Darum ist der Olfener Expressbus-Fahrgast schneller in Münster als der Autofahrer
Schnellbus „X90“
Mit dem Bus von Olfen nach Münster - oder doch lieber mit dem eigenen Auto? Wer ist schneller am Ziel? Bislang fast immer der Autofahrer. Aber nicht mehr lange. Ein neuer Expressbus kommt.

Mitglieder der Arbeitsgruppe X90 präsentierten Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr (3.v.r.) und Oberbürgermeister Markus Lewe (1.v.r.) das Projekt Expressbus x90. © Kreis Coesfeld, Dietrich Aden
Ein Blick in den Fahrplan genügt: Selbst wer sehr zentral in der Nähe des Marktplatzes wohnt, benötigt um die sechs Minuten bis zur Schnellbus-Haltestelle an der Stadthalle. Hier fährt um 6.59 der Schnellbus S91 Richtung Münster. Erst um 7.26 Uhr erreichen die Fahrgäste Lüdinghausen - und verlieren damit gegenüber dem Autofahrer viel Zeit. Weiter geht es über Senden Richtung Münster. Mit vielen Stopps an recht vielen Haltestellen. Mit entsprechend hohem Zeitverlust. Die Altstadt von Münster erreichen die Fahrgäste im besten Fall um 8.18 Uhr. Genau 1 Stunde und 19 Minuten nach dem Start in Olfen. Attraktiv ist das nicht für Autofahrer. Sie sind deutlich schneller am Ziel.
Zweckverband räumt ein: Wir sind nicht schnell genug
Dass diese Zeitkomponente gerade im Berufsverkehr ein ganz wichtiges Entscheidungskriterium für die Menschen ist, wissen natürlich auch die Verantwortlichen des Öffentlichen Personennahverkehrs. Das Argument, dass die Busfahrer keinen Parkplatz suchen müssen und damit vielleicht am Ende doch schneller am Ziel sind, zählt bei vielen nicht. Was zählt, ist vor allem die Fahrzeit.
“Wir sind nicht schnell genug“, räumt Gerrit Tranel, Geschäftsführer des Zweckverbandes Münsterland (ZVM) im Gespräch ein. Doch ab Sommer 2020 soll alles besser - sprich schneller - werden. Möglich macht es die finanzielle Unterstützung des Landes. Das Verkehrsministerium unterstützt das „Reallabor Mobiles Münsterland“.
Ziel ist eine eigene Busspur auf der Autobahn

Groß war die Freude bei den Verantwortlichen, als die Schnellbuslinie von Münster nach Lüdinghausen über Seppenrade und Olfen bis Datteln im Sommer verlängert wurde. © Foto Thomas Aschwer
Ein erster zentralen Baustein soll die neue Buslinie X90 von Olfen nach Münster sein. Sie hat einen entscheidenden Vorteil gegenüber der bekannten Schnellbuslinie S91. Die Fahrgäste sind deutlich schneller am Ziel. Wie viele Minuten sie genau einsparen können, hängt von einer noch ausstehenden Entscheidung über eine Busspur auf der Autobahn ab. Können sich die Verantwortlichen des Zweckverbandes mit ihren Plänen durchsetzen, gibt es künftig ab Anschlussstelle Senden/Bösensell eine Spur nur für den X90. „Damit würde der Bus an den regelmäßig im Stau stehenden Pkw-Fahrern vorbeiziehen“, sagt Tranel. Gerade von einer derartigen Situation erhofft sich Tranel einen nachhaltigen Aha-Effekt - Busfahren lohnt sich wohl doch. „Wir müssen preisgünstig, attraktiv und schnell sein“, sagt Tranel.
Schnellbus und neuer X90 auf einer ähnlichen Linie
Und um mindestens so zügig wie ein Autofahrer in Münster zu sein, wird sich der X90 noch in einem anderen Punkt deutlich von dem S91 unterscheiden. „Der Schnellbus (S91, Anm. der Red.) fährt etliche Extraschleifen, um so möglichst viele Haltestellen anzusteuern. Das wird beim X90 anders sein“, sagt Gerrit Tranel. Die Zahl der Haltestellen werde auf der Strecke zwischen Olfen und Münster deutlich geringer sein als auf der Schnellbuslinie. Da aber der ZVM davon ausgeht, dass sich viele Busnutzer einen möglichst kurzen Weg von ihrem Zuhause zur Bushaltestelle wünschen, werden Schnellbus und X90 parallel auf der Strecke unterwegs sein.
Das Reallabor Mobiles Münsterland hat aber weitere Ideen, um die Menschen zum Umstieg zu bewegen. In den nächsten Monaten und Jahren sollen entlang der Strecke sogenannten Mobilpunkte entstehen, die viel mehr bieten als die bislang bekannten Haltestellen. Sie werden zu neuen Knotenpunkten des Öffentlichen Personennahverkehrs.
Olfen baut neuen Mobilpunkt an der Stadthalle

Ein wichtiger Bestandteil des Öffentlichen Personennahverkehrs ist der Bürgerbus. Olfen und auch Nordkirchen können sich in diesen Tagen über neue Fahrzeuge freuen. © Thomas Aschwer
Hier können Menschen ihr Fahrrad und ihr Auto abstellen, hier gibt es im besten Fall weitere attraktive Angebote rund um Bus und Bahn. Die Stadt Olfen entwickelt bereits einen Mobilpunkt direkt an der Stadthalle. Ein aus Sicht der Verantwortlichen perfekter Platz, um die verschiedensten Verkehrsmittel zu kombinieren. Dazu dürfte in Zukunft auch neue Angebote gehören wie beispielsweise Autonomes Fahren oder On-Demand-Systeme (On Demand - auf Anforderung, auf Abruf“).
Erklärtes Ziel: „Die Menschen sollen auf ihr Auto verzichten“
Gerrit Tranel sagt klipp und klar, was die Verantwortlichen mit den neuen Angeboten vor allem erreichen wollen: „Die Menschen sollen auf ihr Auto verzichten.“ Damit soll eine Entwicklung der vergangenen Jahre gestoppt, noch besser umgekehrt werden. „Die Zahl der Fahrzeuge nimmt immer weiter zu.“ Mit den entsprechenden Folgen. Längst sind nicht nur Autobahnen und Großstädte ständig verstopft, auch „auf dem Land“ kommen Autofahrer oft nur langsam voran. Klassische Beispiele sind etwa die Ortsdurchfahrt in Lüdinghausen oder die Zufahrten zur Autobahn in Dülmen. „Unser Ziel ist, das Münsterland mobil zu halten“, sagt Tranel und kündigt weitere X-Achsen an. Doch der Geschäftsführer gibt sich bei allen Ideen und Förderungen keiner Illusion hin. „Es ist ein komplexes Thema.“