Familien-Härtetest fürs Elektro-Auto
Olfener Familie testet E-Auto
Zwei Erwachsene, zwei Kinder – aber nur ein Auto. Damit ist Familie Sieger aus Olfen schon umweltfreundlich – wäre da nicht der alte Diesel vor der Tür. Ein E-Auto wäre eine Alternative. Aber ist das alltagstauglich? Noch gibt es Zweifel. Bei unserer Testaktion können sie es nun ausprobieren.

Die Lösung steht mitten im Wohnzimmer: rote Karosserie, schwarze Räder – das Bobby-Car des dreijährigen Timon. Dieses Auto stößt wirklich keine Emissionen aus, weder klimaschädliches Kohlendioxid noch Feinstaub. Und für Lautstärke sorgt bestenfalls der Fahrer selbst. Null Schadstoffe: Das wünschten sich auch Timons Eltern von einem Auto. „Leider gibt es das ja so nicht“, sagt Christian Sieger. Der Nissan Leaf, der statt eines Verbrennungsmotors einen Elektroantrieb hat, kommt nach Herstellerangaben aber ziemlich nah daran. Familie Sieger wird ihn testen: ab Montag zwei Wochen lang.
Jeden Tag per Rad
„Wir sind die perfekten E-Auto-Tester“, stand in der Bewerbung von Familie Sieger. Auch die anderen rund 50 Leserinnen und Leser, die sich bei den RN gemeldet hatten, warben mit guten Argumenten für sich. Die Siegers waren aber besonders überzeugend. Denn dass es ihnen ernst ist mit dem Schutz der Umwelt, beweist Christian Sieger (46) jeden Tag.
Er steigt bei Wind und Wetter – auch bei Schneefall wie an diesem Donnerstag – aufs Rennrad, um zu seiner 20 Kilometer entfernten Arbeitsstätte in Castrop-Rauxel zu fahren. „Dabei fühle ich mich wohl“, sagt er: weil er so fit bleibe, und weil er auf Schadstoffausstoß verzichte.
Ehefrau Yvonne hat zwar den kürzeren Weg zur Arbeit – „ich arbeite bei Saria in Selm“ – aber sie startet jeden Tag den 16 Jahre alten Audi: einen alten Diesel der Euro-4-Norm. Anders schaffe sie es nicht, erst Tochter Yvonne für den Schulbesuch fertig zu machen – „sie geht zu Fuß mit ihrer Freundin“ – und danach Timon zur Kita zu bringen. Und anschließend selbst ins Büro zu fahren.
Noch skeptisch
„Ich bin gespannt, wie das jetzt mit dem E-Auto klappen wird“, sagt sie. Ihre Hoffnung: weniger Dreck und Gestank. Ihre Befürchtung: weniger Spontanität, weil der Aktionsradius des E-Autos beschränkt ist, besonders jetzt im Winter. Das Energieunternehmen Innogy, das den Nissan Leaf zur Verfügung stellt, spricht von 170 Kilometer pro Ladung.
Da meldet Yvonne Sieger bereits ihre nächste Sorge an: „Wo sind überhaupt Ladesäulen, und genügt die Zeit, damit sich das Auto auflädt?“ Ab Montag wird sie Antworten auf diese Fragen sammeln. „Und ich werde auch das eine oder andere Mal auf das Fahrrad verzichten und den Leaf nutzten“, sagt ihr Ehemann. Allein schon, um mitreden zu können, wenn sich die Entscheidung stellt: Tatsächlich dauerhaft umsteigen auf den Stromer oder doch nicht.
Einen Langstreckentest muss das E-Auto auch meistern: den Weg zu Yvonne Siegers Eltern am Möhnesee.
Timon klettert auf sein Bobbycar und saust mit Jauchzen davon – ganz ohne fossile Energieträger zu nutzen. Wenn seine Eltern am Montag das erste Mal das E-Auto starten, wird es sich stiller in Bewegung setzen, allerdings nicht schadstofffrei. Denn auch, wenn Innogy angibt, die eigenen Ladesäulen mit grünem Strom aus Windkraftanlagen und Sonnenkollektoren zu betreiben. Ein großer Teil des Stroms in Deutschland wird immer noch aus Kohle gewonnen.
- Das Interesse an E-Autos ist in Olfen in den vergangenen sieben Wochen gestiegen.
- Zum 31. Dezember 2017 waren sieben E-Autos für Olfen gemeldet, inzwischen sind es acht. Die Zahl der Mischantriebe (Hybride) ist von 40 auf 42 gestiegen.
- Kreisweit gibt es ebenfalls einen Aufwärtstrend seit dem Jahreswechsel. 110 E-Autos waren zum Jahreswechsel gemeldet, inzwischen sind es immerhin 121.