„Trotz Krisen mutig die Zukunft gestalten“ hatten die Nordkirchener Gemeindeverwaltung und Bürgermeister Dietmar Bergmann den Haushaltsplan 2023 betitelt. Der Plan weist ein Defizit von rund 2 Millionen Euro auf. Und die Unterbringung von Flüchtlingen und deren Versorgung wird noch zu Mehrkosten von fast einer Million Euro führen, die noch nicht im Haushaltsplan auftauchen, hatte die Verwaltung vor wenigen Tagen erklärt. Trotz der Unsicherheiten hat der Rat den Haushaltsplan jetzt mehrheitlich bewilligt - gegen die Stimmen der UWG- und Grünen-Fraktionen.
Unsicher wie wohl kein Haushalt der vergangenen Jahre sei der Entwurf für 2023, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Gereon Stierl in seiner Haushaltsrede in der Ratssitzung am 2. März. Die vielen Projekte wie der Rathausumbau, die neuen Feuerwehrgerätehäuser in Südkirchen und Capelle oder der Bau neuer Flüchtlingsunterkünfte beeinträchtigten die Liquidität der Gemeinde erheblich. Allerdings seien das keine „Luxusprojekte“, so Stierl, sondern Investitionen in die notwendige Infrastruktur der Gemeinde und in die Zukunftsfähigkeit. Die SPD unterstütze die Maßnahmen in vollem Umfang.
Künftig wolle sich die SPD-Fraktion dafür einsetzen, Bürgerwindkraftanlagen zu bekommen und Freiflächen-Photovoltaik-Flächen freizugeben. Stierl kritisierte, dass dafür die Rahmenbedingungen der Landespolitik nicht stimmten.
Auch die CDU/FDP-Fraktion trägt die Pläne der Gemeinde für Investitionen mit, sagte Fraktionsvorsitzender Markus Pieper in seiner Rede. Auch beim umstrittenen Hotelprojekt. Bislang habe die Gemeinde nicht einen Euro dafür investieren müssen, so Pieper. Zwar habe auch seine Fraktion mit einigen Zwischenstadien der Pläne Probleme gehabt, die Pläne aber „reflexartig“ abzulehnen, weil ein Investor beteiligt ist, sei „unfair“. Pieper bekräftigte die Forderung nach einem kostenlosen Bürgerbus und nach einer Überprüfung der LED-Straßenbeleuchtung.
Zwei Fraktionen stimmen dagegen
Zwei Fraktionen lehnten den Haushalt ab: UWG und Grüne konnten nicht für den Planentwurf stimmen. Christian Lübbert kritisierte für die UWG-Fraktion, der Haushalt sei auf Kante genäht und lasse nicht viele Möglichkeiten, bei all den Unwägbarkeiten und Krisen nachzusteuern. Bedenklich sei, dass Nordkirchen schon 2024 an die Reserven gehen müsse. Daher sollten einige Ausgaben lieber weiter kritisch hinterfragt werden.
Vorweg nannte Lübbert das Hotelquartier, das ins Stocken geraten sei. „Hier muss ehrlich gesagt werden, dass in diesem Jahr keine Bautätigkeit auf dieser Fläche stattfinden wird. Es ist keine Lösung in Sicht“, so Lübbert. Auch das Vereinsheim des SC Capelle, das per Betondruckverfahren entstehen soll, sei ein Fass ohne Boden und durch die Verzögerungen bereits wesentlich teurer geworden als anfangs geplant. Auch das Vereinsheim in Nordkirchen werde teurer. Dadurch müssten beide Vereine zu viel Geld als Eigenleistung zahlen, rechnete Lübbert vor. „Das sind Entwicklungen, da kann einem Angst und Bange werden. Da müssen wir als Politik auch die Vereine schützen.“

Uta Spräner kritisierte für die Grünen, der Verwaltung fehle der Mut beim Bewältigen der größten Krise aller Zeiten. Nordkirchens Klimaschutzkonzept zähle zu den am wenigsten ambitionierten des Kreises Coesfeld. „Wir verlassen uns darauf, dass andere dann schon das mehr machen, was wir zu wenig tun“, sagte Spräner. Mit den eigenen Projekten erreiche Nordkirchen nicht einmal die Hälfte der 30 Prozent CO2-Einsparung. Es gebe viele Maßnahmen, die nichts kosten würden: Holzhäuser in Baugebieten ausweisen, flächeneffiziente Reihenhäuser, Passivhäuser, eine Pflicht für Photovoltaik-Anlagen festlegen.
Spräner lobte die Verwaltung für die Nutzung der Halle im Schlosspark als Unterbringungsmöglichkeit für Flüchtlinge. Sie forderte für die Grünen aber auch, mehr Parzellen für preisgebundenen Wohnraum auszuweisen und Wohnen wieder stärker zur öffentlichen Aufgabe zu machen. Die Grünen wünschten sich mehr Mut für unpopuläre Entscheidungen.
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