren Auswirkungen, sondern auch einen begleitenden Ausfall der Stromversorgung. Spannend sei die Fragestellung, ob die bislang gemachten Erfahrungen mit den Prognosen des Projektes übereinstimmen.

„Mit Hilfe des Projektes können Schwachstellen identifiziert werden, die eine gezielte Einsatzvorbereitung auch für die Feuerwehr ermöglichen“, erklärt Pöter. Dies betreffe die technische Vorbereitung in Form von Ausstattung mit Pumpen und Aggregaten sowie die Einrichtung eines Führungsraumes. Interessant für die Feuerwehr seien aber auch organisatorische Verknüpfungen innerhalb der städtischen Gefahrenabwehr. Dies könne nicht nur für den Fall Starkregen, sondern auch für andere Ereignisse hilfreich sein. Eine wesentliche Fragestellung wäre aus Sicht der Feuerwehr auch, durch welche Medien die Information mit der Bevölkerung in einem solchen Schadensfall zeitnah erfolgen kann.

An die Starkregenereignisse 2013 und 2014 hat Markus Pöter sehr genaue Erinnerungen: „Im Zuge der Starkregenereignisse waren einige örtliche Schwerpunkte zu erkennen. Es ist gleichzeitig eine große Anzahl von Einsätzen gemeldet worden, die durch die Feuerwehr nicht gleichzeitig abgearbeitet werden konnte.“ Die Feuerwehr habe dann sogenannte Erkunder eingesetzt, um Prioritäten und Einsatzschwerpunkte festzulegen. „Unsere Wahrnehmung ist, dass die Olfener Bevölkerung sich nach Möglichkeit zum Beispiel mit Tauchpumpen selbst hilft.“ Eine solche Selbsthilfe könne jedoch durch einen gleichzeitigem Stromausfall eingeschränkt werden. Die Feuerwehr warnt laut Markus Pöter deutlich vor den Gefahren von elektrischem Strom in vollgelaufenden Kellergeschossen. „Insbesondere, wenn elektrische Verteilungen unter Wasser stehen, kann sich im Wasser ein elektrisches Feld ausbilden.“

Im Jahr 2016 ist die Feuerwehr Olfen übrigens auch überörtlich bei einem Starkregenereignis in Rosendahl eingesetzt gewesen. Pöter: „Um die Hilfe zwischen den Städten zu koordinieren, haben die Feuerwehren im Kreis Coesfeld eine Vereinbarung zur wechselseitigen Hilfe zwischen Nord- und Südkreis geschlossen. Hierdurch können im Bedarfsfall jeweils sechs weitere Feuerwehrfahrzeuge als Soforthilfe angefordert werden.“

Konkrete Maßnahmen machen das Thema greifbar

Um vorbeugen zu können, sollen nun also Städte widerstandsfähiger gemacht werden, wenn es um Extremereignisse geht. Bisher finden sich in Konzepten für die Entwicklung der Stadt jedoch nur indirekt Aussagen zur Anpassung an solche Extremereignisse, heißt es aus dem Forschungsprojekt „Resi-extrem“. Quasi als Reallabor besteht in Olfen die Möglichkeit, ein auf Resilienz zielendes städtisches Entwicklungskonzept zu erarbeiten, pilotweise umzusetzen und zu testen. Olfens Bürgermeister Wilhelm Sendermann ist von den Chancen des Projekts überzeugt: „Wann haben wir die Gelegenheit, auf solch hohem fachlichen Niveau auf diese Dinge einzuwirken? Unsere Kanalsysteme sind danach nicht ausgerichtet und durch die Arbeit im Forschungsprojekt wird uns das Thema erst mal klarer.“ Und es bestehe die Chance, Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt zu bekommen, „die uns im Moment auf den ersten Blick relativ weit weg vorkommen“. Klar sei, dass die Arbeit des Forschungsprojekts nicht als theoretische Studienarbeit gesehen werden, sondern dass die Stadt Hinweise für die Stadtentwicklung bekomme. „Vielleicht können wir für potenziell Betroffene dann etwas erreichen.“ Wenn konkrete Maßnahmen entstehen, werde das ganze Thema dann auch greifbar.

Während des Hochwassers im Dortmunder Stadtteil Marten im Jahr 2008 hatten die Einsatzkräften viel zu tun.

Während des Hochwassers im Dortmunder Stadtteil Marten im Jahr 2008 hatten die Einsatzkräften viel zu tun. © Jens Ostrowski (A)

Ereignisse immer häufiger und heftiger

Schon 2012 hatte Prof. Greiving gegenüber angehenden Wissenschaftsjournalisten der TU Dortmund im Zusammenhang mit dem Hochwasser 2008 in Dortmund folgendes gesagt: „Wir wissen, dass solche Ereignisse häufiger und heftiger werden. Insofern ist das Dortmunder Ereignis ein Warnsignal für das, was wir in Zukunft regelmäßiger erwarten können.“ Damals, 2008, hatte es in Dortmund einen Starkregen gegeben. Am 26. Juli waren an der Wetterstation Dortmund-Uni innerhalb von nur einer Stunde rund 119 Liter Niederschlag (Regen und zeitweise Hagel) pro Quadratmeter vom Himmel gestürzt. Während des rund vierstündigen Gewitters hatten rund 203 Liter pro Quadratmeter in Teilen der Stadt verheerende Verwüstungen angerichtet. Normal sind im gesamten Monat Juli etwa 80 Liter pro Quadratmeter.

Die Emscher musste bei diesem Extremniederschlag zwangsläufig über die Ufer treten. Eine regelrechte Flutwelle baute sich auf und so schoss der Pegelstand innerhalb von nur 90 Minuten über vier Meter in die Höhe. Solche Extremmengen wie in Dortmund können ganze Ortsteile bis zu einem Meter hoch unter Wasser setzen. So war es auch. Schlamm und Geröll sowie Treibgut sorgte dann für zusätzliche Schäden und chaotische Straßenverhältnisse. Nach Presseberichten sind an diesem Tag über 4.500 Notrufe alleine in Dortmund verzeichnet worden und die Aufräumarbeiten dauerten mehrere Tage an. Auch die Feuerwehr war im Dauereinsatz.

Es sei gerade auch die Arbeit der Feuerwehr gewesen, die ihnen bei der Bewältigung des Wassereinbruchs geholfen habe, sagt Andreas Schwartzfeldt. Er habe sich ein paar Tage nach dem 2013-er Starkregen bei der Freiwilligen Feuerwehr Olfen mit Getränken für ihren Einsatz bedankt. Andreas Schwartzfeldt hat dann die Gelegenheit genutzt, sich mal näher mit der Arbeit der Feuerwehr zu beschäftigen. Aus eigener Erfahrung weiß er, wie wichtig die Feuerwehr ist. Dass es doch das Schönste ist, anderen zu helfen. Andreas Schwartzfeldt ist mittlerweile selber Feuerwehrmann in Olfen.