Olfen stellt sich bei Flüchtlingsbetreuung neu auf
Bürgermeister im Interview
Vor einigen Wochen hatte Wilhelm Sendermann seinen ersten Tag als Bürgermeister der Steverstadt Olfen. Im Interview mit Theo Wolters blickt der Bürgermeister auf das noch junge Jahr 2016 voraus. Im ersten Teil des Interviews geht es heute unter anderem um Integration von und Wohnraum für Flüchtlinge.

Wilhelm Sendermann und seine Ehefrau Doris auf dem Weg ins Bürgerhaus.
Das Thema Flüchtlinge wird sicherlich auch in den nächsten Monaten und Jahren aktuell sein. Wie ist Olfen bei diesem Thema aufgestellt? Was kann noch getan werden?
Das Problem ist, dass alles nicht so richtig planbar ist. Wir können immer nur ein paar Wochen im Voraus denken. Eine Entlastung für Olfen ist sicherlich, dass wir die Notunterkunft des Landes in Vinnum haben, sonst müssten wir jetzt deutlich mehr kommunale Flüchtlinge unterbringen.
Nach Ansicht des Landes sollen die kleinen Einrichtungen allerdings bald aufgegeben werden. Dazu würde Vinnum wahrscheinlich erst mal nicht gehören. So haben wir hoffentlich nicht den großen Druck, weitere Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen. Unser Ziel ist es nämlich in erster Linie, Wohnungen für die anerkannten Flüchtlinge bereitzustellen. Dies bereiten wir zurzeit vor.
Da ist zum Beispiel zu entscheiden, was wir mit dem ehemaligen Kindergartengebäude an der Dattelner Straße nach Fertigstellung des Leohauses machen. Möglich ist auch die Schaffung von Wohnungen im Bereich Ächterheide. Dort wie an anderen Stellen aber auch immer nur in begrenztem Umfang.
Zurzeit erhält Olfen keine kommunalen Zuweisungen. Doch dies kann sich im Jahr 2016 ändern. Ist die Stadt Olfen darauf vorbereitet?
Im ehemaligen Marienheim gibt es noch einige Plätze. Es gibt zwei Möglichkeiten. Man schafft neue Notunterkünfte oder sucht nach Alternativen. Wir wissen, dass zurzeit in Olfen Flüchtlinge eine Anerkennung bekommen und so wahrscheinlich auf Dauer hier bleiben werden. Wir setzen für diese Personen auf eine wohnungsmäßige Unterbringung.
Wir haben zum Beispiel die Möglichkeit, im neuen Baugebiet Ächterheide Wohnungen zu schaffen. Der Stadt gehört dort im Bereich Kökelsumer Straße/Ächterheide eine große Fläche. Dort könnten, ich sage mal im Verhältnis von vielleicht zehn Prozent, auch Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge gebaut werden. Parallel müssen wir natürlich Ausschau nach weiteren Plätzen in Notunterkünften halten.
Wie groß ist die Fläche und was für Wohnungen könnte es dort geben?
Die Grundstücksflächen für eine dreigeschossige Bebauung summieren sich auf circa 7500 Quadratmeter. Dort können bis zu 100 Wohnungen entstehen. Da machen acht bis zwölf Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge durchaus Sinn.
Im Bereich Wohnungen wird immer wieder darauf hingewiesen, es würden kleinere Wohnungen in Olfen fehlen. Gibt es in dem Bereich Ächterheide die Möglichkeit, auch solche Wohnungen zu schaffen?
Wir haben uns erst einmal darauf konzentriert, einen großen Teil der 80 städtischen Grundstücke im Baugebiet Ächterheide zu verkaufen. Jetzt möchten wir über das verdichtete Wohnen in diesem Bereich konkret nachdenken. Ziel der Stadt ist es, nicht nur das Bauland zu verkaufen, sondern im Vorfeld darüber nachzudenken und festzulegen, für wen wir Wohnungen benötigen.
Dies möchten wir nicht dem Investor überlassen. Wir müssen überlegen, brauchen wir Wohnungen für junge und alte Menschen, Sozialwohnungen, Eigentumswohnungen und auch Wohnungen für Flüchtlinge. Unsere Aufgabe ist es, hierfür ein vernünftiges Konzept zu erstellen.
Gibt es schon interessierte Investoren?
Ja, diese gibt es bereits. Mit ihnen werden wir nun sprechen. Es gibt namhafte Investoren aus Olfen und aus der gesamten Region.
Wichtig ist neben Wohnraum für Flüchtlinge auch die Integration. Wie stellt sich die Stadt auf? Wir möchten nun erst einmal schnell einen Integrationsbeauftragten einstellen. Zudem stellen wir uns bei der Betreuung von Flüchtlingen neu auf. Es wird einen Fachbereich Arbeit und Soziales geben, zudem auch der Bereich Integration gehört. Personell und organisatorisch werden wir so bei dem Thema bald gerüstet sein. Wir sind aber schon mit der Arbeit angefangen. Sprachkurse sind eingerichtet.
Die VHS will sich als Bildungsträger bei der Integration weiterentwickeln. Wir haben in der Grundschule die Schulsozialarbeit. Wir haben geregelt, dass Flüchtlingskinder der Sekundarstufe nicht mehr nach Lüdinghausen zum Unterricht fahren müssen. An unserer Gesamtschule werden bis zu 14 Kinder in Kooperation mit Nordkirchen speziell gefördert. Eine zusätzliche Stelle für den Deutschunterricht ist geschaffen worden.
Dann müssen wir, dies wird auch eine Aufgabe des Integrationsbeauftragten sein, daran mitwirken, wie wir die Menschen in Arbeit bringen. Erforderlich sind Praktika und Visitationen in Unternehmen. Die Flüchtlinge müssen ja erst mal die Strukturen in Deutschland kennenlernen. Wir haben auch eigene Möglichkeiten, solche Plätze zum Beispiel im Vitus-Stift anzubieten.
Dort können wir immer wieder Leute gebrauchen, die arbeiten wollen. Es wird nämlich immer schwerer, Stellen in der Pflege zu besetzen. Das alles wird aber nur funktionieren, wenn der Staat auch die abgelehnten Asylbewerber konsequent zurückführt. Sonst werden unsere Ressourcen sicherlich nicht reichen.
Wie sieht es mit der Finanzierung aus?
Bund und Land haben sich darauf geeinigt, dass die Kommunen ab 2016 auf der Basis von 10.000 Euro je Flüchtling unterstützt werden sollen. Das ist anzuerkennen. Da kommt es natürlich auf die örtlichen Gegebenheiten an, ob man damit auskommt. Wir fahren zurzeit noch ganz gut mit der Finanzierung, unser Defizit ist beherrschbar. Es ist aber das größte Haushaltsrisiko, was auf uns in den nächsten Jahren zukommt. Da weiß noch niemand, welche Dimensionen es annehmen wird, weil keiner den Zustrom einschätzen kann.